Das Urheberrecht ist nicht komisch: Bound by Law

»Bound by Law« ist ein Law-Comic von Keith Aoki, James Boyle und Jennifer Jenkins, der 2006 erschienen ist und es zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Trauriger Anlass, gerade jetzt drauf hinzuweisen, ist der Tod von Keith Aoki im Alter von 55 Jahren am 26. April 2011. Seine Mitautoren haben ihm wunderbare Nachrufe geschrieben. [1]RIP, Keith Aoki; Jennifer Jenkins Remembers Keith Aoki.
Aoki war wohl zuerst Künstler – Zeichner, Maler, Musiker – und wurde dann Jurist. Er muss ein begeisternder Lehrer gewesen sein. Das vermittelt das Bild »Now THAT is how you teach a class«:

Aoki gehörte, wie seine Mitautoren, dem Center for the Study of the Public Domain an der Duke Law School in Durham (North Carolina) an. Dort meint man, dass die Aufmerksamkeit allzu sehr dem individuellen Urheberrechtschutz gilt und darüber die Public Domain, also der Bestand an Ideen, Texten, Bildern und Musik der allen zur Verfügung steht, vernachlässigt wird, so dass es an der richtigen Balance zwischen beidem fehlt.
Aoki, Boyle und Jenkins sind der Ansicht, dass das Urheberrecht mehr zur Erstickung von Kreativität als zum Schutz der Autoren beiträgt. Deshalb setzen sich für Open Access ein, dafür, dass möglich viel unter einer Creative-Commons-Lizenz [2]Was ist Creative Commons? veröffentlicht wird, welche die beinahe beliebige Verwendung und Bearbeitung zulässt, solange der Urheber benannt wird und das Ergebnis wiederum als Creative Commons deklariert wird.

In »Bound by Law« haben die drei Autoren die Schranken des Urheberrechts für einen kreativen Remix von Texten, Bildern und Musik aufs Korn genommen. In ihrem Comic zeigen sie am Beispiel eines Dokumentarfilms, dass es sich kaum vermeiden lässt, urheberrechtlich geschütztes Material zu zitieren. Selbstverständlich bieten sie daher ihre eigenen Arbeiten als »Creative Commons« zum Download in verschiedenen Formaten an. Sie fordern dazu auf, einzelne Teile zu verwenden oder das ganze Buch in andere Sprachen zu übersetzen und stellen dazu die Bilder auch ohne Beschriftung ins Netz. Es könnte eine wunderbare Aufgabe für eine Übung oder ein Seminar im Urheberrecht sein, »Bound by Law« ins Deutsche zu übersetzen und dabei dem deutschen Urheberrecht anzupassen.
Doch damit nicht genug. Im Dezember 2010 stellte Keith Aoki bei SSRN seinen Comic »Pictures within Pictures« ein, der auch im Ohio North University Law Review abgedruckt worden ist.

Darin kündigt Aoki im Anschluss an den Comic »Bound by Law«, ein weiteres Gemeinschaftswerk mit Boyle über »Music within Music« an.
Ich kann diese Comics nur bewundern. Um sie wirklich mit Genuss zu lesen, fehlt mir die Kennerschaft, so dass ich die vielen Anspielungen auf fremde Texte, Bilder und Musik nicht entziffern kann. Meine Leser sind darauf sicher besser vorbereitet. [3]Diesen Eintrag werde ich auch im Blog »Recht anschaulich« einstellen.

Anmerkungen

Ähnliche Themen

Der myopische Zelot

Dieses Stückchen [1]Dieter Simon, Ein Arbeitsrechtler vom Bodensee, Myops 2011, 68-72. zeigt, dass es doch nicht so einfach ist, eine Satire zu schreiben. Simon legt hier so viel Eifer an den Tag, als sei er von dem Objekt der Satire persönlich angegriffen worden. [2]Dabei will er vielleicht nur aus ggfs. falsch verstandener Solidarität Mitherausgeber und Autoren von Myops in Schutz nehmen. Rüthers hat Grasnick und Ogorek scharf kritisiert (Rechtswissenschaft … Continue reading Damit sägt er dann doch eher an seiner eigenen Reputation, die ihm wahrscheinlich ohnehin herzlich egal ist.

Simon der Zelot (Caravaggio): Gesägter oder Säger?

Gute Witze dürfen auch mal geschmacklos sein. Allerdings erzählt man sie im Herrenzimmer und schreibt sie nicht auf. Von einer schizoiden Persönlichkeit zu fabulieren und damit anzudeuten, dass der Angegriffene einem wissenschaftlichen Selbstwiderspruch erlegen sei, ist nicht einmal im Ansatz komisch. Das kommt einem eher wie ein schlechter Altherrenwitz vor. Myops will für Juristen geschrieben sein, »die offen sind für Stil, Ethos, Verantwortung und Geschichte« (Verlagsankündigung). Das hört sich wie die Werbung für einen zweitklassigen Herrenausstatter an. Und passt insofern auch irgendwie.

Bernd Rüthers muss man nicht mögen. Aber seine rechtstheoretischen Überlegungen für ein wenig unterkomplex zu halten, seine Nähe zum Arbeitgeberlager zu benennen oder seine wissenschaftspolitischen Ansichten als konservativ zu geißeln, das ist alles wie Felchen in den Bodensee zu werfen: Nicht neu, nicht mutig, nicht interessant. Was übrig bleibt, ist degoutant.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Dieter Simon, Ein Arbeitsrechtler vom Bodensee, Myops 2011, 68-72.
2 Dabei will er vielleicht nur aus ggfs. falsch verstandener Solidarität Mitherausgeber und Autoren von Myops in Schutz nehmen. Rüthers hat Grasnick und Ogorek scharf kritisiert (Rechtswissenschaft ohne Recht?, NJW 2011, 434-436). Zwar ist diese Kritik erst Anfang Februar 2011 erschienen, während Simons Invektive im Januarheft 2011 von Myops veröffentlicht wurde. Aber dass schließt nicht aus, dass Rüthers‘ Manuskript in Frankfurt bereits bekannt war. In Frankfurt hört man das Gras wachsen.

Ähnliche Themen

In eigener Sache VII: Blogroll und Linkliste

Von einem Weblog erwartet man eine Blogroll, das heißt eine Auflistung von anderen Blog, die der Blogger aus welchen Gründen auch immer wichtig oder interessant findet. Für die meisten Blogger ist es wichtig, dass ihr Blog in möglichst vielen Blogrolls aufgeführt wird. Solche Vernetzung schafft Prestige und vielleicht auch mehr Leser. Kompensationsgeschäfte scheinen üblich zu sein. Linkst du meinen Blog, linke ich deinen Blog. Deshalb wird die Blogroll oft so lang, dass man keine Lust mehr hat, sie durchzugehen, zumal mit sie mit einiger Sicherheit auch Schrott enthält. Ich bemühe mich deshalb, meine Blogroll kurz zu halten und darin nur solche Blogs zu notieren, die Informationen zu meinem Themenbereich bieten. Das ist nicht ganz einfach, weil ich nicht planmäßig nach fremden Blogs suche oder sie gar beobachte, sondern nur mehr oder weniger zufällig über den einen oder anderen stolpere.
Das WWW besteht nicht nur aus Blogs. Es gibt bessere Quellen. Daher führe ich zusätzlich eine Linkliste. Auch hier bemühe ich mich um Kürze und Ergiebigkeit. Nachdem ich das Fundbüro, indem einzelne Texte notiert wurden, geschlossen habe, konzentriere ich mich auf Webseiten, die ihre Inhalte laufend erneuern oder erweitern. Gelöscht habe ich daher die Links zu einzelnen »Fundstücken«.
Leider sind in meiner Blogroll Blogs aus den USA in der Überzahl. Aber ich finde im deutschsprachigen Raum allenfalls Blawgs, aber keine einschlägigen Wissenschaftsblogs. Nun bin ich wieder über ein interessantes Blog gestolpert oder vielmehr hat mich ein freundlicher Leser auf ComparativeConstitutions.org aufmerksam gemacht. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsblog von zurzeit 18 Autoren, überwiegend aus den USA, das in die Internetseite des Comparative Constitutions Project (CCP) und des United States Institute of Peace (USIP) eingebettet ist. CCP ist rechtsvergleichend und empirisch ausgerichtet. USIP ist eine von der Regierung der USA finanzierte Einrichtung, die aktuellen politischen Entwicklungen beobachtet. Diese Webseite scheint mir ihrerseits so gehaltvoll, dass ich sie zusätzlich zu dem Blog in meine Linkliste aufnehme. Ein anderes Gemeinschaftsblog aus den USA, das von elf wohl überwiegend jüngeren Rechtsprofessoren unterhalten wird, ist Concurring Opinion. Man sieht dort auch etwas über den juristischen Tellerrand, und deshalb will ich das Blog jedenfalls einmal beobachten.
Man mag vom CIA halten, was man will. Aber wer sich für den Globalisierungsprozess interessiert, findet in dem World Factbook des CIA viel Material. Es kommt daher gleichfalls in die Liste.
Erwogen habe ich, auch verfassungsblog.de, das Blog des journalistisch tätigen Juristen Maximilian Steinbeis, auf das ich durch Postings über die aktuelle Verfassungsdiskussion in Ungarn aufmerksam geworden war, in meine Blogroll aufzunehmen. Ich habe mich aber dagegen entschieden, weil das Blog langfristig doch eher zu eng auf die Wiedergabe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ausgerichtet zu sein scheint.

Aus der Blogroll habe ich sozlog von Tina Guenther gestrichen. Frau Guenther ist in Deutschland eine Pionierin des Wissenschaftsblogging. Aber sozlog ist seit August 2010 nicht mehr aktiv.

Nachtrag vom 29. 4. 2011:

In meine Linkliste werde ich die die SSRN Top Downloads aufnehmen. Wer meinen Blog kennt, weiß, dass das SSRN (Social Science Research Network) eine meiner wichtigsten Quellen darstellt. Ich schätze es besonders, weil ich dort viele Veröffentlichungen finde, die früher oder später gedruckt werden, oft in entlegenen amerikanischen Zeitschriften oder in teuren englischen Büchern, die dem Privatgelehrten nicht ohne Weiteres zugänglich sind. Über Rennlisten kann man streiten. Mir sind sie eine Hilfe.
Und gleich habe ich davon auch Gebrauch gemacht: Download of the Year.

Eigentlich gehört auch das Institut für interdisziplinäre Rechtsforschung (Law and Society Institute Berlin — LSI Berlin) in die Linkliste, denn es handelt sich um das einzige deutsche Institut, dass sich explizit um die Rechtssoziologie kümmert. Aber bisher ist die Webseite noch zu unergiebig.

Veränderungen am 4. 3. 2015:

Blogroll:

Barblog hat die alte Homepage des Berliner Arbeitskreises Rechtswirklichkeit (BAR) abgelöst.

Im Hinblick auf meine Einträge zu Foucault habe ich das Schweizer Foucault-Blog aufgenommen.

In der Annahme, dass man dort interdispziplinär ausgerichtet ist, notiere ich den JuWissBlog (Junge Wissenschaft im Öffentlichen Recht).

Idee, Editorial Board und Redaktion

Neue Links:

Als beste Soziologie-Lehrstuhlseite ausgezeichnet (mit vielen Manuskripten zum Download).

Der Blick auf die Unstatistik des Monats schadet einer empirisch ausgerichteten Rechtssoziologie nicht.

In die Linkliste zur Allgemeinen Rechtslehre gehört die materialreiche Seite Legal Gender Studies.

Der Socio-Legal Newsletter der britischen Socio-Legal Studies Association erscheint seit 1989, war aber zwischendurch einmal verschwunden. Er bietet u. a. eien guten Überblick über weltweite Law and Society Organisationen.

Wer sich ein Bild über aktuelle Forschungsvorhaben aus dem Bereich der Rechtssoziologie machen will, kann die Webseite der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF) aufschlagen. Dort ist die Rechtssoziologie der Abteilung Social and Ecnonomic Sciences zugeordnet, und zwar mit einem Programm Law and Social Sciences. Von dort findet man weiter zu Auflistung von 169 laufenden Forschungsvorhaben, für die Mittel bewilligt wurden, und zwar jeweils mit einem Abstract.

 

Ähnliche Themen

Das Frühstück der Richter und seine Folgen

Jerome Frank (1889-1957), einem prominenten Legal Realist, wird – wohl zu Unrecht [1]Frederick F. Schauer, Thinking Like a Lawyer, 2009, 129, Fn. 15. – das Bonmot nachgesagt, richterliche Urteile seien davon abhängig, wie der Richter gefrühstückt habe. Daran erinnert eine Meldung, die man vor einer Woche in den Zeitungen lesen konnte. [2]Richter mit Bauchgefühl, Süddeutsche.de. Es geht um eine Untersuchung von Shai Danziger, Jonathan Levav und Liora Avnaim-Pesso, die in einer von keinem geringeren als Daniel Kahnemann editierten Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschienen ist. [3]Der Artikel wurde wohl am 11. April vorab veröffentlicht. Dies ist die gewünschte Zitierweise: Shai Danziger, Jonathan Levav, and Liora Avnaim-Pesso, Extraneous factors in judicial decisions. PNAS … Continue reading Hier ist das Abstract:
»Are judicial rulings based solely on laws and facts? Legal formalism holds that judges apply legal reasons to the facts of a case in a rational, mechanical, and deliberative manner. In contrast, legal realists argue that the rational application of legal reasons does not sufficiently explain the decisions of judges and that psychological, political, and social factors influence judicial rulings. We test the common caricature of realism that justice is “what the judge ate for breakfast” in sequential parole decisions made by experienced judges. We record the judges’ two daily food breaks, which result in segmenting the deliberations of the day into three distinct “decision sessions.” We find that the percentage of favorable rulings drops gradually from ≈65% to nearly zero within each decision session and returns abruptly to ≈65% after a break. Our findings suggest that judicial rulings can be swayed by extraneous variables that should have no bearing on legal decisions.«
An 50 Sitzungstagen hatten die Psychologen Daten aus 1.112 Fällen gesammelt, die von acht verschiedenen Richtern behandelt wurden. Zu entscheiden war über die Entlassung von Strafgefangenen auf Bewährung oder über eine Änderung der Bewährungsauflagen. An einem Sitzungstag behandelten die Richter zwischen 14 und 35 Fällen. Etwa um zehn Uhr, nachdem sie sieben bis acht Fälle erledigt hatte, machten die Richter die erste Frühstückspause von etwa einer halben Stunde Dauer. Nach weiteren elf bis zwölf Fällen folgte gegen 13 Uhr die Mittagspause, die etwa eine Stunde dauerte. Festgehalten wurde, ob den Anträgen der Gefangenen stattgegeben oder ob sie zurückgewiesen wurden, was in 64,2 % der Fälle geschah. Das Ergebnis ist frappierend. Günstige Entscheidungen erhalten die Antragsteller fast nur unmittelbar nach Sitzungsbeginn und im Anschluss an die Unterbrechung der Sitzung durch die Frühstücks- oder Mittagspause. Wie dramatisch die Abhängigkeit der Entscheidung von dem Platz auf der Terminsrolle ist, zeigt die Abbildung 1 der Autoren:

Die Skala zeigt den Anteil der dem Antragsteller günstigen Entscheidungen. Die kleinen Kreise markieren jeweils die erste Entscheidung zu Beginn der Sitzung, die punktierten Linien die Frühstücks- bzw. die Mittagspause. Die Suche nach anderen Variablen, die dieses Entscheidungsmuster erklären könnten, blieb ziemlich erfolglos. Insbesondere eine Erschöpfungshypothese, nach der allein die Dauer der Sitzung den Effekt verursacht, ließ sich nicht bestätigen. Getestet wurde auch die Vermutung, Richter könnten eine Vorstellung darüber haben, wie hoch der Anteil positiver Entscheidungen sein solle; die Ablehnungen häuften sich, wenn diese »Quote« erfüllt sei. Aber auch diese Vermutung erwies sich nicht als haltbar, denn es zeigte sich, dass ein Richter, der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt viele günstige Entscheidungen getroffen hatte, auch bei nachfolgenden Entscheidungen auf der positiven Spur blieb.
Bei der Diskussion ihrer Ergebnisse meinen die Autoren, sie hätten einen Beleg dafür erbracht, dass Richter, die nacheinander mehrere gleichartige Fälle zu entscheiden hätten, eine Tendenz zur Bestätigung des status quo entwickelten, eine Tendenz, die durch eine Erfrischungspause unterbrochen wird. Im Übrigen ordnen sie ihre Untersuchung in die psychologische Literatur über den Einfluss externer Faktoren, insbesondere des so genannten anchoring, auf Expertenentscheidungen ein. Auf einschlägige Arbeiten habe ich in einem früheren Artikel über »Rechtsrelevante Sozialpsychologie« schon einmal hingewiesen.
Ich kann diese Untersuchung nicht fundiert diskutieren. Ich meine jedoch, dass man eine Erklärung des Phänomens mit Hilfe der Equity-Theorie [4]Röhl, Rechtssoziologie, § 19. noch nicht von der Hand weisen kann. Vielleicht war die Quotenhypothese dazu zu grob.
Es trifft sich, dass gestern in der heimlichen Juristenzeitung [5]Strafausgleich, FAZ vom 20. 4. 2011, S. N3. eine Notiz über eine Untersuchung des Potsdamer Psychologen Wolf Schwarz über Elfmeterentscheidungen von Schiedsrichtern [6]Compensating Tendencies in Penalty Kick Decisions of Referees in Professional Football: Evidence From the German Bundesliga 1963-2006, Journal of Sports Sciences 29, 2011, 441 – 447. Auch … Continue reading zu finden war, die den Eindruck erweckt, dass die Schiris nach dem Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit verfahren, denn die Wahrscheinlichkeit, einen Elfmeter zugesprochen zu bekommen, steigt, wenn die Mannschaft zuvor selbst einen Strafstoß hinnehmen musste. Hier das
Abstract:
»Using a large representative database (12,902 matches from the top professional football league in Germany), I show that the number (441) of two-penalty matches is larger than expected by chance, and that among these 441 matches there are considerably more matches in which each team is awarded one penalty than would be expected on the basis of independent penalty kick decisions (odds ratio = 11.2, relative risk = 6.34). Additional analyses based on the score in the match before a penalty is awarded and on the timing of penalties, suggest that awarding a first penalty to one team raises the referee’s penalty evidence criterion for the same team, and lowers the corresponding criterion for the other team.«

Nachtrag vom 3. Mai 2011: Ein freundlicher Leser fragt: … haben die Leute auch die Hypothese getestet, dass die Richter die Fälle abhängig von dem erwarteten Ausgang terminieren: Die einfachen, schnell zu entscheidenden zunächst, die schwierigeren vor der Pause, um ggfs. genug Zeit zu haben? Das haben sie nicht.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Frederick F. Schauer, Thinking Like a Lawyer, 2009, 129, Fn. 15.
2 Richter mit Bauchgefühl, Süddeutsche.de.
3 Der Artikel wurde wohl am 11. April vorab veröffentlicht. Dies ist die gewünschte Zitierweise: Shai Danziger, Jonathan Levav, and Liora Avnaim-Pesso, Extraneous factors in judicial decisions. PNAS 2011 : 1018033108v1-201018033. (Der Artikel ist online nur gegen Bezahlung zugänglich.)
4 Röhl, Rechtssoziologie, § 19.
5 Strafausgleich, FAZ vom 20. 4. 2011, S. N3.
6 Compensating Tendencies in Penalty Kick Decisions of Referees in Professional Football: Evidence From the German Bundesliga 1963-2006, Journal of Sports Sciences 29, 2011, 441 – 447. Auch dieser Artikel ist nicht frei zugänglich. Ich habe ihn nicht gelesen.

Ähnliche Themen

Enzyklopädie zur Rechtsphilosophie (EzR)

Am 8. 4. 2011 wurde in Greifwald als Höhepunkt einer kleinen, aber feinen Tagung der Internetauftritt der Enzyklopädie zur Rechtsphilosophie gestartet, die im Auftrage der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR) von Michael Anderheiden, Marietta Auer, Thomas Gutmann, Stephan Kirste, Frank Saliger und Lorenz Schulz herausgegeben wird. Großes Vorbild ist die Stanford Encyclopedia of Philosophy. Vorerst sind allerdings nur wenige Stichworte mit Artikeln ausgefüllt.
Der Legal McLuhanite hatte mit großen Erwartungen dem Vortrag von Thomas Vesting über »Das Medium Enzyklopädie [1]Ist die Enzyklopädie ein Medium? – Rechtliche Expertise unter Buchdruckbedingungen und in elektronischen Netzwerken« entgegengesehen. Er war am Ende ein wenig enttäuscht, denn Vesting sparte die Enzyklopädie im elektronischen Zeitalter aus. Stattdessen berichtete er aus seinem großen Projekt »Medien des Rechts« über die Veränderungen des Rechts unter dem Einfluss des Medienwandels. Dem Legal McLuhanite kam das alles, von der Derridaisierung einmal abgesehen, doch schon sehr bekannt vor. Es gab immerhin ein paar hübsche Literaturfunde und außerdem den Hinweis auf zwei neue Bücher des Redners, die soeben im Verlag Velbrück Wissenschaft erschienen sind. [2]»Die Medien des Rechts: Sprache« sowie »Die Medien des Rechts: Schrift«. Wer sich schnell einen Eindruck verschaffen will, findet von Vesting in Ancilla Juris 2010 den Aufsatz »Rechtstheorie als … Continue reading
Ich habe dem Vortrag die These entnommen, dass das Buch sich durch einen »Sinn für Abgeschlossenheit« auszeichnet, während der Computer zu fortgesetztem Überschreiben auffordert. »Enzyklopädischer Einheitswille« erzeuge die ontologische Illusion innerer Einheit des Rechts, die es in der operativen Wirklichkeit nie gegeben habe, die mindestens aber an den Nationalstaat gebunden gewesen sei. Mit der Computerkultur sei die »Zeit der Systeme« abgeschlossen. Es gebe immer nur vorübergehende Interpretationen von Wahrheit und Gerechtigkeit. Und natürlich brauchen wir dafür »eine adäquate Neugründung der Rechtstheorie«. Ich bin skeptisch. Ich halte den Computer, oder vielmehr das weltweite Netzwerk von Computern, für eine große Konvergenzmaschine. Mehr oder weniger alles wird verglichen, und Konsonanzen wirken verstärkend, bis sich die Spreu vom Weizen trennt.
Was den Ruf nach einer neuen Rechtstheorie betrifft, so tönt der nun schon seit dem Anbruch der Postmoderne. [3]Die Postmoderne dauert nun schon so lange, dass sie eigentlich vorüber sein müsste. Wie nennen wir denn unser gegenwärtiges Zeitalter? Bis mir etwas Besseres begegnet, spreche ich einmal von … Continue reading
Doch alle rufen und keiner liefert. Genauer: Geliefert wird nur Theorie aus der Beobachterperspektive, mit der die Akteure im System wenig anfangen können. Das zeigt sich besonders in der Methodenlehre, die mein Thema auf der Veranstaltung war. Sie ist nun seit über 50 Jahren, seit den Anfängen bei Viehweg und Esser, Gegenstand so heftiger und eigentlich vernichtender Kritik, dass sie in der Versenkung verschwunden sei müsste. Aber keiner der Kritiker liefert einen brauchbaren [4]Mancher wir hier auf das Werk von Friedrich Müller/Ralph Christensen (Juristische Methodik: Grundlegung für die Arbeitsmethoden der Rechtspraxis,) verweisen, dass 2009 in 10. Auflage erschienen … Continue reading Gegenentwurf. Das war noch einmal 50 Jahre früher anders. Da hatte jedenfalls Philipp Heck gezeigt, wie es gehen könnte. Aber heute gedeihen weiter die alten Blumen. Die Reihe von Lehr- und Lernbüchern zur Methodenlehre ist in den letzten Jahrzehnten ständig angewachsen ist. In anderen Werken, die vornehmlich für die juristische Ausbildung bestimmt sind, findet man selbständige Kapitel zur Methodenlehre [5]Zuletzt Heiko Sauer, Juristische Methodenlehre, in: Julian Krüper (Hg.), Grundlagen des Rechts, 2011, 168-186.. Sie decken das große Bedürfnis nach Reflexion und Vergewisserung für einen zentralen praxiszugewandten Bereich der juristischen Arbeit und zeigen zugleich Vertrauen in die Lehr- und Lernbarkeit der juristischen Methode.
Nachtrag vom 19. April 2011: Der »Kommentar« (unten) ist nur ein Verweis auf den Blog Viajura von Hans Jagow. Dort meint der Autor:

Sieht alles ganz nett aus, mich stört nur irgendwie die Joomla-Umsetzung, die mir eher in die Zeit um 2004 passt, als zu 2011. Vielleicht wird sie technisch noch überarbeitet, aber in der Wissenschaft zählt Webdesign ja nicht allzu viel.

Ich muss gestehen, dass ich diesen Kommentar nicht ganz unberechtigt finde. Wie man kreativ mit der WordPress-Blogsoftware ein ansehnliches Design für eine Internetenzyklopädie schaffen kann, zeigt das Beispiel der Internet Encyclopedia of Philosophy (IEP). Auch inhaltlich scheint mir diese Internetenzyklopädie, die anscheinend im Schatten von Stanford steht, beachtlich. Zur »Philosophy of Law« gibt es immerhin zehn Artikel, zur politischen Philosophie 35, darunter viele Personenartikel, die auch für die Rechtsphilosophie einschlägig sind. Unter den Herausgebern und den Verfassern der Artikel habe ich bisher keine Bekannten gefunden. Aber das muss kein Fehler sein.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Ist die Enzyklopädie ein Medium?
2 »Die Medien des Rechts: Sprache« sowie »Die Medien des Rechts: Schrift«. Wer sich schnell einen Eindruck verschaffen will, findet von Vesting in Ancilla Juris 2010 den Aufsatz »Rechtstheorie als Medientheorie (Supplement I) – Überlegungen zur Notwendigkeit der Verknüpfung von Sprachtheorie und Medientheorie«.
3 Die Postmoderne dauert nun schon so lange, dass sie eigentlich vorüber sein müsste. Wie nennen wir denn unser gegenwärtiges Zeitalter? Bis mir etwas Besseres begegnet, spreche ich einmal von Popomo (Postpostmoderne.)
4 Mancher wir hier auf das Werk von Friedrich Müller/Ralph Christensen (Juristische Methodik: Grundlegung für die Arbeitsmethoden der Rechtspraxis,) verweisen, dass 2009 in 10. Auflage erschienen ist. Beide Autoren haben sich als Kritiker der konventionellen Methodenlehre profiliert. Ich bewundere ihr großes Werk. Aber ich bezweifle, dass es praktisch brauchbar ist. Die Brauchbarkeit leidet schon durch die (nicht nur) wegen der ungewöhnlichen Zählweise ungenießbare Gliederung. Sie leidet weiter durch die Einführung neuer oder die Umdeutung alter Begriffe, die nicht zuletzt wegen der relativ alltagsnahen Wortwahl mehrdeutig bleiben. Und sie leidet unter Redundanz und Eigenlob. Für das letztlich doch konventionelle Ergebnis erscheint der enorme Aufwand überzogen. Für die »Rechtsarbeit« braucht man am Ende doch wieder, wenn auch mit manchen Caveats, die alten Methoden.
5 Zuletzt Heiko Sauer, Juristische Methodenlehre, in: Julian Krüper (Hg.), Grundlagen des Rechts, 2011, 168-186.

Ähnliche Themen

Die Meinungsleier

Am 8. April findet in Greifswald eine Tagung zum Start der Internet-Enzyklopädie zur Rechtsphilosophie der IVR [1]Internationale Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie statt, und ich sitze gerade an meinem Beitrag zum Stichwort »Grundlagen der juristischen Methodenlehre«, der mir allerhand Kopfzerbrechen bereitet. Am Rande möchte ich darin auch jedenfalls erwähnen, was ich die kleine Münze der Methodenlehre nenne, nämlich Arbeitstechniken und Kunstregeln, wie sie besonders in Anleitungen zur Fallbearbeitung im juristischen Studium und zur Erstellung von Gutachten und Urteil im Vorbereitungsdienst verbreitet werden. Da ist mir nun ein Gesichtspunkt wieder eingefallen, auf den ich früher in der BGB-Übung viel Wert gelegt habe, nämlich die Darstellung der Meinungen zu einer so genannten Streitfrage. Ich habe mich immer wieder geärgert über das, was ich die Meinungsleier, die Umstritten-ist-Methode oder den Arbeitsgemeinschaftsleiter- und Repetitorenstil genannt habe, nämlich die Eröffnung der Prüfung einer Anspruchsgrundlage mit Feststellung, »das ist umstritten« gefolgt von den Gliederungspunkten »1. Meinung, 2. Meinung, 3. Meinung, Stellungnahme«. Meine Kritik und meinen Vorschlag, wie man es besser machen sollte, hatte ich meinen »Hinweisen zur BGB-Übung« notiert. Die »Hinweise« mögen zwar sonst veraltet sein. Aber die Meinungsleier ist anscheinend weiterhin gang und gäbe. Wegen der Formatierung ist es mir zu kompliziert, die beiden Seiten aus den »Hinweisen« hier einzurücken. Ich stelle daher das gesamte alte Manuskript ins Netz: Die Meinungsleier. Der geneigte Leser möge den Anfang bis S. 18 überschlagen.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Internationale Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie

Ähnliche Themen

In eigener Sache VI: Zitierregeln im Internet

Aus Anlass der für den 9. April in Berlin angekündigten Theorieblog-Tagung will ich hier meinen Kommentar zu den Überlegungen von Marc Scheloske »Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert« wiederholen:
Scheloske hat mit einem Posting vom 4. 12. 2007 zur Frage, »Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert«, eine interessante Diskussion eingeleitet. In der Frage, wie die Quellenangabe für ein Zitat zu fassen ist, bin ich jedoch entschieden anderer Meinung als Scheloske. Man muss immer im Sinn haben, dass es sich bei den Zitierregeln, soweit sie nicht im Urheberrecht festgeschrieben sind, um bloße Konventionen handelt, die in erster Linie unter dem Gesichtspunkt von Zweckmäßigkeit und Fairness stehen.
Bei der Gestaltung hat man deshalb erhebliche Freiheiten, solange man nicht gerade eine Qualifikationsarbeit schreibt, für die Bürokraten Zitierregeln festgelegt haben, oder bei einem Verlag publizieren will, der in seinen Veröffentlichungen Einheitlichkeit verlangt. Die von Scheloske vorgeschlagene Zitierregel ist überkorrekt und unzweckmäßig. Es hilft ihr wenig, dass sie sozusagen der herrschenden Meinung in den üblichen Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten entspricht. Wenn ich das Posting vom 4. 12. 2007 hier nach seinem Vorschlag zitieren wollte, müsste ich schreiben: »Scheloske, Marc (2007): Eine Wissenschaft für sich » Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert | Werkstattnotiz XLII. In: Wissenswerkstatt [Weblog], 4 Dez. 2007. Online-Publikation: http://www.wissenswerkstatt.net/2007/12/04/eine-wissenschaft-fuer-sich-wie-man-blogs-wissenschaftlich-korrekt-zitiert-werkstattnotiz-xlii/. Abrufdatum: 21. 10. 2008«.
Mir kommt diese Zitierweise beinahe wie eine Karikatur vor. Jedenfalls ist sie unzweckmäßig, und last not least verschenkt sie gerade die spezifische Chance des Web zur Gestaltung von Verweisen als Hyperlink. Der Vorschlag ist unzweckmäßig, weil das Ergebnis leseunfreundlich, schreibunfreundlich und platzraubend ist. Die Länge steht auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Quelltext. Allein deswegen dürfte mancher von vornherein auf einen Nachweis verzichten. Wie könnte man stattdessen verfahren? Es ist ein Gebot der Fairness, den Namen des Verfassers zu nennen. Ich selbst nenne in der Regel auch den ausgeschriebenen Vornamen. Alle weiteren Angaben stehen unter dem Erfordernis der Zweckmäßigkeit. Die Angabe des Titels ist nur sinnvoll, wenn er näheren Aufschluss über den Inhalt der Quelle gibt. Im Beispiel wird die Sache dadurch komplizierter, dass der Autor seine Überschrift blumig ausschmückt. »Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert« – das ist für sich genommen ein informativer Titel. Etwas anderes gilt für den ersten Teil »Eine Wissenschaft für sich«. Er soll wohl ironisch andeuten, dass die Zitierregeln kompliziert sind. Vielleicht kam es dem Autor auch auf den Sprachwitz an, der sich durch Gleichklang und Doppelsinn von »wissenschaftlich« und »Wissenschaft« einstellt. Für mich wäre dieser Zusatz Grund, gleich ganz auf die Angabe des Titels zu verzichten. Für überflüssig halte ich die Angabe »Werkstattnotiz XVII«. Ich sehe nicht, dass sie dem Leser helfen könnte. [1]Gemeint ist der Leser des zitierenden Textes. Im (zitierten) Blog ist ein solcher Titelzusatz, wie ich ihn ja auch für diesen Eintrag verwende, sinnvoll, weil er ein bißchen Kohärenz in das … Continue reading Die Entstehungszeit einer Quelle ist dagegen meistens relevant. Es genügt aber das Jahr. Das Datum ist nur notwendig, wenn es gerade darauf ankommt.
Ein neues Medium imitiert regelmäßig zunächst seine Vorgänger. Das ist zweckmäßig nicht zuletzt deshalb, weil es damit an deren Reputation anknüpfen kann. Deshalb leuchtet der Vorschlag ein, die übliche Zitierweise für Sammelwerke zu übernehmen, also zu schreiben »In: Wissenswerkstatt …«. Im zweiten Anlauf kommen mir dann aber Zweifel, ob der Blog-Name wirklich eine brauchbare bibliografische Angabe ist. Nicht selten sind diese Namen eher merkwürdig bis albern. Der Klammerzusatz (»Weblog«) ist andererseits wohl nur sinnvoll, wenn zuvor ein Name dasteht. Ich würde auch darauf verzichten, mindestens aber auf die Kennzeichnung als »Internetpublikation«. Man darf wohl annehmen, dass die Leser wissen, dass Weblogs im Internet veröffentlicht werden.
Der Knackpunkt ist die Angabe der URL. In einem Printmedium gilt diese Angabe als notwendig. [2]Obwohl sie dort wenig hilft, weil das Abtippen schwierig ist. In aller Regel genügt es, wenn man weiß, dass die Quelle im Netz zu finden ist. Dann lässt sie sich viel leichter gugeln. Im Web finde ich sie abwegig. Dafür gibt es den (verdeckten, aber als solchen erkennbaren) Hyperlink. Die Sache wird beinahe skurril, wenn im Permalink noch einmal der ganze Titel wiederholt wird. Damit kann man auch redlichen Autoren das Zitieren abgewöhnen. Zum Schluss noch das Abrufdatum: Auch das ist in meinen Augen nur überflüssiges Perfektionsstreben. Fraglos besteht bei Internetquellen das Problem, dass sie im Inhalt verändert werden oder verschwinden. Wenn die Quelle vom Anbieter aus dem Internet entfernt wird, dann ist sie weg. Da hilft kein Abrufdatum mehr. Und auch Änderungen kann man mit seiner Angabe in der Regel nicht erkennen.
Ich plädiere also für eine möglichst schlanke Zitierweise, die dem Autor Fairness angedeihen lässt und dem Leser nur die unbedingt notwendigen und wirklich hilfreichen Informationen bietet. Bei Internetpublikationen ist sie umso mehr angezeigt, als Fußnoten und angehängte Literaturverzeichnisse dem Medium eher fremd sind. Quellennachweise sollten daher unter Verwendung von Hyperlinks in den Text eingebaut werden, und zwar so, dass die Lesbarkeit des Textes darunter möglichst wenig leidet. Mein Zitiervorschlag für das das Posting, auf das sich diese meine Anmerkungen beziehen, ergibt sich implizit aus dem Eingangssatz. Mehr ist nicht notwendig.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Gemeint ist der Leser des zitierenden Textes. Im (zitierten) Blog ist ein solcher Titelzusatz, wie ich ihn ja auch für diesen Eintrag verwende, sinnvoll, weil er ein bißchen Kohärenz in das blogübliche Piecemeal Writing bringt.
2 Obwohl sie dort wenig hilft, weil das Abtippen schwierig ist. In aller Regel genügt es, wenn man weiß, dass die Quelle im Netz zu finden ist. Dann lässt sie sich viel leichter gugeln.

Ähnliche Themen

In eigener Sache V: Erst schreiben, dann forschen?

Der Wissenschaftsblogger steht in dem Ruf, erst zu schreiben und (wenn überhaupt) dann zu forschen.
The Medium is the Message. Blogtauglich zu schreiben heißt, kurz und subjektiv zu schreiben. Die technischen Medien sind gegenüber möglichen Inhalten nicht neutral. Weblogs sind als Tagebücher angetreten und begegnen deshalb der Erwartung, dass der Blogger etwas Persönliches von sich gibt. Auch wenn der Blog sich einem Sachthema widmet, entspricht der Blogger dieser Erwartung doch mindestens durch den Ich-Stil. Der war früher in der Wissenschaft eher verpönt. Doch die Sitten haben sich gewandelt, und das ist nicht bloß eine Stilfrage, sondern eine Folge des um sich greifenden Konstruktivismus. Wenn das Bemühen um Objektivität ohnehin vergeblich ist, warum soll man dann nicht gleich subjektiv schreiben? Der Historiker Peter Schöttler hat einen »Trend zur autobiographischen Redeweise« konstatiert. [1]In: Alf Lüdtke/Reiner Prass (Hg.), Gelehrtenleben, Wissenschaftspraxis in der Neuzeit, 2008, S. 131-140. »Ich sag mal, also ist’s wichtig«, überschreibt Jürgen Kaube [2]FAZ vom 9. 9. 2008, S. 39. einen Artikel, indem er Schöttlers Beitrag referiert. Kaube sieht den Trend zum Autobiographischen in der Wissenschaft auch als »Zerfall der Vorstellung, die Gelehrten bildeten eine Profession«. Es fehle eigentlich nur noch, so meint er, dass der Leser geduzt würde. In der Blogosphäre ist es soweit.
Es ist schwer, sich den Möglichkeiten des Mediums und den Erwartungen seiner Adressaten zu entziehen. Ein Blogger übernimmt die Selbstverpflichtung, sein »Tagebuch«, wenn auch nicht täglich, so doch kontinuierlich mit Einträgen zu füttern, auch wenn er vielleicht gerade nichts zu sagen hat. Man darf das aber nicht bloß kritisch sehen. Der größere Teil der Blogosphäre dient von vornherein eher dem Selbstgespräch und hat insofern expressive Funktion. Der kleinere Teil erfüllt jedoch anscheinend ein Kommunikations- und Informationsbedürfnis, findet er doch Leser in nennenswerter Zahl.
Auf Dauer ist für die Reputation des Wissenschaftsblogging wohl ein Code of Conduct erforderlich. Er sollte u. a. folgende Fragen behandeln:
1. Nachträgliche Änderungen von Einträgen: Ein Eintrag lässt sich nachträglich verändern, ohne dass der Leser die Änderung erkennt. Bei offensichtlichen Unrichtigkeiten, insbesondere bei Schreibfehlern, ist das ohne weiteres in Ordnung. Größere inhaltliche Veränderungen sollten aber als Nachtrag gekennzeichnet werden.
2. Anonyme Kommentare müssen nicht zugelassen werden.
3. Verdeckte Eigenkommentare sollten verpönt sein.
4. Zitate und Nachweise: Bei Verweisen auf Quellen, die im Internet verfügbar sind, genügt statt schulmäßiger bibliographischer Angaben der Hyperlink. Es wirkt eher lächerlich, wenn man selbst solche Angaben als »Zitiervorschlag« anbietet, wie es in meinem Blog »Recht anschaulich« geschieht. Das hat dort – gegen meinen Willen – der Verleger eingeführt, der die Software pflegt.
Andere haben zum Thema Wissenschaftsblogging sicher mehr und Besseres zu sagen. Wahrscheinlich findet man etwas auf einem Workshop »Blogs in den Sozialwissenschaften – Stand und Perspektiven«, der am 9. April 2011 in Berlin stattfinden soll. Eingeladen hat das Team vom Theorieblog. Kontakt über Thorsten Thiel, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Exzellenzcluster »Herausbildung Normativer Ordnungen«, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, Mail thorsten.thiel[at]googlemail.com. Und hier das Programm:Theorieblogtagung_April2011-2.
Nachtrag vom 21. April 2011:
Einen »kollaborativen Bericht« vom Berliner Theorieblog-Workshop am 9. April 2011 findet man heute auf Theorieblog. So richtig Aufregendes habe ich da nicht gelesen. Meinen eigenen Blog finde ich unter den »drei Idealtypen von Wissenschaftsblogs – 1) Wissenschaftliches Feuilleton (à la Crooked Timber), 2) Dienstleistungsblog (à la Pea Soup), 3) ›bewusst persönlich gehaltenes‹ Tagebuch (à la The Philosophy Smoker)« nicht wieder. Meiner Position am nächsten kommt diejenige, die in dem Bericht Leonhard Dobusch (Governance Across Borders) zugeschrieben wird: Das Schaffen von/Hineinwirken in Öffentlichkeit nicht unbedingt ein notwendiges Ziel eines Wissenschaftsblogs. Wissenschaftsblogs können auch einfach dazu da sein, die eigenen Gedanken zu erproben und damit einem rein innerwissenschaftlichen Ziel folgen. Aber auch das »dissenting opinion« von Elmar Diederichs »Scientific or Research Blogging?« enthält einige Positionen, denen ich zustimmen kann.
Nachtrag vom 3. Mai 2011:
In den USA ist man in vieler Hinsicht schneller. Ein »Bloggership Symposium«, auf dem man sich über juristische Wissenschaftsblogs unterhielt, gab es schon vor fünf Jahren in Harvard. Fünfzehn einschlägige Manuskripte können bei SSRN heruntergeladen werden. Ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht, sie durchzusehen.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 In: Alf Lüdtke/Reiner Prass (Hg.), Gelehrtenleben, Wissenschaftspraxis in der Neuzeit, 2008, S. 131-140.
2 FAZ vom 9. 9. 2008, S. 39.

Ähnliche Themen

Begriffssoziologie VI: Zur funktionalen Seite der Konstitutionalisierung

Dieses Posting setzt den Beitrag über die strukturelle Seite der Konstitutionalisierung fort.
Strukturelle Kopplungen haben die »paradoxe« Funktion, die Teilsysteme der Gesellschaft zu verknüpfen und sie dabei gleichzeitig auf Abstand zu halten.
»Politische Verfassungen haben in systemtheoretischer Sicht die konstitutive Funktion, die in der Neuzeit gewonnene Autonomie der Politik gegenüber ›fremden‹ religiösen, ökonomischen, militärischen Machtquellen dadurch abzustützen, dass sie das der Politik ›eigene‹ Machtmedium formalisieren.« [1]Teubner, Verfassungen ohne Staat?, 2010, Internetfassung S. 17.
Eine »Verfassung« stützt die Autonomie des Systems gegenüber anderen Systemen, und zwar – paradoxerweise Weise, möchte man sagen – dadurch, dass mit ihr das System seinen eigenen Expansionsdrang bremst. Die Verfassung des Staates ist fungiert als strukturelle Kopplung zwischen Politik und Recht. Zentrale Bestandteile der Verfassung sind Grundrechte und Gewaltenteilung. Grundrechte markieren und stützen die soziale Differenzierung, die sich in den Gesellschaften der westlichen Welt herausgebildet hat. Gewaltenteilung sorgt dafür, dass das Rechtssystem tut, was die Politik verlangt, allerdings nur, soweit das Verlangen »verfassungsgemäß« in Gesetzesform geäußert wird. Umgekehrt kann sich die Politik nur noch in eben dieser Form in das Recht einmischen. Mit der Staatsverfassung legt die Staatsgewalt sich selbst Zügel an. Als strukturelle Kopplung von Recht und Politik erzeugt die Verfassung einen Meta-Code, der die Systemcodes überlagert, und zwar den Code verfassungsmäßig/verfassungswidrig. So wirkt die Verfassung als Selbstbeschränkung der Politik. [2]Luhmann, RdG 446, 468 ff.
Die Analogie legt nahe, dass auch transnationale Rechtsregimes sich durch eine »Verfassung« selbst beschränken könnten. Über diese Analogie werden die neuen transnationalen Rechtsregime als »globale Zivilverfassungen« in den Adelsstand des Verfassungsrechts erhoben: Die privaten Rechtsregimes verfügen über strukturelle Kopplungen zu anderen Systemen. Die strukturelle Kopplung des Rechts mit der Politik heißt Verfassung. Also verfügen die Regimes über eine Verfassung, wenn es ihnen gelingt, sich mit anderen Systemen strukturell zu verkoppeln. Und so werden aus autonomen Privatregimes Verfassungen. Sicher kann man den Verfassungsbegriff so definieren, dass auch die Satzung eines Kaninchenzüchtervereins darunter fällt. Aber das ist höchst unzweckmäßig.
Der Gedanke der Selbstbeschränkung bleibt aber interessant, weil damit eine Einfallstelle für die Gemeinwohlorientierung von transnationalen Rechtsregimes benannt wird, die herkömmlich mit der »öffentlichen« Seite des Rechts in Verbindung gebracht wird. Nach dem Vorbild der Staatsverfassungen soll das neue Weltrecht sich mit den anderen Teilsystemen der Gesellschaft in einer Weise verkoppeln, die deren Expansionsdrang Zügel anlegt.
»Der Witz der Meta-Codierung aber liegt nun darin, dass sie nicht nur dem Rechtscode übergeordnet ist, sondern zugleich dem Wirtschaftscode, dass sie also alle ökonomisch binär codierten Operationen der Unternehmung der Reflexion aussetzt, ob sie den Grundsätzen einer öffentlichen Verantwortung der Unternehmung entsprechen oder nicht.« [3]Selbst-Konstitutionalisierung, 2010, 10 f. Unerklärt bleibt, wieso auch diese Verfassungen miteinander in Konflikt geraten; Vgl. Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, 2006, 26: »In der … Continue reading
Die Idee ist einleuchtend. Aber vielleicht ist sie zu schön, um wahr zu sein. Woher kommt die Zuversicht, dass die Selbstkonstitutionalisierung auch zu einer sozialverträglichen Selbstbeschränkung führt? »Theoretisch« gibt es dafür keine andere Begründung als die Analogie zur Staatsverfassung. Die Ausdifferenzierung der Gesellschaft in Funktionssysteme und die Ausbildung struktureller Kopplungen sind evolutionäre Prozesse. Luhmann verwies auf die politische Situation im letzten Drittel des 18. Jahrhundert, in dem in den USA die explizit ausformulierte Staatsverfassung erfunden wurde. Der dafür nötige »Druck« resultierte aus zwei sozialen historischen Entwicklungen. Die feudalistischen Verhältnisse in Europa hatten sich wirtschaftlich überlebt und die Kolonien in der neuen Welt wollten vom Mutterland politisch unabhängig werden. Die Folgerung liegt nahe, dass sich mit dem aktuellen Evolutionsschub der weltweiten Ausbreitung der Funktionssysteme auch neue strukturelle Kopplungen aufbauen, die einen wechselseitigen Verkehr über die Systemgrenzen hinweg ermöglichen, ohne die Grenzen einzureißen. Aber was sich am Ausgang des 18. Jahrhunderts ereignete, war geprägt durch eine konkrete historische Situation, das Ergebnis deshalb kontingent, das heißt es hätte unter anderen Umständen anders ausfallen können. Tatsächlich gab und gibt es Staatsverfassungen, die das Verhältnis zwischen Recht und Politik weniger freundlich gestalten. In vielen Staaten ist zu beobachten, dass auch autoritäre oder diktatorische Regime die Grenzen zwischen Politik und Recht nicht ganz abschaffen, sondern mindestens äußerlich auf demokratischen Wahlen und rechtliche Formen sogar gesteigerten Wert legen. Deshalb kann Theorie nicht versprechen, dass eine Konstitutionalisierung immer die erhofften positiven Wirkungen hat. Die Evolution schlägt nicht unbedingt den Kurs ein, den ihre Theoretiker sich wünschen. Man muss auch bösartige strukturelle Kopplungen für möglich halten.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Teubner, Verfassungen ohne Staat?, 2010, Internetfassung S. 17.
2 Luhmann, RdG 446, 468 ff.
3 Selbst-Konstitutionalisierung, 2010, 10 f. Unerklärt bleibt, wieso auch diese Verfassungen miteinander in Konflikt geraten; Vgl. Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, 2006, 26: »In der Fragmentierung des globalen Rechts wirken genuine Verfassungskonflikte, die letztlich über autonome Rechtsregimes vermittelt auf in der Weltgesellschaft institutionalisierte Rationalitätenkollisionen zurückzuführen sind.«

Ähnliche Themen

Lawfare II

Im Artikel vom 13. März 2010 hatte ich über die Herkunft und den unterschiedlichen Gebrauch von »Lawfare« berichtet. Ich hatte gehofft, diesen Ausdruck wertneutral zur Kennzeichnung juristischer Strategien verwenden zu können, mit denen Opfer von Menschenrechtsverletzungen, ihre Anwälte und vor allem NGOs versuchen, über Ländergrenzen hinweg Ansprüche durchzusetzen, die auf transnationales Recht gestützt werden, besonders natürlich auf Menschenrechtsverletzungen. Doch daran sah ich mich gehindert, weil der Begriff nach Entstehungsgeschichte und tatsächlicher Verwendung eher dazu dient, die Berufung nichtstaatlicher Akteure auf Menschenrechte gegenüber kriegerisch staatlichen Maßnahmen herabzusetzen. Nicht durchgesetzt hat sich dagegen die Bedeutung, die John L. Comaroff dieser Wortschöpfung beilegen wollte, nämlich die Kennzeichnung des Missbrauchs der Rechtsform zunächst durch die Kolonialmächte und heute durch autoritäre Regime in den Entwicklungsländern.
Vor allem die Auseinandersetzung zwischen Israel und den Palästinensern ist zum Schauplatz von Lawfare in dem Sinne geworden, den Dunlop dem Ausdruck mitgegeben hatte. Als Beispiel dafür gibt es bei SSRN ein ausführliches Manuskript von Michael G. Kearney (Lawfare, Legitimacy, and Resistance: The Weak and the Law, Juni 2010). Kearney spricht von einem Lawfare-Narrativ, das man in Israel aufgebaut habe, um eine drohende Delegitimierung des Kampfes gegen die Hisbollah und die Hamas abzuwehren.

Ähnliche Themen