In eigener Sache VI: Zitierregeln im Internet

Aus Anlass der für den 9. April in Berlin angekündigten Theorieblog-Tagung will ich hier meinen Kommentar zu den Überlegungen von Marc Scheloske »Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert« wiederholen:
Scheloske hat mit einem Posting vom 4. 12. 2007 zur Frage, »Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert«, eine interessante Diskussion eingeleitet. In der Frage, wie die Quellenangabe für ein Zitat zu fassen ist, bin ich jedoch entschieden anderer Meinung als Scheloske. Man muss immer im Sinn haben, dass es sich bei den Zitierregeln, soweit sie nicht im Urheberrecht festgeschrieben sind, um bloße Konventionen handelt, die in erster Linie unter dem Gesichtspunkt von Zweckmäßigkeit und Fairness stehen.
Bei der Gestaltung hat man deshalb erhebliche Freiheiten, solange man nicht gerade eine Qualifikationsarbeit schreibt, für die Bürokraten Zitierregeln festgelegt haben, oder bei einem Verlag publizieren will, der in seinen Veröffentlichungen Einheitlichkeit verlangt. Die von Scheloske vorgeschlagene Zitierregel ist überkorrekt und unzweckmäßig. Es hilft ihr wenig, dass sie sozusagen der herrschenden Meinung in den üblichen Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten entspricht. Wenn ich das Posting vom 4. 12. 2007 hier nach seinem Vorschlag zitieren wollte, müsste ich schreiben: »Scheloske, Marc (2007): Eine Wissenschaft für sich » Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert | Werkstattnotiz XLII. In: Wissenswerkstatt [Weblog], 4 Dez. 2007. Online-Publikation: http://www.wissenswerkstatt.net/2007/12/04/eine-wissenschaft-fuer-sich-wie-man-blogs-wissenschaftlich-korrekt-zitiert-werkstattnotiz-xlii/. Abrufdatum: 21. 10. 2008«.
Mir kommt diese Zitierweise beinahe wie eine Karikatur vor. Jedenfalls ist sie unzweckmäßig, und last not least verschenkt sie gerade die spezifische Chance des Web zur Gestaltung von Verweisen als Hyperlink. Der Vorschlag ist unzweckmäßig, weil das Ergebnis leseunfreundlich, schreibunfreundlich und platzraubend ist. Die Länge steht auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Quelltext. Allein deswegen dürfte mancher von vornherein auf einen Nachweis verzichten. Wie könnte man stattdessen verfahren? Es ist ein Gebot der Fairness, den Namen des Verfassers zu nennen. Ich selbst nenne in der Regel auch den ausgeschriebenen Vornamen. Alle weiteren Angaben stehen unter dem Erfordernis der Zweckmäßigkeit. Die Angabe des Titels ist nur sinnvoll, wenn er näheren Aufschluss über den Inhalt der Quelle gibt. Im Beispiel wird die Sache dadurch komplizierter, dass der Autor seine Überschrift blumig ausschmückt. »Wie man Blogs wissenschaftlich korrekt zitiert« – das ist für sich genommen ein informativer Titel. Etwas anderes gilt für den ersten Teil »Eine Wissenschaft für sich«. Er soll wohl ironisch andeuten, dass die Zitierregeln kompliziert sind. Vielleicht kam es dem Autor auch auf den Sprachwitz an, der sich durch Gleichklang und Doppelsinn von »wissenschaftlich« und »Wissenschaft« einstellt. Für mich wäre dieser Zusatz Grund, gleich ganz auf die Angabe des Titels zu verzichten. Für überflüssig halte ich die Angabe »Werkstattnotiz XVII«. Ich sehe nicht, dass sie dem Leser helfen könnte. [1]Gemeint ist der Leser des zitierenden Textes. Im (zitierten) Blog ist ein solcher Titelzusatz, wie ich ihn ja auch für diesen Eintrag verwende, sinnvoll, weil er ein bißchen Kohärenz in das … Continue reading Die Entstehungszeit einer Quelle ist dagegen meistens relevant. Es genügt aber das Jahr. Das Datum ist nur notwendig, wenn es gerade darauf ankommt.
Ein neues Medium imitiert regelmäßig zunächst seine Vorgänger. Das ist zweckmäßig nicht zuletzt deshalb, weil es damit an deren Reputation anknüpfen kann. Deshalb leuchtet der Vorschlag ein, die übliche Zitierweise für Sammelwerke zu übernehmen, also zu schreiben »In: Wissenswerkstatt …«. Im zweiten Anlauf kommen mir dann aber Zweifel, ob der Blog-Name wirklich eine brauchbare bibliografische Angabe ist. Nicht selten sind diese Namen eher merkwürdig bis albern. Der Klammerzusatz (»Weblog«) ist andererseits wohl nur sinnvoll, wenn zuvor ein Name dasteht. Ich würde auch darauf verzichten, mindestens aber auf die Kennzeichnung als »Internetpublikation«. Man darf wohl annehmen, dass die Leser wissen, dass Weblogs im Internet veröffentlicht werden.
Der Knackpunkt ist die Angabe der URL. In einem Printmedium gilt diese Angabe als notwendig. [2]Obwohl sie dort wenig hilft, weil das Abtippen schwierig ist. In aller Regel genügt es, wenn man weiß, dass die Quelle im Netz zu finden ist. Dann lässt sie sich viel leichter gugeln. Im Web finde ich sie abwegig. Dafür gibt es den (verdeckten, aber als solchen erkennbaren) Hyperlink. Die Sache wird beinahe skurril, wenn im Permalink noch einmal der ganze Titel wiederholt wird. Damit kann man auch redlichen Autoren das Zitieren abgewöhnen. Zum Schluss noch das Abrufdatum: Auch das ist in meinen Augen nur überflüssiges Perfektionsstreben. Fraglos besteht bei Internetquellen das Problem, dass sie im Inhalt verändert werden oder verschwinden. Wenn die Quelle vom Anbieter aus dem Internet entfernt wird, dann ist sie weg. Da hilft kein Abrufdatum mehr. Und auch Änderungen kann man mit seiner Angabe in der Regel nicht erkennen.
Ich plädiere also für eine möglichst schlanke Zitierweise, die dem Autor Fairness angedeihen lässt und dem Leser nur die unbedingt notwendigen und wirklich hilfreichen Informationen bietet. Bei Internetpublikationen ist sie umso mehr angezeigt, als Fußnoten und angehängte Literaturverzeichnisse dem Medium eher fremd sind. Quellennachweise sollten daher unter Verwendung von Hyperlinks in den Text eingebaut werden, und zwar so, dass die Lesbarkeit des Textes darunter möglichst wenig leidet. Mein Zitiervorschlag für das das Posting, auf das sich diese meine Anmerkungen beziehen, ergibt sich implizit aus dem Eingangssatz. Mehr ist nicht notwendig.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Gemeint ist der Leser des zitierenden Textes. Im (zitierten) Blog ist ein solcher Titelzusatz, wie ich ihn ja auch für diesen Eintrag verwende, sinnvoll, weil er ein bißchen Kohärenz in das blogübliche Piecemeal Writing bringt.
2 Obwohl sie dort wenig hilft, weil das Abtippen schwierig ist. In aller Regel genügt es, wenn man weiß, dass die Quelle im Netz zu finden ist. Dann lässt sie sich viel leichter gugeln.

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In eigener Sache V: Erst schreiben, dann forschen?

Der Wissenschaftsblogger steht in dem Ruf, erst zu schreiben und (wenn überhaupt) dann zu forschen.
The Medium is the Message. Blogtauglich zu schreiben heißt, kurz und subjektiv zu schreiben. Die technischen Medien sind gegenüber möglichen Inhalten nicht neutral. Weblogs sind als Tagebücher angetreten und begegnen deshalb der Erwartung, dass der Blogger etwas Persönliches von sich gibt. Auch wenn der Blog sich einem Sachthema widmet, entspricht der Blogger dieser Erwartung doch mindestens durch den Ich-Stil. Der war früher in der Wissenschaft eher verpönt. Doch die Sitten haben sich gewandelt, und das ist nicht bloß eine Stilfrage, sondern eine Folge des um sich greifenden Konstruktivismus. Wenn das Bemühen um Objektivität ohnehin vergeblich ist, warum soll man dann nicht gleich subjektiv schreiben? Der Historiker Peter Schöttler hat einen »Trend zur autobiographischen Redeweise« konstatiert. [1]In: Alf Lüdtke/Reiner Prass (Hg.), Gelehrtenleben, Wissenschaftspraxis in der Neuzeit, 2008, S. 131-140. »Ich sag mal, also ist’s wichtig«, überschreibt Jürgen Kaube [2]FAZ vom 9. 9. 2008, S. 39. einen Artikel, indem er Schöttlers Beitrag referiert. Kaube sieht den Trend zum Autobiographischen in der Wissenschaft auch als »Zerfall der Vorstellung, die Gelehrten bildeten eine Profession«. Es fehle eigentlich nur noch, so meint er, dass der Leser geduzt würde. In der Blogosphäre ist es soweit.
Es ist schwer, sich den Möglichkeiten des Mediums und den Erwartungen seiner Adressaten zu entziehen. Ein Blogger übernimmt die Selbstverpflichtung, sein »Tagebuch«, wenn auch nicht täglich, so doch kontinuierlich mit Einträgen zu füttern, auch wenn er vielleicht gerade nichts zu sagen hat. Man darf das aber nicht bloß kritisch sehen. Der größere Teil der Blogosphäre dient von vornherein eher dem Selbstgespräch und hat insofern expressive Funktion. Der kleinere Teil erfüllt jedoch anscheinend ein Kommunikations- und Informationsbedürfnis, findet er doch Leser in nennenswerter Zahl.
Auf Dauer ist für die Reputation des Wissenschaftsblogging wohl ein Code of Conduct erforderlich. Er sollte u. a. folgende Fragen behandeln:
1. Nachträgliche Änderungen von Einträgen: Ein Eintrag lässt sich nachträglich verändern, ohne dass der Leser die Änderung erkennt. Bei offensichtlichen Unrichtigkeiten, insbesondere bei Schreibfehlern, ist das ohne weiteres in Ordnung. Größere inhaltliche Veränderungen sollten aber als Nachtrag gekennzeichnet werden.
2. Anonyme Kommentare müssen nicht zugelassen werden.
3. Verdeckte Eigenkommentare sollten verpönt sein.
4. Zitate und Nachweise: Bei Verweisen auf Quellen, die im Internet verfügbar sind, genügt statt schulmäßiger bibliographischer Angaben der Hyperlink. Es wirkt eher lächerlich, wenn man selbst solche Angaben als »Zitiervorschlag« anbietet, wie es in meinem Blog »Recht anschaulich« geschieht. Das hat dort – gegen meinen Willen – der Verleger eingeführt, der die Software pflegt.
Andere haben zum Thema Wissenschaftsblogging sicher mehr und Besseres zu sagen. Wahrscheinlich findet man etwas auf einem Workshop »Blogs in den Sozialwissenschaften – Stand und Perspektiven«, der am 9. April 2011 in Berlin stattfinden soll. Eingeladen hat das Team vom Theorieblog. Kontakt über Thorsten Thiel, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Exzellenzcluster »Herausbildung Normativer Ordnungen«, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main, Mail thorsten.thiel[at]googlemail.com. Und hier das Programm:Theorieblogtagung_April2011-2.
Nachtrag vom 21. April 2011:
Einen »kollaborativen Bericht« vom Berliner Theorieblog-Workshop am 9. April 2011 findet man heute auf Theorieblog. So richtig Aufregendes habe ich da nicht gelesen. Meinen eigenen Blog finde ich unter den »drei Idealtypen von Wissenschaftsblogs – 1) Wissenschaftliches Feuilleton (à la Crooked Timber), 2) Dienstleistungsblog (à la Pea Soup), 3) ›bewusst persönlich gehaltenes‹ Tagebuch (à la The Philosophy Smoker)« nicht wieder. Meiner Position am nächsten kommt diejenige, die in dem Bericht Leonhard Dobusch (Governance Across Borders) zugeschrieben wird: Das Schaffen von/Hineinwirken in Öffentlichkeit nicht unbedingt ein notwendiges Ziel eines Wissenschaftsblogs. Wissenschaftsblogs können auch einfach dazu da sein, die eigenen Gedanken zu erproben und damit einem rein innerwissenschaftlichen Ziel folgen. Aber auch das »dissenting opinion« von Elmar Diederichs »Scientific or Research Blogging?« enthält einige Positionen, denen ich zustimmen kann.
Nachtrag vom 3. Mai 2011:
In den USA ist man in vieler Hinsicht schneller. Ein »Bloggership Symposium«, auf dem man sich über juristische Wissenschaftsblogs unterhielt, gab es schon vor fünf Jahren in Harvard. Fünfzehn einschlägige Manuskripte können bei SSRN heruntergeladen werden. Ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht, sie durchzusehen.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 In: Alf Lüdtke/Reiner Prass (Hg.), Gelehrtenleben, Wissenschaftspraxis in der Neuzeit, 2008, S. 131-140.
2 FAZ vom 9. 9. 2008, S. 39.

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In eigener Sache IV: Wo bleibt die Interaktivität?

Das Web 2.0 kam mit dem Versprechen der Interaktivität. Ich kann nicht wirklich beurteilen, wie es allgemein um die virtuelle Interaktivität im Internet bestellt ist. Es gibt einige Superstars wie Wikipedia [1]Auch bei Wikipedia ist die Aktivität anscheinend nicht ganz befriedigend; dazu Ralf Zosel, Wer macht mit im Web 2.0?, LAWgical, 17. 12. 2008. Facebook oder Bildblog. Aber unter Wissenschaftsblogs habe ich noch keinen gefunden, der wirklich zum Diskussionsforum geworden wäre. (Ich hoffe natürlich jetzt auf Gegenbeispiele.) Bei den sehr viel zahlreicheren Jurablogs (Blawgs) steht es, ausgenommen den Beck-Blog, etwas, aber nicht viel besser. Auch auf den Webseiten der organisierten Rechtssoziologie, die ja gleichfalls zum Mitmachen einladen, kann ich keine nennenswerte Interaktivität beobachten. Der Content wird im Großen und Ganzen vom Webmaster beigebracht.
Ich bin selbst kein sehr aktiver Blog-Leser und schreibe auch keine Kommentare zu anderen Blogs. Aber nach meiner Beobachtung sind die Kommentare auch jenseits der Wissenschaftsblogs kaum so zahlreich, wie die Autoren es sich erhoffen, und ihre Qualität lässt vielfach zu wünschen übrig. Oft handelt es sich um bloße Exklamationen. Am besten funktionieren noch konkrete Hilferufe etwa nach dem Muster: Wie mache ich eingetrocknete Schuhcreme wieder weich? Anscheinend gibt es auf dieser alltagspraktischen Ebene viele hilfsbereite Menschen, die ihr Wissen gerne zur Verfügung stellen.
Insbesondere alles, was das Internet und seine Technik betrifft, erfreut sich regen Interesses. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Weblog mit der irreführenden Adresse http://stadt-bremerhaven.de/. Das Blog hält, was es im Untertitel »Caschy Blog –Software und jede Menge Tipps & Tricks« verspricht. Das Blog hat täglich über 6.000 Besucher, monatlich fast eine Viertelmillion und annähernd eine Million Seitenaufrufe. Und auch jede Menge Kommentare, die sich auch hier allerdings meistens auf Beifallskundgebungen beschränken. Aber auch Internetseiten, die Meinungen außerhalb des Mainstreams verbreiten, etwa die Seiten von Klimaskeptikern oder Islamkritikern, können einige Interaktivität verzeichnen.

Die Internetnutzer haben inzwischen wohl gemerkt, dass das Interaktivitätsversprechen pervertiert worden ist. In Wirklichkeit ist nicht die eigene Meinung gefragt. Gefragt ist vielmehr die unbezahlte Zulieferung von Inhalten, mit denen sich der Seiteninhaber schmücken oder die er gar vermarkten kann.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Auch bei Wikipedia ist die Aktivität anscheinend nicht ganz befriedigend; dazu Ralf Zosel, Wer macht mit im Web 2.0?, LAWgical, 17. 12. 2008.

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In eigener Sache III: Weiter über Wissenschaftsblogs

Man unterscheidet zwischen Wissenschaftlerblogs und Wissenschaftsblogs. Wissenschaftlerblogs sind solche, in denen Wissenschaftler von ihren persönlichen Erfahrungen im Beruf berichten. Sie kommen der alten Idee des Weblog als persönliches Tagebuch am nächsten. Aber es ist wissenschaftlich doch nur begrenzt relevant, wenn wir etwa von einer Physikerin erfahren, welche Schwierigkeiten es bereitet, nach der frühen Rückkehr an den geliebten Arbeitsplatz weiterhin den Säugling zu stillen. Auch die größere Restmenge der Wissenschaftsblogs kreist thematisch eher um die Wissenschaft herum, als sich ins Zentrum zu begeben. Nicht wenige wenden sich an das allgemeine Publikum und bieten ihm Nachrichten aus der Wissenschaft und über die Wissenschaft. Andere haben sich darauf verlegt, wissenschaftliches Standardwissen, dass an sich keinen Neuigkeits- und damit Nachrichtenwert hat, für das Publikum aufzubereiten. Und dann gibt (oder gab) es noch die Prominentenblogs wie die von Becker und Posner, Dahrendorf und Etzioni.
Wissenschaftsblogs i. e. S. richten sich an die Fachgemeinschaft. Auch das geschieht mit unterschiedlichen Akzenten. Die meisten betätigen sich als Scanner, die aus verschiedenen Medien die neuesten Nachrichten aufsammeln oder auf neue einschlägige Publikationen hinweisen. Blogs, die versuchen, eigene Inhalte anzubieten, sind die Ausnahme. Wissenschaftliche Inhalte lassen sich heute kaum noch im Alleinbetrieb produzieren. Daher handelt es sich bei den wenigen produktiven Blogs fast ausnahmslos um Gemeinschaftsblogs. Anders als in den USA werden sie in Deutschland von Forschungsinstituten betrieben.
Von diesen und anderen Ausnahmen abgesehen ist die große Masse aller Weblogs von ziemlich trauriger Qualität. Nur wenige schaffen es, ansehnliche Inhalte zu präsentieren und einen relevanten Bekanntheitsgrad zu erreichen.
Nach wie vor hat das Internet das Odium des Selbstverlags. Viele Disziplinen sind dazu übergegangen, nur noch Beiträge als »wissenschaftlich« zu akzeptieren, die bestimmte Evaluationsverfahren durchlaufen haben. Für juristische Veröffentlichungen gilt immer noch der traditionelle Verlag als Qualitätsgarantie. Auch wenn man heute gegen einen entsprechenden Druckkostenzuschuss jedes Manuskript veröffentlichen kann, so bildet doch der Zuschuss als solcher immer noch eine Barriere, die eine gewisse Autoselektion zur Folge hat. Kurzum: Das Weblog wird, jedenfalls von der Wissenschaft im deutschsprachigen Raum bisher nicht als adäquates Publikationsmedium akzeptiert. Damit passt zusammen, dass die Universitätsrechenzentren, die den Wissenschaftlern Kapazitäten für ihre statischen Internetseiten zur Verfügung stellen, bisher in der Regel nicht in der Lage oder nicht bereit sind, Weblogs zu hosten. Soweit mir bekannt, wird nur an der FU Berlin das Bloggen der Mitarbeiter aktiv gefördert.

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In eigener Sache I: Über Wissenschaftsblogs

Weblogs sind ein Phänomen des Web 2.0. Gegenüber der ersten Generation der eher statischen Webseiten verfügen sie über zwei markante Eigenschaften.
1. Der Betreiber muss die Seite nicht mehr mühsam gestalten. Vielmehr stehen Content-Managementsysteme zur Verfügung, die ein fertiges Design anbieten und die das Eingeben von Inhalten (fast) so einfach machen wie die Textverarbeitung. Im Verein mit kostengünstigen Providern, die die notwendige Rechen- und Speicherkapazität auf ihren Servern günstig, teilweise sogar kostenlos, anbieten, sind Blogs zu einem Publikationsmedium für Jedermann geworden.
2. Der Betreiber eines Blogs kann die Eingabe von Inhalten durch alle Internetnutzer zulassen. Daraus ergibt sich die technische Möglichkeit der Interaktivität, die man vom Web 2.0 erwartet hat.
Weltweit gibt es über 100 Millionen Blog, von denen allerdings nur ein Teil aktiv ist. Darunter sind etwa 500.000 deutschsprachige Blogs. Davon sind vielleicht 200.000 aktiv. International ist das sehr wenig. In den Niederlanden soll es mehr Blogs geben als in Deutschland. [1]Dazu in Spiegel-Online: Warum Deutschland Blog-Hemmung hat. Vgl. auch »marcus« (Beckendahl), Die Deutsche Blogosphäre, 2009. Solche Zahlen sind aber höchst problematisch. [2]Dazu eine Anmerkung von Jan Schmidt, dem Pionier der deutschen Blogging-Forschung, der jetzt im Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg tätig ist. Schmidt verweist auf die … Continue reading
Man könnte erwarten, dass auch Wissenschaftler in großer Zahl zu Bloggern geworden wären, denn sie verfügen heute alle über die notwendige EDV-Kapazität und Kompetenz und sind notorisch publikationshungrig. Aber sie nutzen diese Chance kaum. Die Zahl der deutschen Wissenschaftsblogs dürfte in der Größenordnung von 2000 zu suchen sein.
Jurablogs (»Blawgs«) gibt es dagegen zu Hauf. Die Gründe liegen auch ohne viel Forschung auf der Hand. Die meisten Blogger sind Rechtsanwälte, die sich von dieser Art der Internetpräsenz Aufmerksamkeit und damit Mandanten erhoffen. Da Blogs als Marketing-Tool konkurrenzlos billig sind, kommt es kaum darauf an, ob sie ihren Zweck erfüllen.
Als Bloggingnovize hatte der Legal McLuhanite anfangs einigen Reflexionsbedarf. Beim Einstieg in das Thema halfen erfahrene Blogger. In der Wissenswerkstatt von Marc Scheloske fand sich eine ganze Serie von Postings über das Wissenschaftsblogging. Hilfreich war auch das Posting »Nische« von Christoph Bächtle, der selbst professionelle Dienste für die Wissenschafts-PR anbietet und dazu die Internetseite »Zeilenwechsel« mit integriertem Weblog betreibt. Beide konstatierten die jedenfalls in Deutschland sehr bescheidene Substanz an Wissenschaftsblogs. Sie wandten sich gegen das geringe Ansehen des Mediums, attestierten ihm große Möglichkeiten und sagten ihm eine erfolgreiche Zukunft voraus. Mit dem Wissenschafts-Café wollte Scheloske die deutschsprachigen Wissenschaftsblogs vernetzen. Die Sammlung sollte alles erfassen, was »irgendwie« Wissenschaft im Munde führt. Bächtle meinte, in die Nische der Wissenschaftsblogs drängten immer mehr publikationswillige Menschen, die sich für Wissenschaftsthemen begeistern könnten. Aber daraus ist nicht viel geworden. Wissenschaftsblogs bewegen sich in Deutschland noch immer unter der Wahrnehmungsschwelle. Man muss sie nicht lesen, um am Wissenschaftsdiskurs teilzunehmen. Bei einem Schnelldurchlauf durch die Szene habe ich keine neuen Kandidaten für meine Blogroll gefunden.
Dennoch hat sich seit meinen Anfängen als Blogger etwas geändert. Das Blogging ist ein ganzes Stück aus der Schmuddelecke, in die man es bis dahin gestellt hatte [3]Hier einige Epitheta, mit denen es zuvor bedacht wurde (nach einer Zusammenstellung von Scheloske): Seichtes Alltagsgewäsch, eitle Selbstdarstellung, Tummelplatz anonymer Heckenschützen, Ort der … Continue reading, herausgekommen. Die FAZ hatte vor etwa zwei Jahren auch im redaktionellen Teil die Blogosphäre entdeckt, den Blogger Hendrik Wieduwilt engagiert und auf einen Schlag gleich zehn verlagseigene Blogs eingerichtet. Der C. H. Beck Verlag hat 2008 mit Ralf Zosel einen Mann aus dem Juristischen Internetprojekt in Saarbrücken eingestellt, der sich mit Jurawiki, als Autor des Blogs Lawgical und mit der Implementation eines juristischen Szenarios in Second Life einen Namen gemacht hatte. [4]Dazu mein Bericht von der Münchener Rechtsvisualisierungstagung 2008. Inzwischen betreibt der Verlag die blühende Beck-Community.
Im Übrigen haben die klassischen Verlage das Wissenschaftsblogging usurpiert. Den Anfang machte, wohl mit Unterstützung des Burda-Verlages, der Blog Iconic Turn. Es folgten Scilogs von Springer/Spektrum der Wissenschaft und Scienceblog von der Seed Media Group [5]Die war mir bisher unbekannt. Wer oder was dahinter steckt und wie sich das Unternehmen finanziert, habe ich so schnell nicht ermitteln können. Die Firma unterhält neben Scienceblog noch ein … Continue reading. Scilog ist ein Portal, das fast 70 Blogs in vier Themengruppen versammelt. Bei Scienceblog sind es, wenn ich richtig gezählt habe, 35 Themenblogs. Academics wird anscheinend von der Wochenzeitung »Die Zeit« getragen und befasst sich vor allem mit Karrierefragen. Aber auch diese Profiblogs blühen eher im Verborgenen. Iconic Turn welkte 2010 mit ganzen zwei Postings dahin, eines davon war die Vorstellung eines neuen, von Burda selbst herausgegebenen Buches. Scheloske ist anscheinend als Redakteur zu Scienceblog gewechselt und hat seine eigene Wissenswerkstatt eingestellt. [6]Letztes Posting im Juli 2010. Ohnehin war die Seite durch allerhand Designmätzchen unlesbar geworden. Ich habe sie aus meiner Blogroll gestrichen. Das Wissenschafts-Café beschränkt sich inzwischen fast ganz auf ein monatliches Blog-Ranking. Delikaterweise erscheinen da vor allem Blogs aus dem Scienceblog-Portal. Auch Scilog betreibt ein Blog-Ranking (und verwendet merkwürdigerweise dasselbe Kaffeebohnenbild »Wissenschaftsblogs Auslese 10« wie Wissenschafts-Café).
Heute nur noch zu einigen Äußerlichkeiten: Das Design vieler Blogs finde ich leseunfreundlich. Das liegt vor allem daran, dass der Bildschirm mit Information überladen wird. Ich hatte gelernt, ein Unterschied des Internet zur herkömmlichen Publikation bestehe darin, dass Inhalte in kleinere Einheiten heruntergebrochen werden, so dass sie auf dem Monitor Platz finden. Doch nur selten findet man auf dem Monitor einen einheitlichen Textblock. Stattdessen wird die Oberfläche vielfach zerstückelt. Eine obere Bildschirmleiste ist unverzichtbar und stört auch nicht. Meistens wird heute ein dreispaltiges Layout verwendet. Auch das ist bis zu einem gewissen Grade noch funktional, denn bei dem Querformat des Bildschirms wären durchgehende Zeilen über die ganze Breite schwerer zu lesen als ein schmalerer Textblock. Aber viele Blogger begnügen sich nicht mit einem sauberen, aus Lesbarkeit getrimmten Textblock, sondern schwelgen in Layout-Mätzchen, die jedenfalls mich als Leser nur abstoßen. Bei einem mehrspaltigen Layout ist es durchaus sinnvoll, die Sidebars auf der einen Seite für eine Übersicht über das Blog selbst (Suchfunktion, Überschriften der jüngsten Beiträge, verwendete Kategorien und »Archiv«) und auf der anderen Seite für Blogroll und Linkliste zu nutzen. Vielfach werden die Sidebars aber so vollgestopft, dass es Überwindung kostet, darin zu suchen. Eine Blogroll und die Linkliste sollten zehn Einträge nicht überschreiten. Ganz schlimm wird es, wenn Anzeigen hinzukommen. Beispiel für ein gelungenes Design ist für mich der schon erwähnte Zeilenwechsel von Bächtle. Aber dahinter steckt ein Kommunikationsprofi. (Fortsetzung folgt.)

Nachtrag vom 23. 2. 2021: Über Wissenschaftsblogs jetzt noch einmal ausführlich mein Beitrag für Barblog Über das (rechtssoziologische) Wissenschaftsblogging.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Dazu in Spiegel-Online: Warum Deutschland Blog-Hemmung hat. Vgl. auch »marcus« (Beckendahl), Die Deutsche Blogosphäre, 2009.
2 Dazu eine Anmerkung von Jan Schmidt, dem Pionier der deutschen Blogging-Forschung, der jetzt im Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg tätig ist. Schmidt verweist auf die ARD-Online-Studie 2010.
3 Hier einige Epitheta, mit denen es zuvor bedacht wurde (nach einer Zusammenstellung von Scheloske): Seichtes Alltagsgewäsch, eitle Selbstdarstellung, Tummelplatz anonymer Heckenschützen, Ort der verlorenen Beißhemmung, Bühne für das geistige Prekariat, Debattierclub von anonymen, Ahnungslosen und Denunzianten, Klowände des Internet.
4 Dazu mein Bericht von der Münchener Rechtsvisualisierungstagung 2008.
5 Die war mir bisher unbekannt. Wer oder was dahinter steckt und wie sich das Unternehmen finanziert, habe ich so schnell nicht ermitteln können. Die Firma unterhält neben Scienceblog noch ein zweites, ganz naturwissenschaftlich ausgerichtetes Blogportal www.researchblogging.org. Mit www.visualizing.org bietet sie ein Portal für die Visualisierung aller möglichen Themen an, was mich für »Recht anschaulich« interessieren sollte.
6 Letztes Posting im Juli 2010. Ohnehin war die Seite durch allerhand Designmätzchen unlesbar geworden. Ich habe sie aus meiner Blogroll gestrichen.

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Jetzt kommt der Temporal Turn

Vom Linguistic Turn, Pictorial Turn und Cultural Turn ist mir noch ganz schwindelig. Nun komme ich gerade von einem Besuch auf dem Jubiläumskongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Frankfurt. Da gäbe es viel zu berichten. Aber Fleißarbeit ist meine Sache nicht. Ich will nur mitteilen, dass mein Drehschwindel in Frankfurt durch den Spatial Turn neuen Anstoß bekam. Nicht nur, weil es Veranstaltungen unter dieser Überschrift gab, sondern vor allem, weil die Tagung in dem neiderregend wunderbaren Space des neuen Westend Campus der Frankfurter Universität auf dem ehemaligen IG-Farben Gelände stattfand.
Doch es bleibt keine Zeit zum Ausruhen. Der nächste Turn kündigt sich an, und ich will ihn hier schon einmal ausrufen, den Temporal Turn nämlich. Schuld sind die Kulturwissenschaften. Für eine kulturwissenschaftlich inspirierte Rechtsforschung wird eine lange Reihe von Themen empfohlen, darunter auch Raum und Zeit. [1]Eine Aufzählung bietet der m. W. unveröffentlichte Förderungsantrag von Ulrich Haltern und Christoph Möllers für eine Tagung »Rechtswissenschaft als Kulturwissenschaft«, die 2006 im ZIF in … Continue reading
Raum und Zeit geben der Welt im Erleben der Menschen Struktur. Diese Struktur ist primär natürlich, beim Raum durch die Gestalt der Erde und ihrer Landschaften, bei der Zeit durch den Wechsel von Jahreszeiten, Tag und Nacht. Aber die natürliche Struktur wird überlagert durch eine soziale. Die Landschaften sind durch Besiedlung und Bauten gestaltet. Die Zeit erhält durch Kalender, Uhren und Gewohnheiten und Pläne ihren Rhythmus. Der natürliche Rhythmus der Jahreszeiten und vor allem von Tag und Nacht wird durch künstliche Vorgaben überlagert und ersetzt. Man kennt Datum und Uhrzeit und ist pünktlich. Der Tagesablauf wird geregelt. Schulstunden, Arbeitszeit und Bürostunden, Fahrpläne und Öffnungszeiten setzen sich gegenüber individuellen Befindlichkeiten durch. Die Zeiten für Arbeit, Ruhe und Vergnügen sind weitgehend fremdbestimmt, und daran haben sich alle wie selbstverständlich gewöhnt. Das alles ist als vorrechtliche Sozialdisziplinierung vielfach beschrieben worden. [2]Je nach Geschmack zitiert man hier Foucault, Oestreich, Treiber und Steiner und andere mehr.
Zeit korrespondiert mit Kausalität, denn Kausalität wird als eine zeitliche Abfolge von Ereignissen gedacht. Die Wahrnehmung der Vergangenheit durch Rechtsgeschichte und historische Soziologie bringt Periodisierungen hervor, die auf das Verständnis des aktuellen Rechts zurückwirken. Für den Alltagsgebrauch sind es die sog. Narrationen, die das Recht zeitlich gliedern. Monoton wird beklagt, dass die Beziehung zwischen Recht und Zeit wissenschaftlich vernachlässigt worden sei. [3]Z. B. von Rebecca R. French, Time in the Law, University of Colorado Law Review 72, 2001, 663-748/663: »Time is always necessary in the law, yet it is rarely examined.«. Tatsächlich ist die Literatur zum Thema gar nicht so spärlich. [4]David M. Engel, Law, Time, and Community, Law and Society Review 1987, 605-638; Carol J. Greenhouse, Just in Time: Temporality and the Cultural Legitimation of Law, Yale Law Journal 98, 1631-1651; … Continue reading
Überall im Recht ist die Zeit präsent, beim Alter von Personen, in Fristen und Terminen, bei der Verjährung, der Dauer einer Strafe usw. usw. Das ist trivial. Aber die Kulturwissenschaften leben davon, Trivialitäten hochzustilisieren. Positivität des Rechts bedeutet Änderbarkeit und begründet damit auch ein Zeitphänomen. Das ist durch Niklas Luhmann zu einem klassischen Thema der Rechtssoziologie geworden. Bei Luhmann findet man sicher auch eine theoretische Verpackung. Von Anfang an gehört die »Zeitdimension« zu der Begriffstrias, mit der er die Generalisierung von Erwartungen beschreibt. Die »Zeitlichkeit des Rechts« ist im »Recht der Gesellschaft« ein durchgehendes Thema. Hier wird die Zeitdimension sogar grundlegend für die Bestimmung der Funktion des Rechts. [5]Das Recht der Gesellschaft, 1995, S. 125 ff. Man muss man nicht unbedingt Luhmanns Paradoxologie übernehmen, wie sie in der These zum Ausdruck kommt, eine zirkuläre Definition der Rechtsgeltung könne nur durch zeitliche Asymmetrisierung unsichtbar gemacht werden [6]Ebenda S. 109.. Unverzichtbar ist aber Luhmanns Konzeption der Gesellschaft und damit des Rechts als Kommunikationszusammenhang. Gesellschaftliche Zeit entsteht dadurch, dass eine Kommunikation im Abstand von mehr als einer logischen Sekunde an die andere andockt. [7]So gesprächsweise in Frankfurt Fatimah Kastner. So formuliert es Luhmann selbst:

Auch wenn die einzelne Kommunikation nur einen kurzen Moment dauert, sondern im Moment ihrer Aktualisierung schon wieder verschwindet, ist sie doch darauf angewiesen, sich durch rekursive Vernetzung in der Zeit zu bestimmen, das heißt: sich auf bereits gelaufene Kommunikation und auf künftige Anschlußmöglichkeiten zu beziehen. Jede Kommunikation bindet daher Zeit insofern, als sie bestimmt, von welchem Systemzustand die weitere Kommunikation auszugehen hat. [8]Ebenda S. 126.

Wenn man das Recht mit Luhmann als Kommunikationszusammenhang betrachtet, fallen mir sogleich medientheoretische Anwendungsmöglichkeiten ein.
Von Harold Innis [9]Harold A. Innis, The Bias of Communication, 1951, mehrfach neu aufgelegt. stammt die These, dem jeweils dominierenden Kommunikationsmedium sei ein »bias«, eine Voreinstellung zugunsten bestimmter gesellschaftlicher Interessen und Organisationsformen inhärent. Innis stellte dabei auf das materielle Substrat der Kommunikation − Stein oder Tontafeln, Pergament, Papyrus und Papier und schließlich Elektrizität − ab. Maßgebliche Eigenschaften von Stein und Tontafeln sind räumliche Bindung und Dauerhaftigkeit, die die Zeitdimension und damit Tradition und Hierarchie begünstigen sollen. Das leicht transportable Papier dagegen ermöglicht die Ausdehnung der Herrschaft in den Raum, der Druck durch preiswerte Vervielfältigung eine soziale Breitenwirkung und die Elektrizität schließlich durch ihre Geschwindigkeit den sozialen Wandel.
Mit den juristischen Zeitschriften, die die Zeit schon im Titel führen, hat sich jüngst Oliver M. Brupbacher befasst: [10]Die Zeit des Rechts, Experimente einer Moderne in Zeitschriften, 2010.

Durch die hochgradige Selektivität ihrer periodischen Mitteilungen machen die Zeitschriften die Welt des Rechts selbst größer und unübersichtlicher. In der Zeitdimension: in Strategien des verzeitlichten Nacheinanders bewältigbarer Informationseinheiten, der Fokussierung auf die jeweilige datierte Gegenwart und der Latentstellung von Sinnüberschüssen, findet das Recht Lösungsformen für eine der Welt der Moderne adäquate Komplexität des Rechts.

Die Zeitlichkeit des Rechts korrespondiert mit der Zeitperspektive der Gesellschaft. Besonders interessant ist natürlich, wie sich die Zeitperspektive wandelt. Zu beobachten sind gegenläufige Entwicklungen. Auf der einen Seite Beschleunigung: Die Beschleunigung von Transport- und Kommunikationsvorgängen durch die moderne Technik und die (dadurch beförderte) Globalisierung der Wirtschaft mit dem daraus folgenden Konkurrenzdruck haben zu einer Art Nonstop-Gesellschaft geführt. Die rechtliche Regelung von Feiertagen und Ladenschluss, Arbeitszeiten und Fristen aller Art muss darauf reagieren. Die Rechtssoziologie beobachtet besonders die Auswirkungen auf Arbeit und Familie.
Auf der anderen Seite steht die Dehnung der für relevant angesehenen Zeit. Traditionelle Verjährungsvorstellungen sind zu einem erheblichen Teil obsolet geworden. 1949 verjährte die Verfolgung von Mord noch in 20 Jahren. Dann wurde diese Verjährungsfrist im Blick auf die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen auf 30 verlängert, und als 1979 auch diese Spanne ablief, ganz aufgehoben. Aber auch zivilrechtliche Wiedergutmachungsansprüche werden heute ohne Rücksicht auf Fristen zugelassen. Hier sind ganz deutlich die rechtlichen Konsequenzen einer Neubewertung von Kolonialismus und Sklaverei, Naziverbrechen und sozialistischen Diktaturen zu spüren. Die Konsequenz ist eine »Vermessung der Geschichte durch die Gerichte« [11]Angelika Nußberger, Die Vermessung der Geschichte durch die Gerichte, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. 7. 2010; ferner Lukas H. Meyer (Hg.), Justice in Time, Responding to Historical … Continue reading. Rückwirkende Moralisierung schlägt auf das Recht durch.
Auch Erinnern und Vergessen sind zeitbezogene Tätigkeiten. Auf dem Kongress in Frankfurt wurden sie mehrfach mit dem Recht in Zusammenhang gebracht. In einer Veranstaltung der Sektion Entwicklungssoziologie sprach Anika Oettler [12]»Transitional Justice zwischen globalen Normen und lokalen Verhältnissen«. über den »Aufarbeitungsimperativ«, der politische Übergänge mit einer Vergangenheitsbewältigung durch Gerichtsverfahren, Wahrheitskommissionen, Lustrationen oder Reparationen verbindet. Als »Transitional Justice« erhält das Phänomen einen neuen Namen. In einer Ad-Hoc-Gruppe über »Erinnern und Vergessen im Kontext transnationaler Gesellschaften« wurde das Thema von Fatima Kastner aufgenommen. [13]Das Recht des Vergessens: Zur transnationalen Diffusion von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen aus systemtheoretischer Perspektive. (Eine Möglichkeit der Aufarbeitung mit noch etwas größerem Zeitabstand bieten die Historikerkommissionen, wie sie in Deutschland für Organisationen beliebt sind, zuletzt beim Auswärtigen Amt.) Auch ein rechtsoziologisch höchst relevanter Vortrag von Hans Dembowski über die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in Indien fügt sich in den Temporal Turn. [14]Die Gleichzeitigkeit von Vorgestern und Übermorgen – Staats-, Rechts- und Nationenverständnis in Indien.
Diese Andeutungen sollten ausreichen, um die Ausrufung des Temporal Turn für die Rechtssoziologie und darüber hinaus zu rechtfertigen. [15]Nachtrag vom 7. 11. 2010: Nicht ganz selten mache ich die Erfahrung, dass ironisch gemeinte Beiträge oder Sätze von den Lesern meines Blogs ernst genommen werden. Ich habe Anlass zu der … Continue reading

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Eine Aufzählung bietet der m. W. unveröffentlichte Förderungsantrag von Ulrich Haltern und Christoph Möllers für eine Tagung »Rechtswissenschaft als Kulturwissenschaft«, die 2006 im ZIF in Bielefeld stattgefunden hat.
2 Je nach Geschmack zitiert man hier Foucault, Oestreich, Treiber und Steiner und andere mehr.
3 Z. B. von Rebecca R. French, Time in the Law, University of Colorado Law Review 72, 2001, 663-748/663: »Time is always necessary in the law, yet it is rarely examined.«.
4 David M. Engel, Law, Time, and Community, Law and Society Review 1987, 605-638; Carol J. Greenhouse, Just in Time: Temporality and the Cultural Legitimation of Law, Yale Law Journal 98, 1631-1651; Ali Khan, Temporality of Law, McGeorge Law Review 40, 2008; Bruce C. Peabody, Reversing Time’s Arrow: Law’s Reordering of Chronology, Causality, and History, Akron Law Review 40, 2007, 587-622; Charles F. Wilkinson, American Indians, Time and the Law, Yale University Press 1987.
5 Das Recht der Gesellschaft, 1995, S. 125 ff.
6 Ebenda S. 109.
7 So gesprächsweise in Frankfurt Fatimah Kastner.
8 Ebenda S. 126.
9 Harold A. Innis, The Bias of Communication, 1951, mehrfach neu aufgelegt.
10 Die Zeit des Rechts, Experimente einer Moderne in Zeitschriften, 2010.
11 Angelika Nußberger, Die Vermessung der Geschichte durch die Gerichte, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. 7. 2010; ferner Lukas H. Meyer (Hg.), Justice in Time, Responding to Historical Injustice, 2004.
12 »Transitional Justice zwischen globalen Normen und lokalen Verhältnissen«.
13 Das Recht des Vergessens: Zur transnationalen Diffusion von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen aus systemtheoretischer Perspektive.
14 Die Gleichzeitigkeit von Vorgestern und Übermorgen – Staats-, Rechts- und Nationenverständnis in Indien.
15 Nachtrag vom 7. 11. 2010: Nicht ganz selten mache ich die Erfahrung, dass ironisch gemeinte Beiträge oder Sätze von den Lesern meines Blogs ernst genommen werden. Ich habe Anlass zu der Klarstellung, dass ich natürlich keinen Temporal Turn für Rechtssoziologie ausrufen will. Ich hatte gehofft, dass die Ironie aus den ersten beiden Absätzen deutlich würde.

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Anne Will und der schwebende Kachelmann

Gestern Abend bestritt Anne Will ihre erste Talkshow nach der Sommerpause mit einem Palaver über den »Fall Kachelmann«. Mir gibt die Sendung Anlass zu einer Notiz über den Topos des »Eingriffs in ein schwebendes Verfahren«.
Ursprünglich waren das Verbot eines Eingriffs in ein schwebendes Verfahren ebenso wie dasjenige der Abänderung einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung durch den Monarchen oder die Regierung die wesentliche Rechtsgarantie für die Unabhängigkeit der Justiz. Eingriffe von Regierung oder Verwaltung in Verfahren oder Entscheidungen der Justiz kommen zum Glück, jedenfalls in Deutschland und wohl darüber hinaus in Mitteleuropa, praktisch nicht mehr vor. Das Verbot des (abändernden) Machtspruchs ist heute so selbstverständlich, dass es nur noch in Lehrbüchern ausdrücklich erwähnt wird. Dagegen ist der Topos vom Eingriff (oder der Einmischung) in ein schwebendes (oder laufendes) Verfahren höchst lebendig. Das zeigt sich, wenn man danach gugelt. Allerdings hat sich die Bedeutung des Ausdrucks gewandelt. Es geht nicht mehr um einen direkten Eingriff in das Verfahren, sondern um bloße Meinungsäußerungen, sei es über die Handhabung eines Verfahrens durch das Gericht, sei es über das erwünschte Ergebnis. Politikern oder Beamten, die sich zu einem schwebenden Verfahren äußern, wird ein solcher Eingriff vorgeworfen.
Hier ein Beispiel aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion »Die Linke« im Bundestag (BT-Drucksache 16/10555). Das Landgericht Frankfurt a. M. hatte in einem Prozess gegen ehemalige Funktionäre des türkisch-islamischen Wohltätigkeitsvereins »Deniz Feneri e. V.« (Leuchtturm) am 17. September 2008 die Angeklagten wegen Veruntreuung und Zweckentfremdung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der türkische Ministerpräsident sollte sich nach Pressemeldungen zu dem Verfahren geäußert haben. In der Anfrage heißt es u. a.:

a) Treffen Pressemeldungen über ein Gespräch des türkischen Ministerprä- sidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem deutschen Botschafter Eckart Kuntz am 22. November 2007 in Ankara zu, wonach Recep Tayyip Erdogan sich zum Verfahren gegen ehemalige Funktionäre des Vereins »Deniz Feneri e. V.« geäußert hat (Hürriyet vom 16. September 2008)?
b) Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung Äußerungen eines ausländischen Regierungschefs zu einem laufenden Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland?
c) Vertritt sie die Ansicht, dass eine solche Äußerung eine Einmischung in ein laufendes Verfahren darstellt?

Die Bundesregierung hat auf die Anfrage ausweichend geantwortet:

Zu vertraulichen Gesprächen kann die Bundesregierung keine Einzelheiten bekannt geben. Es ist richtig, dass bei einem Gespräch aus anderem Anlass auch über die Dauer der Untersuchungshaft bei Gerichtsverfahren in Deutschland gesprochen wurde. Dies wurde von der Bundesregierung nicht als Versuch der Einflussnahme aufgefasst. (Drucksache 16/10719).

Umgekehrt berufen sich Politiker und Beamte, die auf ein laufendes Verfahren angesprochen werden, gerne auf ein Einmischungsverbot. Das gilt aber auch für die Presse oder Verfahrensbeteiligte. Ein rechtliches Verbot, laufende Verfahren zu kommentieren, gibt es jedoch, jedenfalls in Deutschland nicht. [1]Schulze-Fielitz (Rn. 46 zu Art. 97 GG) hält es immerhin für einen »Indikator« für eine unzulässige öffentliche Kritik, wenn sie mit dem Ziel erfolgt, ein Urteil zu beeinflussen, bevor es vom … Continue reading
Der Topos vom Eingriff in ein schwebendes Verfahren ist auch bei »Privaten« beliebt, wenn man sich zu einer peinlichen Angelegenheit nicht äußern will. Dazu einige Beispiele:
Nachdem in einem Bahntunnel bei Fulda ein ICE in eine Schafherde gerast und entgleist war, las man:

Ein Bahn-Sprecher wollte sich auf Anfrage von WELT ONLINE nicht zu den Vorwürfen äußern, da es sich um ein schwebendes Verfahren handele. Die Bahn unterstütze jedoch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Aus Bochum berichtete Bild.de von der unglücklichen Frau, die der Arzt angeblich am falschen Fuß operiert hatte:

BILD erkundigte sich bei dem Arzt, der Andrea H. operierte. Der Chirurg: »Es ist ein schwebendes Verfahren. Mehr will ich dazu nicht sagen.

Aus der FAZ Nr. 134 vom 13. Juni 2009 S. 16:

M. [2]Name auf Wunsch des Betroffenen nachträglich entfernt., Geschäftsführer des Plüschtierhersteller Steiff, sieht einem Gerichtsverfahren in den Vereinigten Staaten entgegen. Eine Steiff-Mitarbeiterin hat beim New Yorker State Supreme Court Anklage gegen M. eingereicht. … Steiff kommentiert grundsätzlich keine laufenden Gerichtsverfahren, heißt es in einer knappen schriftlichen Stellungnahme.

Auch nach der Loveparade-Katastrophe von Duisburg berufen sich Beteiligte auf diesen Topos. In der öffentlichen Auseinandersetzung ist die Rede vom (verbotenen) Eingriff in ein schwebendes Verfahren anscheinend stärker als in seiner rechtlichen Relevanz. Das macht den Topos rechtssoziologisch interessant. Aber auch in der Rechtsprechung ist der Topos noch lebendig. Eine Anfrage bei Juris fördert um die 30 Entscheidungen zutage. Ich meine, die Sache wäre eine Dissertation wert. Wer unbedingt eine aktuelle Anknüpfung sucht, findet sie in der Diskussion um die Litigation-PR.

Nachtrag vom 1. 9. 2010:
»Staatsanwälte kritisieren Loveparade-Aufnahmen im Netz«, so lautete gestern eine Schlagzeile in der WAZ. Im Text, den ich im Internet nicht finde, heißt es:

Die Proteste der Staatsanwaltschaft waren vergeblich. Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller hat wie angekündigt Filmaufnahmen von Überwachungskameras im Internet veröffentlicht, obwohl die Ermittler bis zuletzt versuchten, ihn davon abzubringen. … Die Ermittler sind der Meinung, es störe die Überprüfung der Angaben von Augenzeugen, wenn die Filme für jedermann zu sehen seien. Zudem könnten die Opfer der Parade traumatisiert werden, wenn die Dokumente veröffentlicht würden.

Hier die umstritten Aufnahmen. Ein unzulässiger Eingriff in ein schwebendes Verfahren? Ich finde nicht.
Zum Stichwort Litigation-PR hier noch ein einschlägiger Link: http://www.macromedia-fachhochschule.de/litigation. Ganz hilfreich ist dort vielleicht eine kleine Literaturübersicht.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Schulze-Fielitz (Rn. 46 zu Art. 97 GG) hält es immerhin für einen »Indikator« für eine unzulässige öffentliche Kritik, wenn sie mit dem Ziel erfolgt, ein Urteil zu beeinflussen, bevor es vom Gericht getroffen wurde. Eine kritische Berichterstattung über laufende Verfahren sei mit Rücksicht auf Art. 5 GG nicht schon als solche unzulässig, könne aber, etwa bei Medienkampagnen, auf Zulässigkeitsgrenzen stoßen.
2 Name auf Wunsch des Betroffenen nachträglich entfernt.

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Nachlese: Wie wirkt Recht?

Nach dem Kongress der Vereinigung für Rechtssoziologie in Luzern 2008 unter dem Thema ist schon 2009 ein erster Tagungsband erschienen: Estermann, Josef (Hrsg.), Interdisziplinäre Rechtsforschung zwischen Rechtswirklichkeit, Rechtsanalyse und Rechtsgestaltung, Beiträge zum Kongress “Wie wirkt Recht?” Luzern, 2008, Bern 2010. [1]Ein zweiter Tagungsband, herausgegeben von Michelle Cottier und Michael Wrase, der in der Schriftenreihe der Vereinigung erscheinen soll, ist dem Vernehmen nach im Druck. Jetzt bin ich endlich dazu gekommen, diesen Band durchzusehen. Ich will auf zwei Beiträge hinweisen, die mich besonders interessiert haben. Dass sie auch nacheinander abgedruckt sind, ist natürlich reiner Zufall:

Fritz Dolder/Mauro Buser, Zitieren geht über Studieren — Empirische Wanderungen im Grenzgebiet zwischen Rechtslehre und Rechtsprechung (S. 193–210)
Peter Thiery/Jenniver Sehring/Wolfgang Muno, Wie misst man Recht? Möglichkeiten und Grenzen der Messung von Rechtsstaatlichkeit (S. 211–230).
Dolder und Buser haben eine Stichprobe von

Urteilsbegründungen des schweizerischen Bundesgerichts zum Obligationenrecht daraufhin ausgewertet, wie viel Literatur sie zitieren, wen sie zitieren, und ob das Urteil mit den Zitaten konform geht. Sie waren ausgegangen von der Arbeitshypothese, dass solche Zitate drei Funktionen erfüllen könnten, nämlich informativ-kognitive, persuasiv-normative und sozial-zeremonielle. Sie finden, dass die Zitate persuasive und dann vor allem sozial-zeremonielle Wirkung haben, indem sie eine professionelle Arbeitsweise anzeigen. Aber das ist noch gar nicht so interessant. Niemand hätte etwas anderes erwartet. Das gilt auch für die Beobachtung, dass die Zitatdichte enorm gewachsen ist und sich nach 1980 noch einmal verdoppelt hat. Dafür gibt es einfache Erklärungen, nämlich die Zunahme der juristischen Textproduktion und nach 1980 auch die Automatisierung der Textverarbeitung. Die Frage, wer zitiert wird, beantwortet sich nach dem von Robert K. Merton so getauften Matthäus-Prinzip: success breeds success. [2]The Matthew Effect in Science, Science, 1968, 56-63; ders., The Matthew Effect in Science, II, ISIS 79, 1988, 606-623. Da ist es konsequent, dass die Autoren die Zitierhäufigkeit für einzelne Autoren mit der sonst für die Messung der Einkommens- und Vermögensverteilung verwendeten Gini-Koeffizienten darstellen. Sie errechnen für die jüngste Zeit einen Gini-Koeffizienten von 0.65. Bei der Einkommensverteilung wäre eine so starke Ungleichheit nach Ansicht der UN ein Indiz für aufkommende soziale Spannungen.
Um ihrem Material eine spezifisch rechtssoziologische Dimension abzugewinnen, sehen die Autoren auf die Ablehnungsquote, also den Anteil der Zitate, bei denen das Urteil die Aussage des Zitierten inhaltlich ablehnt. In der letzten beobachteten Periode liegt die Quote bei 4,78 %. Früher war sie etwas höher, aber auch nie zweistellig. Dolder und Buser weisen darauf hin, dass in anderen Ländern andere Sitten herrschen. In England und in den USA wird praktisch keine Literatur zitiert. Die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts zitieren nur eigene Vorurteile. Aber – so erfährt man aus einem Verweis auf Dolders Dissertation von 1986 in Fußnote 5 – der OGH in Österreich, das Bundesarbeitsgericht und der Bundesgerichtshof in Deutschland liegen in der Zitierhäufigkeit doch sehr ähnlich wie das Schweizer Bundesgericht.
Die Autoren finden die Zitierquote von annähernd 5 % niedrig und interpretieren sie als organisierten Konformismus. Dazu berufen sie sich noch einmal auf Merton [3]Wissenschaft und demokratische Sozialstruktur, in: Weingart (Hg.), Wissenschaftssoziologie I, 1972, S. 45-59; Original 1942 in »Social Theory and Social Structure«., der der für seine Wissenschaftssoziologie den Begriff des organisierten Skeptizismus geprägt hat. Er will damit die Bedeutung wechselseitiger Kritik hervorheben. »Organisiert« ist die darin zum Ausdruck kommende Skepsis, weil sie sozial unterstützt wird. Der Gegenbegriff des organisierten Konformismus stammt wohl von Dolder und Buser selbst. Gemeint ist, dass eine allgemeine Erwartungshaltung besteht, dass Rechtsprechung und Rechtslehre wechselseitig nicht voneinander abweichen. Oder vielmehr, sie weichen gerade nur so viel voneinander ab, dass nicht der Eindruck von Kritiklosigkeit oder Unwissenschaftlichkeit entsteht.
Am Rande (S. 203) erfährt man, dass auf dem Gebiet des Arbeitsrechts die zitierten Autoren nicht so ausgewählt werden, dass sie die gesellschaftlichen Gruppierungen, denen sie zugerechnet werden können, repräsentieren. Rund 85 % der Zitierten standen den Arbeitgebern und ihren Organisationen nahe. Und am Ende folgt noch eine kritische Bemerkung dahin, dass Richter häufig selbst als Kommentatoren tätig sind und dann von den Gerichten bevorzugt zitiert werden. Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang Fußnote 23, die darauf hinweist, dass es im römischen Recht Positivlisten zitierwürdiger Autoren gab, während im NS-Staat und wohl auch in der DDR jüdische oder »bürgerliche« Autoren auf (wohl informellen) Negativlisten standen.
Die Abhandlung von Thiery, Sehring und Muno habe ich deshalb besonders aufmerksam gelesen, weil sie sich mit der Berichtsforschung befasst, die ich seit einiger Zeit im Blick habe.
Im Zuge der Globalisierung wächst der Wunsch, die weltweite Ausbreitung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu messen. Es ist erstaunlich, wie viele Institutionen sich der Aufgabe angenommen haben, mindestens Elemente von Demokratie und Rechtsstaat vergleichend zu messen. In aller Regel wird die Arbeit (und ihre Finanzierung) durch ein starkes Interesse an der Verbreitung von Rechtsstaat und Demokratie westlichen Musters motiviert. Meistens geschieht das kontinuierlich über viele Jahre, und die Ergebnisse werden laufend nach der Art von Rennlisten veröffentlicht. Thiery, Sehring und Muno haben sich drei einschlägige Berichte vorgenommen, nämlich
Freedom in the World von Freedom House
Worldwide Governance Indicators von der Weltbank
den Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung.
Sie unterziehen die Methodik der Rechtsstaatsmessung einer eingehenden Analyse und Kritik. (Darauf werde ich nach Möglichkeit bei anderer Gelegenheit näher eingehen, denn diese Methodenkritik lässt sich teilweise auch für andere Berichte verallgemeinern.) Ihr Ergebnis (S. 226) ist verhalten positiv. Die analysierten Indizes

messen … zwar die Verwirklichung des Rechtsstaates, nicht aber die gesamte Rechtswirklichkeit eines Landes. So kann ein nicht voll funktionierender Rechtsstaat durch ein responsives customary law ergänzt werden. Er kann aber auch defizitär sein, weil in bestimmten funktionalen oder territorialen Bereichen mächtige Akteure (Guerilla, Oligarchen, etc.) ein eigenes Regelsystem aufgebaut haben …

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Ein zweiter Tagungsband, herausgegeben von Michelle Cottier und Michael Wrase, der in der Schriftenreihe der Vereinigung erscheinen soll, ist dem Vernehmen nach im Druck.
2 The Matthew Effect in Science, Science, 1968, 56-63; ders., The Matthew Effect in Science, II, ISIS 79, 1988, 606-623.
3 Wissenschaft und demokratische Sozialstruktur, in: Weingart (Hg.), Wissenschaftssoziologie I, 1972, S. 45-59; Original 1942 in »Social Theory and Social Structure«.

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Berichtsforschung IV: Ein Umweg zur Interdisziplinarität der juristischen Arbeit?

Katsh hat schon 1989 in seinem Buch über »The Electronic Media and the Transformation of Law« vorhergesagt, die Flexibilisierung der Wissensbestände durch die elektronischen Medien werde die Disziplingrenzen, die lange durch die gedruckte Rechtsliteratur stabilisiert worden seien, unterminieren. [1]M. Ethan Katsh, The Electronic Media and the Transformation of Law, New York, NY 1989, S. 94-101, 247-265; ders., Law in a Digital World, New York, NY 1995, S. 158, 164 f. Elektronische Medien, die unterschiedslos Informationen aus allen Wissens- und Lebensgebieten vereinigten, seien auf Interdisziplinarität angelegt und würden das Recht wieder stärker für Einflüsse aus dem sozialen Kontext öffnen. Durch Digitalisierung werde die Information flüssig. Sie werde leichter verfügbar, könne ganz unsystematisch abgerufen und relativ einfach neu gemischt werden. Gleichzeitig finde man in demselben Medium, anders als in der klassischen Bibliothek, auch nichtjuristische Informationen aller Art. Allgemein werde eine Kultur entstehen, in der es normal sei, separat generierte und gespeicherte Wissensbestände zusammen zu führen. In der Folge würden Juristen, die gelernt hätten, mit den elektronischen Medien umzugehen, die klassischen Rechtsquellen mit anderen Wissensangeboten kombinieren und so die Grenze zwischen juristischem und außerjuristischem Wissen durchlässig machen. Juristen gerieten damit unter Druck, sich nicht länger allein auf Regeln zu stützen, um relevante von irrelevanten Informationen zu trennen.
Die Technik der digitalen Information ist längst etabliert. Bislang schien es an geeigneten nichtjuristischen Inhalten zu fehlen. Die klassische Sozialforschung ist noch kaum im Netz zu finden. In diese Lücke stößt die Berichtsforschung. Sie könnte der Rechtswissenschaft und der praktischen Jurisprudenz unter Umgehung der Rechtssoziologie und anderer sozialwissenschaftlicher Disziplinen für eine empirische Vergewisserung über den Kontext des Entscheidens dienen. Vermutlich wird die Berichtsforschung auf diesem Wege viele der Funktionen übernehmen, die man bisher der Rechtstatsachenforschung und teilweise auch der Kriminologie als Hilfswissenschaften der Jurisprudenz zugeschrieben hat und die diese Fächer wenig erfolgreich ausgefüllt haben. Hier bahnt sich vielleicht eine neuartige Form der Interdisziplinarität an, die in der Folge des Medienwandels selbsttätig einstellt. Die Verfügbarkeit der Berichte im Internet kommt dem Zeitdruck der Praxis und ihren Schwierigkeiten beim Zugang zu einschlägiger Forschung entgegen. Das Angebot ist inzwischen sehr umfangreich. Vielleicht findet man nicht immer genau die Daten, die man sucht. Aber zu jedem Lebensbereich findet man mehr, als das Alltagswissen bereithält. Florian Knauer hat kürzlich darauf hingewiesen, dass die Digitalisierung der Information Einfluss auch auf die juristische Methodenlehre haben werde. [2]Florian Knauer, Juristische Methodenlehre 2.0? Der Wandel der juristischen Publikationsformate und sein Einfluss auf die juristische Methodenlehre, in: Rechtstheorie 40 (2009), 379–403, 397-400. So werde die leichte Verfügbarkeit der Gesetzesmaterialien im Internet die historische Auslegung stärken. Sie werde zu einem schärferen Blick auf den Gesetzeszweck verhelfen und damit auch die teleologische Auslegung befördern. Dabei könnten neben den Gesetzesmaterialien »auch andere im Internet publizierte Informationen für die teleologische Auslegung herangezogen werden. In Betracht [kämen] beispielsweise behördliche oder andere statistische Daten …«. Bei dieser Entwicklung könnten die »Berichte« eine tragende Rolle spielen, denn sie sind politik- und praxisnäher als die Forschung, die aus den klassischen Wissenschaftsinstitutionen kommt. Soweit die Berichte hinreichend bekannte und angesehene Institutionen zum Absender haben, strahlen sie zudem einige Glaubwürdigkeit und Autorität aus.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 M. Ethan Katsh, The Electronic Media and the Transformation of Law, New York, NY 1989, S. 94-101, 247-265; ders., Law in a Digital World, New York, NY 1995, S. 158, 164 f.
2 Florian Knauer, Juristische Methodenlehre 2.0? Der Wandel der juristischen Publikationsformate und sein Einfluss auf die juristische Methodenlehre, in: Rechtstheorie 40 (2009), 379–403, 397-400.

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Difficile est satiram non scribere

Auf der (2.) Münchener »Tagung zur Rechtsvisualisierung, zum audiovisuellen und multisensorischen Recht« am 24. und 25. 11. 2009 verteidigte Frau Brunschwig noch einmal ihren Vorschlag, »Multisensorisches Recht« als neue Disziplin zu akzeptieren. Sie hat mich auch dieses Mal nicht davon überzeugt, dass es im Recht multisensorische Phänomene gibt, die sich anders nicht bewältigen lassen, und erst recht nicht davon, dass »Multisensorisches Recht« gar schon auf dem Wege sei, sich als Wissenschaftsdisziplin zu institutionalisieren. Als multisensorisches Phänomen des Rechts wurde etwa die Übergabe einer beweglichen Sache (§ 426 AGBGB; § 929 BGB) genannt und die Übergabe dann zu einem visuell-kinästhetisch-haptischen Phänomen hochstilisiert. Difficile est … Aber auch das Victim-Impact-Video im Fall Kelly vs. California sticht nicht. Im Mordprozess zeigte der Staatsanwalt ein Video von 20 Minuten Dauer mit Bilder aus dem (glücklichen) Leben Opfers bis kurz vor seiner Ermordung im Alter von 19 Jahren, begleitet von der Lieblingsmusik der Ermordeten. Dass man mit solchen Videos Laienrichter und vielleicht sogar Berufsrichter beeindrucken kann, mag ja zutreffen. Ob man solche Videos im Prozess zulassen soll, ist eine schwierige prozessrechtliche Frage. Der US Supreme Court hat die Videos im konkreten Fall nicht beanstandet, weil es die Geschworenen hinsichtlich der Schuldfrage nicht unfair beeinflusst habe. Der Richter Stevens hat in einem lesenswerten Statement auf die Problematik aufmerksam gemacht und der Richter Breyer unter Bezugnahme auf dieses Statement eine Dissenting Opinion geschrieben.
Vielleicht hat Frau Brunschwig mit dem »Multisensorischen Recht« ein Themenfeld entdeckt, dass sich für eine interdisziplinäre Bearbeitung eignet. Doch bevor die Entdeckung genutzt werden kann, müssen einige Unklarheiten ausgeräumt werden. Auge und Ohr dienen, neben allem anderen, was sie leisten, der Kommunikation. Geruch, Geschmack und Gefühl dagegen sind an sich keine Kommunikationskanäle. Nur ausnahmsweise werden sie für kommunikative Zwecke eingesetzt. [1]Anders in der Hundewelt. Hunde kommunizieren mit ihren Duftmarken. Ein Hunderecht hätte also multisensorisch zu sein. Deshalb dürfen sie nicht mit dem Audiovisuellen in einen Topf geworfen werden. Zweitens drängt sich, ausgelöst durch das Beispiel der Victim-Impact-Videos, der Verdacht auf, dass »sensorisch« und »emotional« nicht sauber getrennt werden. Und schließlich geht es gar nicht um das Recht selbst und seine Kommunikation, sondern um die Frage, wie Rechtsphänomene anders wahrgenommen werden, als nach dem textuellen Selbstverständnis des Rechts zu erwarten, und umgekehrt, welche bisher nicht bedachten Wirkungen ein »multisensorischer« Input auf rechtliche Entscheidungen haben könnte.
Im Verlaufe der Tagung haben mehr oder weniger alle Referenten eine höfliche Verbeugung vor dem »Multisensorischen Recht« gemacht. In der Sache hat sich aber keiner darauf eingelassen. In späteren Diskussionen fiel eher beiläufig die Bemerkung, multisensorisches Recht sei die größte Selbstverständlichkeit; schon immer habe man das Recht hören und sehen (und vielleicht auch manchmal fühlen) müssen.
Auch im Kontext der Rechtssoziologie ist ein Vortrag von Interesse, der von Gerhard M. Buurmann gehalten wurde. Buurmann ist Professor an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich und Präsident des Forschungsrates des Swiss Design Institute for Finance and Banking.
Angekündigt war ein Vortrag über Cloud Law. Doch davon war nicht die Rede. Welche alternative Überschrift Buurmann gewählt hatte, habe ich verpasst. Aber sie ist auch nicht so wichtig, denn der Vortrag bot eine lockere Plauderei, mit der der Redner seine Grundidee auf das Recht zu übertragen versuchte. Die Grundidee: Die Gestaltung von Flächen und Formen war die Designaufgabe von gestern. Heute geht es um das Design von Prozessen und Schnittstellen (Interaction Design). Das von Buurmann inspirierte Institut befasst sich mit Schnittstellen zwischen Finanzdienstleistern und ihren Kunden und entwickelt etwa IT-gestützte Systeme für das Beratungsgespräch. Ein Beispiel findet man auf der Webseite des Instituts.
Interaktive Finanzberatung

Es zeigt (mir), wie man mit großem technischen und designerischen Aufwand einen kurzen und klaren Text so bedeutungsschwer machen kann, dass das Verständnis zur Arbeit wird. Aber die Kundenberater kommen sich heute wohl nackt vor – und auch die Kunden sehen sie so – wenn das Beratungsgespräch nicht an einer Touchscreen Table stattfindet.
In seinem Vortrag wollte Buurmann »ganz naiv an das Recht herangehen«. Dazu fächerte er das Recht in fünf Bereiche auf: Recht erstellen, Recht vermitteln, Recht erkennen, Recht handeln, Recht aktualisieren. Bei der Suche nach den Schnittstellen gab es Gelegenheit, dem »multisensorischen Recht« Reverenz zu erweisen. Man erfuhr, dass Subjekt und Medium in Beziehung treten, dass Maschinen intuitiv (?) auf den Benutzer reagieren, von der sinnlichen Erfahrbarkeit dieses Prozesses, und natürlich war auch von Adaptivität und Kontextualität die Rede. Besonders der Rüttelalarm in Handy und Auto hatte es dem Redner angetan. Gefallen hat mir das Stichwort Prozessästhetik: »Prozessästhetik bezeichnet die Qualität, die im Verlaufe einer Handlungsfolge erfahren wird.« Der Gegensatz von Prozessästhetik und Objektästhetik ist ja doch eine schöne Analogie zu demjenigen von substantive justice und procedural justice.
Richtig konkret wurde Buurmann dann doch nicht, und das durfte man auch gar nicht erwarten. Aber es gab geistreiche Andeutungen über die wunderbare Welt der technikgestützten Kommunikation und dabei reichlich Gelegenheit, das Multisensorische zu betonen.
Buurmann endete mit einer kleinen Paraphrase von Richard Susskinds Buch »The End of Lawyers« (2008). Wer das Buch nicht zur Hand hat, findet einige Erläuterungen von Susskind selbst und die wichtigsten Stichworte im Internet. Den Designer interessiert an dem Wandlungsprozess, der unter dem Einfluss der IuK-Technik stattfindet, was er embedded legal knowlegde nennt. Und das ist wirklich höchst interessant. Man darf nur nicht übersehen, dass es sich dabei nicht um etwas prinzipiell Neues handelt. Früher kannten wir den englischen Terminus nicht. Aber wir wussten immer schon, dass etwa Formulare ein gerüttelt Maß an eingebauter Rechtsweisung enthielten. Heute ist das Formular auf den Bildschirm gewandert. Der Text wird dabei zum Teil durch die grafische Gestaltung ersetzt. Manches ist auch in der Software versteckt und kommt nur bei Bedarf zum Vorschein. Als bekennender LegalMcLuhanite bin ich der letzte, der diesen Wechsel des Mediums für irrelevant erklärt. Aber man bekommt ihn auch nicht in den Griff, wenn man die Kontinuität nicht wahrnimmt. Die Rechtsfragen bleiben grundsätzlich die gleichen.
Buurmann setze einen treffenden Schlusspunkt: Die Ausnahmen (Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe) sind das Problem bei der Umsetzung von Recht in EDV-Anwendungen. Seine Frage: Wollen wir damit leben?, und die Antwort: Ja, denn die Ausnahmen garantieren die Qualität des Lebens. »Im Endeffekt ist es die Kommunikation, die das Leben ausmacht, ausgehandelte Ergebnisse.«
Nachtrag vom 25. 10. 2010:
Colette R. Brunschwig hat in der Zeitschrift MultiMedia und Recht 2010 über »Towards Visual and Audiovisual Evidence in Criminal Proceedings« geschrieben. In dem Beitrag geht es um die Verwendung sog. Victim Impact Videos. Frau Brunschwig referiert und kommentiert einen Aufsatz »Documentation, Documentary, and the Law: What Should Be Made of Victim Impact Videos?« von Regina Austin (University of Pennsylvania Law School) der 2010 in der Cardozo Law Review S. 979-1017 erschienen ist und auch im Internet abgerufen werden kann.

Nachtrag vom 15. 10. 2016: Auf der Webseite der National Science Foundaation wird ein einschlägiges  Forschungsprojekt angezeigt: The Emotional Influence of Gruesome Photographs in the Courtroom.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Anders in der Hundewelt. Hunde kommunizieren mit ihren Duftmarken. Ein Hunderecht hätte also multisensorisch zu sein.

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