Auf der Tagung der Vereinigung für Rechtssoziologie, die vom 3. bis 5. März in Bremen stattfand, [1]Die Tagung war inhaltsreich und angenehm. Ich fürchte, dass ich nicht mehr dazu komme, etwas zu berichten, weil ich gleich wieder verreisen muss. hat die Mitgliederversammlung erwartungsgemäß die Umbenennung in »Vereinigung für Recht und Gesellschaft« beschlossen. Prof. Jost, Bielefeld, RiBVerfG Prof. Bryde und ich haben zwar protestiert, aber doch nur zaghaft, denn es ist Sache der nächsten Generation zu bestimmen, unter welchem Namen sie auftreten will. Auf der Versammlung wurde berichtet, dass in den letzten zwei Semestern weniger als die Hälfte der deutschen Rechtsfakultäten noch eine Lehrveranstaltung mit dem Titel »Rechtssoziologie« halten ließ. Warum auch, wenn die Fachgemeinschaft sich nicht mehr traut. In ihrem Grußwort zur Tagung hatte die Justizministerin des Bundes meine Formulierung von der Rechtssoziologie als Erfolgsgeschichte zitiert. Das ist mir trotzdem nicht peinlich, denn ich bin davon überzeugt, dass Rechtssoziologie, wenn auch teilweise unter fremden Namen, weiter Wirkung zeigen wird.
Anmerkungen
↑1 | Die Tagung war inhaltsreich und angenehm. Ich fürchte, dass ich nicht mehr dazu komme, etwas zu berichten, weil ich gleich wieder verreisen muss. |
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7 comments on “Die Deinstitutionalisierung der Rechtssoziologie schreitet fort”
Für mich ist nicht die Umbenennung das Problem, sondern der Anspruch, der damit einhergeht – und der meiner Ansicht nach noch nicht ausreichend eingelöst wird. Mit dem Namen “Recht und Gesellschaft” wird bewusst die Nähe zur “Law and Society Association” und anderen Vereinigungen gesucht, die “Recht und Gesellschaft” im Namen tragen, und für interdisziplinär ausgerichtete empirische Forschung stehen. Das Problem ist, dass die Vereinigung immer noch weitgehend eine Organisation für Jurist/inn/en ist und nach Auskunft des Vorstandes — soweit ich das richtig verstanden habe — auch weiterhin sein soll. Die Umbenennung soll die Vereinigung somit für Rechtswissenschafter/innen öffnen, die sich sich bisher nicht mit der Rechtssoziologie identifiziert haben. Das ist ein wichtiges, begrüßenswertes Ziel. Allerdings steht “Recht und Gesellschaft” international für Organisationen, die eher gleichwertig aus Forschenden der Rechts- und Sozialwissenschaften, z.T. auch aus den Geisteswissenschaften zusammengesetzt sind. In der amerikanischen “Law and Society Association” kommt ein großer Teil der Mitglieder und der führenden Persönlichkeiten aus den Sozialwissenschaften. Wie ich in der Diskussion anmerkte, würde ich von einer “Vereinigung für Recht und Gesellschaft” erwarten, dass sie sich auch dafür interessiert, wie die Ausbildungsinhalte zu Recht etwa in der Politikwissenschaft aussehen oder versuchen, prominente Vertreter aus den Sozialwissenschaften für den Vorstand gewinnen, etc. Nur dann ist damit zu rechnen, dass sich Sozialwissenschafter/innen angesprochen oder vertreten fühlen und sich die Mitgliederbasis dauerhaft und nachhaltig vergrößert.
Die Umbenennung ist ein wichtiger und richtiger Schritt – denn sie staerkt die Rechtssoziologie, verbreitert aber ihre methodologischen Moeglichkeiten und das identifikatorische Angebot, das mit solchen symbolischen Akten immer einhergeht. Ich hoffe, dass damit sowohl die Sozialwissenschaften wie auch die Kulturwissenschaften, die nicht zuletzt die Berliner Tagung zu einem sehr inspirierenden Erlebnis gemacht haben, unsere Ueberlegungen bereichern werden. Hier traut sich die Vereinigung, offensiv die auch eigenen Grenzen zu ueberwinden. Und wir werden mit den Justizministerien sprechen muessen, um das auch in der Ausbildung zu verankern. Von allein oder aus staatlichem oder berusfstaendischem Interesse hat sich gerade da ja noch nie etwas bewegt!
Dass Johannes Rux in seinem Editorial zur neusten Ausgabe der ‘Rechtswissenschaft’ davon spricht, “die Rechtssoziologie” habe “in jüngster Zeit einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt” (abrufbar unter http://www.rechtswissenschaft.nomos.de/?id=523 ), ist natürlich erfreulich, entspricht aber – sieht man einmal von den Vertretern der Systemtheorie ab – ganz und gar nicht meiner eigenen Wahrnehmung. Ich stimme vielmehr der Einschätzung von Christian Boulanger zu. Die Law & Society Association, die ja Vorbild herhalten soll, ist sowohl inhaltlich als auch personell deutlich anders strukturiert. Aber natürlich lassen sich Wissenschaftskulturen nicht einfach übertragen, so man dies überhaupt für sinnvoll halten mag.
Michael Wrase
Und genau diese Falllösungstechnik preisen Claus-Wilhelm Canaris und Reiner Schmidt in ihrem Gastbeitrag
Hohe Kultur – Schlechte Juristen erkennt man an ihrer mangelnden Fähigkeit zur überzeugenden Lösung von Fällen in de FAZ !
“….In Wahrheit ist es jedoch gerade die Falllösung, in der sich die Wissenschaftlichkeit der Jurisprudenz bewährt.”