Kirste und Eidenmüller über Selbstbestimmungsrecht und Paternalismus

Die (negative) Freiheit [1]Zum Freiheitsbegriff vgl. den Exkurs »Der Begriff der Freiheit« aus der »Allgemeinen Rechtslehre« (S. 146-150), der als Preprint im Internet abrufbar ist. des Bürgers äußert sich in seinem Selbstbestimmungsrecht. Grenzen dieser Freiheit bilden nach Art 2 Abs. 1 GG die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung und das Sittengesetz. Der Verweis auf die verfassungsmäßige Ordnung bedeutet einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Die Rechtsordnung ist jedoch so dicht, dass auch die Rechte anderer und das Sittengesetz praktisch immer nur in ihrer Ausgestaltung durch positives Recht zum Tragen kommen. Wenn es aber um die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe oder um die Verfassungsmäßigkeit positivrechtlicher Freiheitsbeschränkungen geht, kommt indirekt doch wieder das Sittengesetz ins Spiel. Der Ausdruck wirkt heute etwas verstaubt. Der liberale (negative) Freiheitsbegriff kann damit nicht viel anfangen. Das positive Freiheitsverständnis füllt das Sittengesetz dagegen mit Vorstellungen, die man zeitgemäß als kommunitaristisch kennzeichnet. Schulbeispiel ist der so genannte Zwergenweitwurf, der es sogar zu Wikipedia-Ehren gebracht hat. Das Verwaltungsgericht Neustadt (NVwZ 1993, 98) hielt diese im Schaustellergewerbe verbreitete Übung für sittenwidrig, so dass sie nach § 33a Abs. 2 S. 2 GewO nicht genehmigungsfähig. Auch sei sie nicht nach § 33a Abs. 1 S. 2 GewO genehmigungsfrei, denn das sportliche oder akrobatische Element stehe nicht im Vordergrund. Diese Entscheidung hat weitgehend Zustimmung gefunden. Die betroffenen kleinwüchsigen Menschen sind jedoch teilweise anderer Ansicht, nicht nur, weil sie einige damit eine Erwerbsmöglichkeit verlieren, sondern auch, weil sie gerade durch solche Bevormundung ihre Menschenwürde tangiert sehen.
»Jeder soll nach seiner Façon selig werden.« Diesen Satz hatte Friedrich II. 1740 zwar nur auf die Religionsfreiheit der Juden gemünzt. In erweitertem Sinne enthält er jedoch das Credo des Liberalismus. In der Rechtsphilosophie beruft man sich natürlich auf Kant, der diesen Gedanken 1793 so formuliert hat:

»Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (d. i. diesem Rechte des andern) nicht Abbruch tut.«

Und Kant hat auch gleich das Gegenstück zu solcher Freiheit beim Namen genannt:

»Eine Regierung, die auf dem Princip des Wohlwollens gegen das Volk als eines Vaters gegen seine Kinder errichtet wäre, d. i. eine väterliche Regierung (imperium paternale ), wo also die Untertanen als unmündige Kinder, die nicht unterscheiden können, was ihnen wahrhaftig nützlich oder schädlich ist, sich bloß passiv zu verhalten genötigt sind, um, wie sie glücklich sein sollen, bloß von dem Urteile des Staatsoberhaupts und, daß dieser es auch wolle, bloß von seiner Gültigkeit zu erwarten: ist der größte denkbare Despotismus.« [2]Kant, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, II.

Von Paternalismus als von einer Einstellung, nach welcher der Staat berechtigt und verpflichtet ist, für das Glück der Menschen zu sorgen, war in der deutschen Rechtsphilosophie bisher wenig die Rede. In der amerikanischen Rechtsphilosophie ist Paternalismus dagegen ein geläufiger Kampfbegriff des Liberalismus. Als solcher wurde er auch in Deutschland durch das Buch »Nudge« von Richard H. Thaler und Cass B. Sunstein bekannt. [3]Dazu der Eintrag »Nudge« vom 21. 7. 2009. 2011 hat die Juristenzeitung nun in demselben Heft gleich zwei Aufsätze veröffentlicht, die den Paternalismus im Titel tragen, nämlich »Harter und weicher Rechtspaternalismus« von Stephan Kirste (JZ 2011, 805-814) und »Liberaler Paternalismus« von Horst Eidenmüller (JZ 2011, 814-821). Die Aufsätze sind anscheinend ohne Bezug aufeinander verfasst worden, ergänzen sich aber gut. Nur die Begriffe passen nicht zueinander. Immer geht es beim (rechtlichen) Paternalismus um die Frage, ob die Rechtsordnung Menschen ohne oder gar gegen ihren Willen zu einem Verhalten veranlassen soll, das sie selbst nicht wählen würden, das aber von der höheren Warte des Rechts letztlich in ihrem eigenen Interesse zu liegen scheint. Mit anderen Worten, es geht darum, ob das Recht den Menschen zu ihrem Glück verhelfen oder verhindern soll, dass sie sich willentlich in ihr Unglück stürzen. Harter Paternalismus erreicht dieses Ziel durch Gebote oder Verbote. Autofahrern wird geboten, den Sicherheitsgurt anzulegen. Weicher Paternalismus begnügt sich mit Warnhinweisen oder Informationsangeboten, überlässt aber den Handlungsentschluss den Betroffenen. Kirste befasst sich mit einer langen Liste einschlägiger Fälle insbesondere aus dem Bereich der Medizinethik, die er unter dem Aspekt des Paternalismus mit einer liberalen Grundtendenz durchdekliniert. Den weichen Paternalismus hält Kirste schon als begriffliche Kategorie für überflüssig, weil er das Selbstbestimmungsrecht unberührt lasse.
Eidenmüller befasst sich hauptsächlich mit der von Kirste für überflüssig gehaltenen Kategorie des weichen Paternalismus. Er fragt, ob es einen rechtlichen Paternalismus gebe, der ohne erhebliche Freiheitsbeschränkungen auskomme. Dazu unterscheidet er unterscheidet zwischen Wertepaternalismus und Defizitpaternalismus [4]Dieser Ausdruck ist von mir(KFR).. Der Wertepaternalismus will die vorgefundenen Präferenzen der Menschen von der höheren Warte einer objektiven Wertordnung korrigieren. Der Defizitpaternalismus dagegen soll Rationalitätsdefizite ausgleichen, unter denen jeder Handlungsentschluss mehr oder weniger leidet. Wertepaternalismus, so Eidenmüller, sei immer mit Freiheitsbeschränkungen verbunden. Das heißt wohl, er läuft immer auf ein Gebot oder Verbot hinaus. Wertepaternalismus wäre danach im Sinne Kirstes harter Paternalismus. Defizitpaternalismus hat dagegen eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, die den Handlungsentschluss letztlich dem Betroffenen überlassen. Das beginnt bei bloßen Warnhinweisen (»Rauchen kann tödlich sein.«), Informationsangeboten und Pflichtberatungen und reicht über die Bereitstellung dispositiven Rechts bis hin zu Opt-Out-Lösungen (wie sie für die Einwilligung zur Organspende erörtert werden). Mit der Begriffsarbeit ist nicht alles, aber doch schon eine ganze Menge gewonnen. Eidenmüller versteht den liberalen Paternalismus als ein rechtspolitisches Begründungskonzept, dem allerdings ein normatives Fundament fehle, wenn es nicht das Effizienzprinzip der ökonomischen Analyse des Rechts übernehme. Er hält es für einen naiven und unbegründeten Trugschluss vom Sein auf ein Sollen, wenn man die Legitimation eines rechtlichen Paternalismus aus der Tatsache der von der Psychologie beschriebenen Rationalitätsdefizite ableite. Das ist m. E. ein falscher Akzent. Natürlich, als logischer wäre der Schluss von den Rationalitätsdefiziten menschlicher Entscheidungen auf die Zulässigkeit oder Notwendigkeit rechtlicher Schutzvorkehrungen verfehlt. Aber als bewusste Wertung ist er mindestens plausibel und liegt als solcher dem gesamten Verbraucherschutzrecht zugrunde. Das Problem ist die »Erheblichkeit« der Freiheitsbeschränkungen, die auch mit einem liberalen (Defizit-)Paternalismus verbunden sind. Die Belästigungen, die die Betroffenen dabei hinnehmen müssen, sind durch den möglichen Rationalitätsgewinn ihrer Entscheidungen leicht zu rechtfertigen. In aller Regel verlangen die paternalistischen Maßnahmen aber heftige Freiheitsbeschränkungen bei Dritten, insbesondere bei den Anbietern von Waren und Dienstleistungen, denen aufgegeben wird, Information und Beratung bereit zu stellen. Auch das lässt sich bis zu einem gewissen Grade rechtfertigen, muss aber doch bedacht werden.
Eidenmüller kritisiert außerdem, dass der liberale Paternalismus »sich auf die Mikroebene der Präferenzbeeinflussung konzentrier[e] und Einflussfaktoren auf der Makroebene ausblende[e]«. Die Überlegung ist als solche sicher zutreffend. Die individuellen Präferenzen werden weitgehend »auf einer Makroebene von dem sozialen, politischen und rechtlichen Umfeld beeinflusst« (S. 820). Aber eine Präferenzbeeinflussung auf der Makroebene läuft doch wohl auf einen Wertepaternalismus hinaus und fällt damit von vornherein aus dem Spektrum des liberalen Paternalismus heraus.

Nachtrag vom 4. 3. 2015:
Der so genannte liberale Paternalismus ist inzwischen zu einem allgemeinen Diskussionsthema geworden; vgl. z. B.
Corinna Budras, Der Vormund, FamS vom 10. 2. 2015
Werner Mussler, Ausgeschubst. Die Probleme mit dem liberalen Paternalismus, FAZ Wirtschaftsblog vom 11. 4. 2012
Cass Sunstein, einer der beiden Patentinhaber, war im Januar persönlich zu einer Konferenz in Berlin. Daher war Nudging ausführlich Thema auf verfassungsblog.de.
Unter den deutschen Ökonomen hat sich besonders Jan Schnellenbach um das Thema bemüht.
Näheres dazu auf seiner Webseite, wo die folgenden Titel heruntergeladen werden können:
Neuer Paternalismus und individuelle Rationalität: eine ordnungsökonomische Perspektive, List-Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 40, 2014, 239-257
Nudges and Norms: The Political Economy of Soft Paternalism, European Journal of Political Economy 28, 2012, 266-277 []
Wohlwollendes Anschubsen: Liberaler Paternalismus und seine Nebenwirkungen. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 12, 2011, 445-459
Some Notes on the Nudge: The Political Economy of Libertarian Paternalism in Democratic Societies (May 27, 2011). Verfügbar bei SSRN: http://ssrn.com/abstract=1854670.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Zum Freiheitsbegriff vgl. den Exkurs »Der Begriff der Freiheit« aus der »Allgemeinen Rechtslehre« (S. 146-150), der als Preprint im Internet abrufbar ist.
2 Kant, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, II.
3 Dazu der Eintrag »Nudge« vom 21. 7. 2009.
4 Dieser Ausdruck ist von mir(KFR).

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Kleiner Nachtrag zur Juristenausbildung und zur nachfolgenden Karriere in der Rechtssoziologie

Sie wollen also Jura studieren?
und anschließend
sich für Rechtssoziologie habilitieren?
Nun denn,
Fröhliche Weihnachten!

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Volkswagen Stiftung checkt Juristenausbildung: Rechtsgestalter als Dezisionsjuristen

Im Eintrag vom 8. 12. 2011 hatte ich angekündigt, noch einmal zu der im Tagungsprogramm als »neuem Akzent für die Juristenausbildung« betonten Rechtsgestaltung zu schreiben. Der »Akzent« wurde gleich am ersten Tag mit zwei Vortragsblöcken gesetzt. In dem ersten Block ging es um die Gesetzgebung. Es referierten Felix Uhlmann (Zürich) über »Rechtsgestaltung durch den Gesetzgeber«, Stephan Breidenbach (Frankfurt/Oder) über »Das ›schwarze Loch‹ in der Gesetzgebung« und Heinz Schöch (München) über »Rechtsgestaltung durch Experimente in Strafverfahren«. Es bringt nichts, wenn ich die Kurzreferate noch einmal verstümmelt referiere. [1]Auf Uhlmanns Webseite gibt es informative Folien zu seiner Vorlesung »Rechtssetzungslehre« sowie interessante Links und Veröffentlichungen zum Download, darunter Uhlmanns Beitrag zur Festschrift … Continue reading Es soll ohnehin alles schnell gedruckt werden. Daher zu jedem der drei Referate nur jeweils eine Anmerkung. Bei Uhlmann ist mir aufgefallen, dass er eine »präzise Rechtssprache« einforderte. Diese Forderung steht in einem deutlichen Gegensatz zur Sprachskepsis vieler Rechtsmethodiker. Was Breidenbach geheimnisvoll als »Schwarzes Loch« in der Gesetzgebung angekündigt hatte, entpuppte sich als die unbekannte Tätigkeit des Referenten, der ein neues Gesetz schreibt. Breidenbach füllte das Loch mit 13 Ratschlägen und der Warnung, zu früh mit der Formulierung des Textes zu beginnen: »Erst denken, dann zeichnen, dann arbeiten.«
Schöch wies darauf hin, dass die Strafprozessordnung allerhand Spielraum zum Experimentieren lasse und nannte Beispiele, wie der Spielraum genutzt werden kann, um das Denken in Alternativen zu üben (Rollenspiele zum Wechselverhör, Jugendgerichtsverhandlung am runden Tisch, informelles Tatinterlokut, frühe Strafverteidigung). Ich fühlte mich an die Experimente von Rolf Bender zur »Hauptverhandlung im Zivilprozess« erinnert. [2]Zur Bedeutung solcher Experimente als Innovationsmöglichkeit vgl. Ökonomisierung der Justiz und richterliche Unabhängigkeit, in: Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Europa (Hg.), … Continue reading
Kritisch will ich zwei Vorträge aus dem Nachmittagsprogramm herausgreifen, in denen es um »Vertragsgestaltung als Gegenstand der Juristenausbildung« ging. Es referierten der Hamburger Notar Peter Rawert (»Rechtsgestaltung durch Private«) und der Bonner Rechtsanwalt Stephan Schauhoff (»Rechtsgestaltung und Rechtsanwendung aus Sicht beratender Rechtsanwälte«). Meine Kritik betrifft nicht die Vorträge als solche – die waren perfekt –, sondern den Umstand, dass beide Referenten nicht über ihren juristischen Schatten springen konnten.
Rawert prägte den schönen Begriff des Dezisionsjuristen, um sich als Gestalter davon abzusetzen. Der streitentscheidende Richter als Leitbild der Juristenausbildung sei mindestens für das Zivilrecht überholt. Vorbeugende Rechtsgestaltung sei gefragt. Letztlich gehe es immer nur darum, wie man Konflikte durch die klare Formulierung des Vertrages vermeiden könne. Das Gesetz müsse dazu durch eine lex contractus ergänzt werden. Für das Gelingen sei entscheidend die Fähigkeit zur Prognose der tatsächlichen und der rechtlichen Entwicklung. Es gelte, den sichersten Weg für den Mandanten zu finden. Schauhoff stimmte ein: Rechtsgestaltung, wie die Mandanten es erwarten. Und wie erwarten es die Mandanten? Woran entscheidet sich der Prognoseerfolg? Anscheinend alleine daran, dass der Richter im Streitfall zugunsten des Mandanten entscheidet. Natürlich gibt es ein Prognoserisiko. Aber, so Rawert in der Diskussion, im Ernstfall müsse man den Gerichten zur Vermeidung der eigenen Haftung zeigen können, was man alles bedacht habe. Damit haben beide, ohne es zu merken, den Rechtsgestalter zum Superdezisionsjuristen gemacht. Sie fordern von ihm nicht die retrospektive, sondern die prospektive Entscheidung. Er soll nicht bloß wie ein Richter einen bereits in der Vergangenheit liegenden Fall beurteilen, sondern hypothetisch einen, der erst in Zukunft akut wird und hinsichtlich dessen noch manche Details ungewiss sind. Aber denken wie ein Richter soll der Gestalter eben doch. Man ist aber wohl realistisch genug, um bei der Vorhersage, wie ein Richter entscheiden dürfte, eine Portion Zynismus zu erwarten, oder, wie es Oliver Wendell Holmes formulierte: »The prophecies of what the courts will do in fact, and nothing more pretentious, are what I mean by the law«.
Die Rechtssoziologie bietet eine Alternative an. Dort fragt man nämlich nicht in erster Linie nach dem Recht, sondern wie es kommt, dass die große Masse der Verträge – und darunter auch viele, die jeden Juristen grausen lassen – ohne viele Gedanken an Recht und Richter problemlos abgewickelt werden. Eine große Rolle spielen dabei außervertragliche Sozialbeziehungen zwischen den Vertragsparteien und Vertragsdurchsetzungsinstitutionen außerhalb des offiziellen Rechts. Aber die sind hier nur am Rande von Interesse, weil der Rechtsgestalter darauf wenig Einfluss nehmen kann. Interessant sind in erster Linie Gestaltungen, die zur Selbststabiliserung des Vertrages beitragen. Vier Gesichtspunkte will ich anführen:
1. die Auswahl des Vertragspartners,
2. die Fairness des Vertrages,
3. den Vertrag als Verhaltensprogramm und
4. die Relationalität des Vertrages.
Zu 1: Vor dem Vertragsinhalt kommt die Auswahl des Vertragspartners. Die obliegt allerdings selten dem Rechtsberater. Der verfügt aber über Instrumente, um die vom Mandanten getroffene Wahl zu überprüfen. Das hatte Rawert im Blick, als er darauf hinwies, die meisten Juristen seien nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht in der Lage, Handelsregister und Grundbuchauszüge zu lesen oder die Existenz und die Vertretungsbefugnisse bei ausländischen juristischen Personen zu ermitteln. An dieser Stelle würde ich nur eine andere Betonung vorschlagen. In der juristischen Ausbildung geht es kaum darum, die genannten Praxisfertigkeiten zu trainieren. Vielmehr kommt es darauf an, den Studenten ganz allgemein zu vermitteln, wie wichtig die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Vertragspartners für eine reibungslose Vertragsdurchführung sind, und die juristischen Instrumente, die bei der Auswahl des Vertragspartners bzw. ihrer Bestätigung helfen können, vorzustellen.
Zu 2: Die wichtigste Regel für die inhaltliche Gestaltung ist wohl die Ausgewogenheit des Vertrages. Der Tausch ist ein psychisch verankertes Grundelement des Sozialen. Es sorgt dafür, dass die Beteiligten stets die Ausgewogenheit ihrer Beziehungen im Sinne einer Bilanz im Blick haben. Dabei sehen sie nicht bloß auf das eigene Ergebnis, sondern bedenken auch die Erwartungen des Vertragspartners, denn sie verstehen das »give-and-take needed in business« (Macaulay). Das gilt nicht bloß für auf Fortsetzung angelegte Vertragsbeziehungen. Mit einiger Sicherheit darf man annehmen, dass faire Verträge, das heißt solche, bei denen sich keiner übervorteilt fühlt, eher konfliktfrei abgewickelt werden als ausbeuterische, bei denen es einem Vertragsteil gelingt, den Tauschgewinn an sich zu ziehen. Die Wünsche eines Mandanten, der den Vertragsgegner übervorteilen möchte, dürfen (nicht nur) daher keine Vorgabe für den Rechtsgestalter sein. Das haben Rawert und Schauhoff natürlich auch nicht behauptet. Aber es war auch keine Rede davon, dass die Aufgabe des Rechtsgestalters darin bestehen könnte, auf einen fairen Vertrag hinzuwirken.
Zu 3: Der Vertrag als Verhaltensprogramm
Die Ausarbeitung schriftlicher Verträge hat noch andere und vielleicht wichtigere Funktionen, als die Vorbereitung auf eine Anrufung des offiziellen Rechts. Sie dient der Selbststabilisierung des Vertrages, indem sie ein Verhaltensprogramm für die Durchführung entwirft. Mehr oder weniger ausführlich wird die Abwicklung des Vertrages in kleine Schritte zerlegt. Zahlungs- und Leistungstermine werden bestimmt. Es werden Leistungskontrollen vorgesehen und Ausfallsicherungen vereinbart (Vorauszahlungen, Akkreditive, Bankgarantien, Eigentumsvorbehalte). Mit der zeitlichen Dehnung der Vertragsabwicklung wächst das Vertrauen zwischen den Parteien. Die sachliche und zeitliche Programmierung erschwert das opportunistische Ausbrechen aus dem Vertrag. Bei komplexen Vertragsgegenständen, insbesondere dann, wenn sich die Abwicklung über längere Zeit hinzieht, kann auch ein laufendes Reporting und Monitoring hilfreich sein. [3]Thomas Dietz hat am Beispiel von Softwareentwicklungsverträgen deutscher Unternehmen mit Partnern in Indien, Bulgarien und Rumänien beschrieben, wie solche Programmierung konkret aussieht … Continue reading Aber auch bei simpleren Austauschverhältnissen kann der Vertrag als Verhaltensprogramm die Abwicklung stabilisieren. Ein insofern unscheinbares, aber wirksames Vertragselement ist das Rücktrittsrecht, das für Haustürgeschäfte und Fernkäufe von Konsumenten vorgesehen ist. Auch bei solchen Verträgen ist inzwischen über das Internet oft sozusagen eine Real-Time-Kontrolle der Vertragsabwicklung möglich. Es gibt spezialisierte Berater, die ihre Hilfe zu solcher Selbststabilisierung von Verträgen als »Proactive Contracting« anbieten. Hilfsmittel sind besondere Computerprogramme und Visualisierungen. [4]Z. B. Helena Haapio mit der Firma Lexpert.
Zu 4: Der Vertrag als soziale Beziehung (Relational Contract)
Macaulays berühmte Untersuchung von 1963 [5]Stewart Macaulay, Non-contractual Relations in Business, ASR 28, 1963, 55-69 hatte gezeigt, dass das Konfliktverhalten der Beteiligten bei geschäftlichen Dauerbeziehungen nicht den Vorgaben des klassischen Vertragsrechts folgt, weil es auf die Fortsetzung der Austauschbeziehungen ausgerichtet ist. Im Anschluss daran hat der Jurist Macneil [6]Wikipedia über Macneil: http://en.wikipedia.org/wiki/Talk:Ian_Roderick_Macneil. die Figur des Beziehungsvertrages (relational contract) herausgearbeitet. [7]Ian Macneil: The Many Futures of Contract, Southern California Law Review 47, 1973/1974, 691-816; Contracts: Adjustments of Long-Term Economic Relations Under Classical, Neoclassical, and Relational … Continue reading Maßgeblich war der Gesichtspunkt, dass Verträge insofern »relational« sind, als sie sich in der Regel nicht in einem punktuellen Leistungsaustausch erschöpfen, sondern mehr oder weniger auf Dauer gestellt sind und dadurch eine Beziehung begründen. Die Übergänge sind, wie überall, fließend. Auf dem unteren Ende der Skala liegt die discrete transaction, der einmalige, sofort vollzogene Leistungstausch, z. B. der Kauf von Benzin an einer Tankstelle, die man voraussichtlich nie wieder aufsuchen wird. Auf dem relationalen Ende liegt etwa ein Franchise-Vertrag, der über Jahre und Jahrzehnte fortgesetzt werden kann. Der Beziehungscharakter des Vertrages wird potenziert, wenn mehr als zwei Personen daran beteiligt sind. In der Rechtsdogmatik ist von komplexen Langzeitverträgen die Rede. [8]Der von dem Juristen Macneil geprägte Begriff des relational contract ist von Rechtssoziologie und ÖAR übernommen worden. Dabei wird aber nicht immer beachtet, dass er eigentlich nur die durch den … Continue reading
Die Vertragsbeziehung gewinnt ihre Substanz zunächst aus dem Vertragsinhalt. Der Vertrag enthält ein Programm zu Koordination des Verhaltens bei der Abwicklung des vereinbarten Austauschgeschäfts. Das staatliche Recht hat zwar auch Normen für langfristige und komplexe Verträge. Aber es passt doch eher für »diskrete« Austauschbeziehungen. Je relationaler der Vertrag, umso mehr müssen die Parteien selbst den Vertragsinhalt festlegen.
Ein Vertrag wäre vollständig oder perfekt, wenn er ex ante für alle künftig auftauchenden Probleme Lösungen bereithielte. Solche Perfektion ist, zumal bei Langzeitverträgen, praktisch nicht zu erreichen. Die Entdeckung der Relationalität von Verträgen hat zu der Beobachtung geführt, dass Vertragsbeziehungen bis zu einem gewissen Grade über Mechanismen für die Füllung solcher Rechtslücken verfügen. Die Parteien suchen auf ihr Austauschgeschäft zugeschnittene Vertragsinstrumente, sie lassen Lücken oder einigen sich auf Verfahren, mit denen sie sich bei Bedarf neu arrangieren können.
Für die Vertragsgestaltung kann man daraus lernen, dass es nicht unbedingt darauf ankommt, alle Eventualitäten ex ante zu regeln. Wichtiger sind Möglichkeiten zur Konkretisierung und für Anpassungen, die über das hinausgehen, was das Vertragsrecht immer schon bei den sog. Dauerschuldverhältnissen vorgesehen hat (wie z. B. die Kündigung aus wichtigem Grund). So kann es sinnvoll sein, Verträge zum Teil bewusst lückenhaft zu gestaltet und dafür Anpassungsklauseln und Nachverhandlungen vorzusehen. Notfalls erfolgt die Anpassung mit Hilfe Dritter (Sachverständiger oder gar Schiedsrichter). Dass solche Offenheit relativ gut funktioniert, hat seine Grundlage eben in dem komplexen Beziehungscharakter der Verträge.
Das alles und viel mehr haben erfahrene Vertragspraktiker wie Rawert und Schauhoff sicher im Hinterkopf, und es kam auf der Veranstaltung in Celle, von der Zeitknappheit einmal abgesehen, nur deshalb nicht zur Sprache, weil für Juristen mit großer praktischer Erfahrung vieles selbstverständlich ist, was in der Theorie mit einigem Aufwand formuliert wird. Wenn man das implizite Wissen der Praxis (und darüber hinaus auch etwas kritische Distanz) schon in der Ausbildung vermitteln will, ist daher der Rückgriff auf die Rechtssoziologie angesagt.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Auf Uhlmanns Webseite gibt es informative Folien zu seiner Vorlesung »Rechtssetzungslehre« sowie interessante Links und Veröffentlichungen zum Download, darunter Uhlmanns Beitrag zur Festschrift Richli (»Interdisziplinarität in Rechtsetzung und Rechtsetzungslehre«.
2 Zur Bedeutung solcher Experimente als Innovationsmöglichkeit vgl. Ökonomisierung der Justiz und richterliche Unabhängigkeit, in: Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Europa (Hg.), Impulse für eine moderne und leistungsstarke Justiz, 2009, S. 103-118, S. 116 f.
3 Thomas Dietz hat am Beispiel von Softwareentwicklungsverträgen deutscher Unternehmen mit Partnern in Indien, Bulgarien und Rumänien beschrieben, wie solche Programmierung konkret aussieht (Relationale Verträge und Reputationsnetzwerke im internationalen Handel, Zeitschrift für Rechtssoziologie 30, 2009, 165-184).
4 Z. B. Helena Haapio mit der Firma Lexpert.
5 Stewart Macaulay, Non-contractual Relations in Business, ASR 28, 1963, 55-69
6 Wikipedia über Macneil: http://en.wikipedia.org/wiki/Talk:Ian_Roderick_Macneil.
7 Ian Macneil: The Many Futures of Contract, Southern California Law Review 47, 1973/1974, 691-816; Contracts: Adjustments of Long-Term Economic Relations Under Classical, Neoclassical, and Relational Contract Law, Northwestern University Law Review, 72, 1977/1978, 854-906; The New Social Contract: An Inquiry into Modern Contractual Relations, 1980; ders., Relational Contract: What We Do and Do Not Know, Wisconsin Law Review 1985, 483-525; Relational Contract Theory: Challenges and Queries, Northwestern University Law Review 94, 2000, 877-907. Dazu aus deutscher Sicht Jürgen Oechsler, Wille und Vertrauen im privaten Austauschvertrag. Die Rezeption der Theorie des Relational Contract im deutschen Vertragsrecht in rechtsvergleichender Kritik, RabelsZ 60, 1996, 91-124.
8 Der von dem Juristen Macneil geprägte Begriff des relational contract ist von Rechtssoziologie und ÖAR übernommen worden. Dabei wird aber nicht immer beachtet, dass er eigentlich nur die durch den Vertrag selbst begründete Beziehung zwischen den Beteiligten erfasst. Tatsächlich sind aber alle Verträge mehr oder weniger in vertragsexterne soziale Beziehungen eingebettet. Auch die wollte Macneil später mit seiner Begriffsbildung erfassen. Aber damit verliert sie ihre Unterscheidungskraft.

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Die Rechtswissenschaft und ihre Grundlagenfächer haben bei der Volkswagen Stiftung immer ein offenes Ohr und nicht selten auch ein offenes Säckel gefunden. Am 6. und 7. Dezember fand in dem wunderbar restaurierten Plenarsaal des OLG Celle die erste von zwei Tagungen der Volkswagen Stiftung über »Rechtsgestaltung – Rechtskritik – Konkurrenz von Rechtsordnungen. Neue Akzente für die Juristenausbildung« statt. Eine zweite Veranstaltung gleichen Formats soll am 23. Und 24. Februar 2012 in Berlin folgen. [1]Hier das Tagungsprogramm als PDF. Nach der Teilnehmerliste waren es 69 Personen, die nach meinem Eindruck auch fast alle präsent waren. Drei Themenfelder wurden behandelt:

1) Rechtsgestaltung als Ergänzung zu der bisher klar dominierenden Rechtsanwendung
2) Systematische Vermittlung von Ansätzen und Vorgehensweisen der Rechtskritik
3) Konkurrenz von Rechtsordnungen, insbesondere USA-Deutschland, nationales und Europarecht

Drei weitere sind für den nächsten Durchgang in Berlin vorgesehen:

4) Vorfeld-»Kolonisation« durch Recht (Compliance, Governance, Mediation)
5) Neuorientierung der Methodenlehre über die bloße Rechtsanwendung hinaus auch auf Rechtsgestaltung und Rechtskritik
6) Didaktik der Juristenausbildung unter Berücksichtigung angrenzender Fachgebiete.

Das Konzept stammt von Professor Dr. Hagen Hof, der auch als Regisseur tätig war. [2]Hier die Tagungskonzeption als PDF. Die Regie hatte 24 Vorträge vorgesehen, davon ein Drittel mit 20 Minuten, die anderen mit zehn Minuten. Ich war skeptisch, ob das funktionieren könnte. Aber es funktionierte glänzend. Nicht nur hielten sich alle an die Zeiten, sondern es gab auch inhaltlich keinen Ausfall, und ich als Zuhörer hatte kein Problem, von Anfang bis Ende aufmerksam zu sein. Schließlich blieb auch noch Zeit für substantielle Diskussionen. Das Niveau der Fürsorge für Leib und Seele durch Stiftung und OLG entsprach der Intensität der Arbeit.
Bevor ich in einem weiteren Eintrag einen oder mehrere Punkte herausgreife, will ich heute nur einen allgemeinen Eindruck notieren.
Eine Strukturreform der Juristenausbildung stand nicht zur Debatte, nachdem die Justizministerkonferenz vom 18. und 19. Mai 2011 in Halle sich gegen die allgemeine Übernahme des Bachelor-Master-Modells und für die Beibehaltung des Einheitsjuristen ausgesprochen hatte. Es ging daher jetzt um Fragen des Curriculums und der Didaktik. Aus allen Beiträgen sprach mehr oder weniger laut ein Lob der deutschen Juristenausbildung und als deren Kern der klassischen Rechtsdogmatik. So viel Affirmation gab es bisher selten. Aber natürlich gab es dann auch Kritik und Verbesserungswünsche. Durchgehend war vor allem der Ruf nach der Vermittlung von Strukturwissen zu hören, das sich auch bei unbekannten Materien und bei der laufenden Veränderung des Rechtsstoffs bewährt und die deutsche Jurisprudenz international anschlussfähig macht. Ich habe diese Stimmen als Plädoyer für eine Allgemeine Rechtslehre verstanden. Aber so ausdrücklich hat das niemand gesagt.
Von Bogdandy kritisierte, dem juristischen Studium in Deutschland fehle der intellektuelle Glanz, der es in der Konkurrenz mit anderen Fächern und mit dem Ausland für die besten Köpfe attraktiv mache. Das blieb nicht unwidersprochen. Ich würde von Bogdandy eher zustimmen, aber auch gleich eine Ursache benennen wollen, nämlich die Konzentration der Mittel auf außeruniversitäre Eliteforschung und das kräftezehrende Wettrennen um Exzellenzförderung, dem sich die Jurisprudenz lieber entzieht.
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Die »Konkurrenz der Rechtsordnungen« kam dramatisch in einem Vortrag des Münchener Anwalts Dr. Ulrich Wastl über die von der amerikanischen SEC veranlassten »Privatermittlungen« in der Korruptionsaffäre der Siemens AG zur Sprache. [9]Worum es geht, kann man weitgehend einem Interview Wastls vom 7. 8. 2008 in der »Wirtschaftswoche« entnehmen. Vgl. Ferner Ulrich Wastl, Zwischenruf: Privatisierung staatsanwaltschaftlicher … Continue reading Erstaunlich, dass das Thema in den Diskussionen überhaupt nicht aufgegriffen wurde. Am Redner lag es nicht. Anscheinend waren die Hörer sprachlos angesichts des ungeheuren Betrages von 1,1 Milliarden EUR Ermittlungskosten für Anwälte und Wirtschaftsprüfer. Eher konnten sie mit dem glasklaren Vortrag von Henning Radtke (Hannover) etwas anfangen, der am Beispiel des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots (Stichwort: Sicherungsverwahrung) die Kompetenzkonflikte im europäischen Mehrebenensystem und die deutsche Reaktion auf die Urteile des EMGH darstellte.
Noch nicht erwähnt habe ich, wie sich die vom Veranstalter im Ausbildungsprogramm vermisste Rechtsgestaltung in der Tagung niederschlug. Dazu werde ich einen separaten Eintrag schreiben.
Nachtrag: Unter der Überschrift »Brot und Butter der meisten Juristen sind Blut und Blech« berichtet Miloš Vec in der FAZ vom 14. 12. 2011 (S. N5) [10]Anscheinend nicht in FAZ-Net. über die Celler Tagung. Von den »streitbaren Reformern«, die er im Untertitel anführt, habe ich nicht viel bemerkt. Im Übrigen fällt an dem Artikel auf, dass die Layout-Abteilung der Zeitung ihn mit einem unmotivierten Justitia-Bild versehen hat. [11]Dazu der Eintrag »Die Bilder der heimlichen Juristenzeitung« vom 19. 1. 2009. So kann man die Seriosität seiner Autoren untergraben.
Nachträglich habe ich in Fußnoten auf einschlägige Beiträge in dem Band von Judith Brockmann u. a. (Hg.), Exzellente Lehre im juristischen Studium, Auf dem Weg zu einer rechtswissenschaftlichen Fachdidaktik, Bd. 1, Baden-Baden 2011, hingewiesen.
Nachtrag Juni 2012:
Inzwischen ist der Tagungsband erschienen: Hagen Hof/Götz von Olenhusen (Hg.), Rechtsgestaltung – Rechtskritik – Konkurrenz von Rechtsordnungen. Neue Akzente für die Juristenausbildung, Baden-Baden, Nomos, 2012 (ISBN 978-3-8329-7362-9)
Hier die Zusammenfassung der Ergebnisse der Tagung aus der Feder von Wilhelm Krull und Hagen Hof.
Was auf der Tagung nicht zur Sprache kam, war die Frage nach der deutschen Juristenausbildung im europäischen Vergleich. Dazu gibt Matthias Kilian in den BRAK-Mittl 2/2012 S. 59-61 die Antwort (Die deutsche Juristenausbildung – wo steht sie im europäischen Vergleich«). Grundlage ist eine 2010 veröffentlichte Studie, in der der Verfasser die Juristenausbildung in 25 europäischen Staaten analysiert [12]Matthias Kilian, Modelle der Juristenausbildung in Europa: Eine Standortbestimmung, Bonn 2010. Der Bologna-Prozess sei in den anderen Ländern nur »formal implementiert worden, indem traditionelle Ausbildungsgänge in ein Bachelor- und ein Masterstudium gegliedert wurden«. Der wichtigste Unterschied zwischen Deutschland und Resteuropa scheint darin zu bestehen, dass hierzulande der Zugang zum Studium und später auch zum Anwaltsberuf sehr offen ist. Überall sonst wird vor, im und nach dem Studium stärker selektiert. Die post-universitäre Einheitsausbildung (Referendarausbildung) in Deutschland ist europaweit einzigartig. Sie öffnet vor allem den Zugang zum Anwaltsberuf. Diese Offenheit, die anscheinend bisher nicht zu einem Juristenproletariat geführt hat, gilt es zu verteidigen.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Hier das Tagungsprogramm als PDF.
2 Hier die Tagungskonzeption als PDF.
3 Alles andere wäre unrealistisch: Röhl, Wozu Rechtsgeschichte?, Jura 1994, 173-178.
4 Dazu für die Rechtssoziologie mein Eintrag vom 12. 9. 2008. Bemerkenswert der Eifer, mit dem sich Austin Sarat als »advocate for disciplinization« für eine Kanonisierung des Faches einsetzt. Zwar spricht er nicht von legal sociology oder sociology of law, sondern von »law and society scholarship«. Aber der Sprachgebrauch in den USA ist eben anders. Schon als Präsident der Law and Society Association hatte Sarat sich für eine »Kanonisierung« des Faches ausgesprochen. Bemerkenswert auch, dass er dafür Juristen (Jack Balkin und Sanford Levinson) zitiert: »Every discipline, because it is a discipline, has a canon, a set of standard texts, approaches, problems, examples, or stories that its members repeatedly employ or invoke, and which help define the discipline as a discipline.« (President’s Column: Every Good Discipline Deserves a Canon. Or How Can We Fight If We Aren’t Armed?, Law & Society Newsletter, November 1998, 1-5) Seither hat Sarat durch die Herausgabe von zahlreichen Readern und des »The Blackwell Companion to Law and Society« selbst erheblich zur Abgrenzung und Befestigung dieses Kanons beigetragen. (Caroll Seron (Hg.), The Law and Society Canon«, Ashgate 2005; Caroll Seron/Susan Silbey, Profession, Science and Culture: An Emergent Canon of Law and Society Research, in: Austin Sarat (Hg.), The Blackwell Companion to Law and Society, Blackwell Publishing 2004, 30-61.) Was im Einzelnen zum Kanon der Rechtssoziologie gehört, zeigt sich in der Literaturverzeichnissen von Lehrbüchern, in Literaturempfehlungen zu Lehrveranstaltungen und in gewohnheitsmäßig wiederkehrenden Zitationen.
5 Dazu noch ziemlich unentschlossen Pascale Cancik, Grundlagenfächer und Fachdidaktik – Fragen der Konzeption einer rechtwissenschaftlichen Fachdidaktik, in: Judith Brockmann u. a. (Hg.), Exzellente Lehre im juristischen Studium, Auf dem Weg zu einer rechtswissenschaftlichen Fachdidaktik, Bd. 1, Baden-Baden 2011, S. 115-125.
6 Zur »Wissenschaftlichkeit des juristischen Studiums« mein Beitrag in Judith Brockmann u. a. (Hg.), Exzellente Lehre im juristischen Studium, Auf dem Weg zu einer rechtswissenschaftlichen Fachdidaktik, Bd. 1, Baden-Baden 2011, S. 67-78.
7 In Deutschland ist der Versuch einer Implementation eines juristischen Szenarios in Second Life anscheinend versandet. Das UK Centre for Legal Education in Warwick scheint dagegen mit der Virtual Town of Ardcalloch erfolgreich eine virtuelle Rechtswelt für die juristische Ausbildung eingerichtet zu haben (etwas näher in meinem Blogeintrag vom 29. 4. 2010 »Von Lawville nach Ardcalloch«).
8 Björn Rüdiger, Neue Wege in der Juristenausbildung: Legal Clinics, Mootcourts und Praktikerseminare. Ein Tagungsbericht zur Praktischen Jurisprudenz, ZJS 2011 Heft 6, S. 583-586; Thomas Groß, Legal Clinics: praxisbezogenes Lernen im juristischen Studium, in: Judith Brockmann u. a. (Hg.), Exzellente Lehre im juristischen Studium, Auf dem Weg zu einer rechtswissenschaftlichen Fachdidaktik, Bd. 1, Baden-Baden 2011, S. 127-133, sowie meine Hinweise in dem Beitrag zur »Wissenschaftlichkeit des juristischen Studiums« (S. 69).
9 Worum es geht, kann man weitgehend einem Interview Wastls vom 7. 8. 2008 in der »Wirtschaftswoche« entnehmen. Vgl. Ferner Ulrich Wastl, Zwischenruf: Privatisierung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, ZRP 2011, 57 f.
10 Anscheinend nicht in FAZ-Net.
11 Dazu der Eintrag »Die Bilder der heimlichen Juristenzeitung« vom 19. 1. 2009.
12 Matthias Kilian, Modelle der Juristenausbildung in Europa: Eine Standortbestimmung, Bonn 2010.

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Ein starkes Stück Kulturwissenschaft: Cornelia Vismanns Tribunalisierungsthese II

Dieser Eintrag beendet die am 14. 11. begonnene und am 17. 11. sowie am 21. 11. im Blog »Recht anschaulich« fortgesetzte Besprechung des Buches »Medien der Rechtsprechung« von Cornelia Vismann.
Der Abschnitt mit der Überschrift »Courtroom-Drama« steht noch im Kapitel über das »Cine-Gericht«. Unter einem courtroom-drama versteht Vismann aber hier nicht, wie üblich, bloß fiktive Darstellungen von Gerichtsszenen, sondern Filme, die die Judenvernichtung thematisieren. Dazu rechnet sie auch die Filmdokumentationen, die im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zu Beweiszwecken vorgeführt wurden und die Filme, mit denen dieses und andere reale Gerichtsverfahren dokumentiert wurden. Die Parallelisierung von Fiktion, Dokumentation und auch Realität findet sich an vielen Stellen des Buches. Literarisch wird sie durch die Berufung auf die Theatergruppe Rimini gestützt.
In der Sache konzentriert sich der Abschnitt über das »Courtroom-Drama« auf die höchst aufwendigen technischen und personellen Vorkehrungen für das Simultan-Dolmetschen in Nürnberg. Er konstatiert zunächst, dass die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse in bis dahin unvorstellbarer Weise für akustische und visuelle Medien geöffnet wurden, um sich dann darauf zu zeigen, wie die seinerzeit neuartige Technik des Simultandolmetschens dem Verfahren ihren Stempel aufdrückte. Soweit das deskriptiv geschieht, liest es sich spannend. Mit der Interpretation kann ich aber wenig anfangen: »Damit hätte die Stimme einen eigentümlich raumlosen Raum gefunden, in dem der Nachhall der Stimme als das Nicht-Identische des Subjekts vernehmbar wird.« (S. 235) Am Ende S. 240 gibt es immerhin eine These: Die Technik des Simultandolmetschens gehört inzwischen bei internationalen Tribunalen selbstverständlich dazu, nicht aber bei Verfahren der normalen Gerichten mit Beteiligten, für die in mehrere Sprachen übersetzt werden muss. Vismann sieht darin einen Unterschied zwischen Tribunal und Gericht. Die normalen Gerichte duldeten keine simultanen Reden, weil sie um ihre »Prozesshegemonie« oder »Diskursmacht« fürchteten. (S. 240) Mir scheint wichtiger, dass das Gerichtsverfahren durch das Simultandolmetschen sozusagen zur Telefonkonferenz unter Anwesenden wird. Interessant wäre vor allem, was Psychologen dazu zu sagen haben. Ich weiß allerdings nicht, ob es dazu überhaupt aktuelle Untersuchungen gibt.
Der folgende Abschnitt über »Nürnberg«, immer noch im Kapitel »Cine-Gericht«, befasst sich damit, wie einerseits der (erste) Nürnberger Kriegsverbrecherprozess von vornherein als Medienereignis für die Weltöffentlichkeit und als Instrument für die Umerziehung der Deutschen organisiert wurde und wie andererseits innerhalb des Verfahrens die nicht zuletzt zu diesem Zweck gedrehten Filme über die Befreiung der Konzentrationslager als Beweismittel dienten. Der Chefankläger der Amerikaner, Justice Jackson, stützte die Anklage im Wesentlichen auf Dokumente, Fotos und eben auf Filme, die »für sich selbst sprechen sollten«. Die Absicht dahinter war einerseits, das Verfahren möglichst frei von Störungen durch die Emotionen der Opferzeugen zu halten (S. 246 f.). Es sollte aber wohl auch verhindert werden, »dass die Angeklagten das Tribunal als Plattform für nationalsozialistische Propaganda nutzen würden«. [1]Susanne Karstedt, Die doppelte Vergangenheitsbewältigung der Deutschen, Zeitschrift für Rechtssoziologie 17, 1996, 58-104, 68. Der Gerichtssaal, so Vismann, wurde zum Kino umgebaut. Acht Filme, darunter ein Zusammenschnitt mit dem Titel »The Nazi Concentration Camp«, wurden quasi zu Hauptbelastungszeugen. Das Verfahren seinerseits wurde abgefilmt, und zwar bei der Vorführung der Beweisfilme mit Blick auf die Gesichter der Angeklagten. Vismann geht der Frage nach, ob die in Nürnberg gezeigten Filmbilder »einen emblematischen Charakter annehmen, und das heißt: einer von allen geteilten Interpretation zugänglich sind« (S. 253). Sie meint, dass die wiederum abgefilmte Szene der Vorführung der Filme das Potential zur Emblematisierung enthalte, und spricht von einer Authentifizierungslogik. Das ist, wie sie selbst nicht verkennt, wohl etwas zu stark. Aber interessant ist es doch, wie Vismann der Verwendung der Schreckensfilme in jüngeren Spiel- und Dokumentarfilmen – insbesondere Alan Resnais, »Nuit et brouillard« (Nacht und Nebel), 1955; Orson Welles, »The Stranger« (Die Spur des Fremden), 1946, und Stanley Kramer, »Judgment at Nuremberg«, 1961 – nachgeht. Der Eichmann-Prozess, wiewohl vollständig aufgezeichnet, hatte anscheinend zunächst im Kino kaum ein Echo, bis 1999 Eyal Sivans und Rony Braumans Material aus dem Eichmann-Prozess für ihren Film »Un spécialiste, portrait d’un criminel moderne« verwendeten. Der Film veranlasst Vismann zu dem Resümee: »Die Bilder, die nach Nürnberg zum Emblem oder doch zumindest zur Chiffre für den Holocaust geworden sind, haben sich abgenutzt.« (S. 270). Das erinnert an Susan Sontag, die 1977 in demselben Essay, in dem sie eindrucksvoll ihre persönliche Begegnung mit den Schreckensbildern aus den Konzentrationslagern schilderte, nicht weniger deutlich formulierte, was heute als Gemeinplatz der Medienkritik gilt. »In den letzten Jahrzehnten hat die ›anteilnehmende Fotografie‹ mindestens ebenso viel dazu getan, unser Gewissen abzutöten, wie dazu, es aufzurütteln.« [2]Susan Sontag, Über Fotografie [Original 1977], 12. Aufl. 2000, S. 22. Was mag es bedeuten, dass längst viele Filmteile aus dem Nürnberger Prozess und aus dem Eichmann-Verfahren neben Millionen von Trivialclips bei YouTube zu finden sind? Aber das war nicht Vismanns Thema. Ihr ging es in erster Linie darum zu zeigen, wie selbst im Gerichtsfilm die Szene zum Tribunal wird.
Das Abschnitt »Fernsehübertragungen aus dem Gerichtssaal« (S. 297-317) beginnt: »Die Geschichte des Fernsehens ist die Geschichte einer Aneignung von Gerichtsstoffen und –formaten.« Das ist arg übertrieben. Aber es gibt eine solche Geschichte. Vismann referiert andeutungsweise die juristische Diskussion, um dann den Widerstand der Juristen gegen Live-Übertragungen aus dem Gerichtssaal aus der eigentümlichen Performanzleistung der Justiz zu erklären. Was im Gericht geschehe, müsse als unwiederholbarer Vorgang erscheinen und dürfe deshalb erst nach einem Medienwechsel – als schriftlicher Prozessbericht oder als Gerichtszeichnung – nach außen dringen. (S. 311) Aber: Bedeutet nicht auch die Filmaufzeichnung einen Medienwechsel? Sind nicht auch schriftliche Prozessberichte und Gerichtszeichnungen wiederholt abrufbar?
Das gilt viel stärker noch für das Fernsehen als für den Film. »Fernsehen und Gericht sind vielmehr deswegen miteinander verwandt, weil sie nach denselben Regeln ablaufen. So wie in einem Dolmetschverfahren aus Worten Sätze werden, fügen sich die Fernsehsignale zu einem Bild, da sie ›wie in buchstabierter Satz richtige syntaktische Regeln und unterschiedliche Glieder bis hin zum Interpunktionszeichen haben‹ « (S. 271) Diese Reverenz an Kittler muss man überlesen, um zum springenden Punkt zu gelangen: »Ob Fußball oder Gericht, das Fernsehen ist begierig auf Verfahren in Echtzeit mit ungewissem Ausgang. Alles, was dem agonalen Dispositiv unterliegt, ist willkommen.« (S. 272) Die Fernsehzuschauer bilden die Masse, vor deren Augen die Entscheidung fällt. Als Beispiel dient die Live-Übertragung eines Tribunals aus der Frühzeit des amerikanischen Fernsehens, des Army-Hearing McCarthys im Frühjahr 1954. Es folgt eine spannende Schilderung der Entstehungsgeschichte und eine wunderbare Interpretation von Otto Premingers Anatomy of a Murder (1959) als »ultimativem Gerichtsfilm«. Die Verbindung zwischen Fernsehen und Film wird durch die Figur des Anwalts Joseph N. Welch hergestellt, der als Vertreter der US-Army McCarthy mit der Frage »Have you no sense of decency, sir?« vom Ankläger zum Angeklagten machte, nachdem McCarthy vor der Fernsehöffentlichkeit einen jungen Offizier unvorbereitet und unbegründet angegriffen hatte. Eben dieser Welch spielte dann den Richter in Premingers Film. Im Hintergrund die medientheoretische These: Im Gerichtsfilm zeige sich noch die klassische Einheit von Theater und Gericht. Dagegen habe das Fernsehen neben seiner Komplizenschaft zum Tribunal das Gerichtsformat nur als Vorwand für indezente Themen entdeckt und ausgeschöpft.
Der Abschnitt »Videosphären« betont einleitend den Charakter von Videos als Speichermedium – im Gegensatz zum Fernsehen, dass jedenfalls im Prinzip auf eine Liveübertragung angelegt ist. Der Abschnitt konzentriert auf den Vorhalt von Videoaufnahmen im Strafprozess und verliert sich – aus meiner Sicht – in einer Paraphrase zu Legendres Abhandlung und Film zum Fall Lortie. [3]Über die Rolle des Videofilms bei Legrande/Lortie vgl. : http://www.nachdemfilm.de/content/zum-status-der-videoaufzeichnung-pierre-legendres.
Unter der Überschrift »Fern-Justiz/Remote Judging« könnte man eine Auseinandersetzung mit Versuchen erwarten, Personen außerhalb des Gerichtssaals durch Videokameras in die Präsenzverhandlung vor Gericht zu integrieren. Doch die Überschrift entpuppt sich als Wortspiel, denn Fern-Justiz ist nicht Fernjustiz im Sinne von Remote Judging, sondern eine »überörtliche, ortlose« (S. 368) Justiz fern des Tatorts. S. 369 f. bedenkt Vismann den Cyber Court, dem die Beteiligten elektronisch zugeschaltet sind, nur als »Extremfall«. Ihr Thema ist das International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia (ICTY), das exemplarisch geworden ist, Vorbild für den seit 2003 tätigen Internationalen Strafgerichtshof (ICC) wurde. Aber, das ist wichtig: Mit seiner »state-of-the-art-courtroom-technology« gibt der ICTY auch für die Normaljustiz die Richtung vor (S. 360 f.) Damit ist dieses Schlusskapitel (für mich) das interessanteste und wichtigste.
Sechs Kameras und die Netzöffentlichkeit der Aufnahmen sorgen beim ICTY dafür, dass der Tribunalauftrag der Politik erfüllt wird. Allerdings kann das Gericht verhindern, dass bestimmte Aufnahmen öffentlich werden. So erklärt Vismann den Control-Screen des Vorsitzenden zum »Vorhang«, der der Szene Gerichtscharakter verleiht. Aber es geht nicht nur um eine Videoaufnahme der Verhandlung zur Dokumentation nach außen. Darum ging es ja auch 1965 im Fall Estes v. Texas, als der US Supreme Court Fernsehaufnahmen der Gerichtsverhandlung untersagte. Und darum ging es, als dasselbe Gericht 20 Jahre später das Gerichtsfernsehen zuließ mit der von Chief Justice Warren Burger verfassten Begründung, damals, in dem Estes-Verfahren, sei es zugegangen wie in einem römischen Zirkus, der Gerichtssaal voller Kameras, Kabel, Scheinwerfer, Techniker usw. Aber nun, 1985, sei das alles anders. Von der Kamera sei im Gerichtssaal gar nichts mehr zu bemerken. Und deshalb dürfe das Fernsehen zugelassen werden. Vismann dagegen meint: »Wenn das, was in camera (bei aller Öffentlichkeit) geschieht, zugleich in einem kleinen, Kamera genannten Kasten noch einmal wiederholbar gespeichert wird, sprengt das die unwiederbringliche Einzigartigkeit der Gerichtsaufführung, die unter dem Stichwort Unmittelbarkeit ins Prozessrecht eingegangen ist.« (S. 373) Erneut ein Wortspiel, das man goutieren mag, dass aber wenig beweiskräftig ist. Da werden Mündlichkeit des Verfahrens und Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme wohl doch etwas hochstilisiert. Doch damit erschöpft sich Vismanns Medienkritik nicht. Selbst die bloße Dokumentation nach außen stört das Verfahren. Als Beleg zitiert Vismann dazu eine Untersuchung von Lanzara und Patriotto [4]Giovan Francesco Lanzara/Gerardo Patriotta, Technology and The Courtroom: An Inquiry into Knowledge Making in Organizations, Journal of Management Studies 38, 2001, 943–971 aus Italien. Und Vismann hat noch einen wichtigeren Punkt, der die inzwischen alte Problematik des Gerichtsfernsehens verblassen lässt. Der römische Zirkus aus dem Este-Verfahren ist mit den vielen Monitoren zurückgekehrt, die nunmehr alle Prozessbeteiligen vor sich haben und auf denen sie sich teilweise auch gegenseitig in Nahaufnahme beobachten können. Erst das Zusammenwirken der medienvermittelten Kommunikation im Prozess (»Verschaltung aller Prozessbeteiligten«, S. 369) und der medialen Vermittlung des Prozessgeschehens nach außen macht die Musik.
Es ist ein schöner Gag, wie Vismann – zunächst inkognito – ausführlich den Milosevic-Sympathisanten Peter Handke als Prozessbeobachter zitiert. Ihr Ergebnis ist eher überraschend. Das ICTY sei kein Gericht; dazu sei das theatrale Dispositiv zu schwach ausgeprägt, aber auch kein echtes Tribunal, weil ohne agonales Dispositiv, denn ein Kampf um die Wahrheit werde hier gerade nicht ausgefochten. »Mit den Richtern ist die Position des neutralen Dritten etabliert, der eine bereits vorliegende Wahrheit zutage fördert. Die medientechnischen Einrichtungen, Vorhänge aller Art, gehorchen der separierenden Logik des Gerichts als einer Macht, die entscheidet, weil sie unterscheidet.« (S. 354) Die »Streichung des agonalen Dispositivs« findet Vismann darin, dass die Vorwürfe gegen die Angeklagten wie Mord und Diebstahl als Verbrechen nach positivem Recht entpolitisiert und im Muster herkömmlicher Gerichtsverfahren verhandelt werden, und nicht als Übergang von einem Unrechtsregime zu einer neuen Rechtsordnung. Dass und warum es Milosevic (auch mit Hilfe seines Verteidigers Vergès) nicht gelang, das Verfahren tribunaltypisch zu einer politischen Anklage gegen die Veranstalter des Verfahrens oder Beteiligte des Balkankonflikts umzufunktionieren, wird nicht klar. [5]Dazu deutlicher der von Vismann nur für mangelndes Zuschauerinteresse zitierte Martti Koskenniemi, Between Impunity and Show Trials, Max Planck Yearbook of United Nations Law 2 , 2002, 1-35. Dagegen könne das ICTY als Gerichtsverfahren nicht gelingen, weil ihm durch die Medien das »Ding« abhandengekommen sei. Hier wird wieder mit Worten gespielt. Aus Fernjustiz und Gerichtsfernsehen wird Fernsehjustiz und dann werden dem ICTY Charakteristika des Fernsehgerichts imputiert. Das Haager Gericht sei Ferngericht und Fernsehgericht. Es sei auf Fortsetzungen angelegt und gehorche so wie die populären Gerichtssendungen des Fernsehens dem Gesetz der Serie. Es habe damit die gerichtstypische Performanz (»Medialität«) verloren, denn »Serien enden nicht und sie haben, sie brauchen keine Lösung.« (S. 362). Die Bindung an die Fernsehserie erzeuge die »Gesamtheit des Erzählflusses und nicht eine einzelne Sendung«. [6]Vismann beruft sich dafür auf Nicole Labitzke (Ordnungsfiktionen. Das Tagesprogramm von RTL, Sat. 1 und ProSieben, 2009, dort S. 288. Das Argument überzeugt mich nicht. Was die Gerichtssendungen des Fernsehens betrifft, so hat jede einzelne Episode durchaus eine Lösung. Im Übrigen lässt sich die Internetöffentlichkeit des ICTY nicht mit dem kommerziellen Fernsehen vergleichen. Das kommerzielle Fernsehen wird für die Quote veranstaltet, die wiederum die Werbeeinnahmen generiert. Wer verfolgt denn überhaupt die Verhandlungen des ICTY im Netz? Vor allem aber ist die Netzöffentlichkeit des ICTY nicht auf eine Quote angelegt. Die Serialität ist nicht Absicht, sondern Folge der Langwierigkeit des Verfahrens. Deshalb bedarf die Annahme, dass der mediale Output auf das Verfahren rückwirkt, einer besonderen Begründung. Das schöne Wortspiel vom »denkbar dichtesten Zusammenschluss von Justizmedien und Medienjustiz in der Serie« (S. 367) ersetzt solche Begründung nicht. Aber richtig ist sicher, dass die technischen Medien nicht zuletzt wegen ihres Effizienzversprechens geschätzt und eingesetzt werden, und plausibel ist auch, dass die verfahrentstechnische Ökonomisierung zu einer Entformalisierung des Verfahrens führt. (S. 369) Die Frage ist allerdings, ob nicht um den Medieneinsatz herum ganz neue Rituale enstehen, die wir als solche bisher gar nicht wahrnehmen.
So fasst Vismann selbst am Ende (S. 374 f.) ihr Buch zusammen: »Die Geschichte der Medien der Rechtsprechung ist eine Geschichte der Informalisierung des Verfahrens. Wer Medien im Prozess zulässt, bringt die Justiz um ihre eigene Medialität. Technische Medien entziehen sich der theatralen Logik der Justiz und versetzen die Prozessbeteiligten an einen Ort, der alles andere als ein Schauplatz ist – inmitten von Kabeln und Monitoren. Sie diktieren das Verfahren, mit ihrem eigenen Takt, ihren eigenen Anforderungen und Öffentlichkeiten. Die Medien der Rechtsprechung prägen das 21. Jahrhundert, das nach Jacques Derrida ein Jahrhundert der Vergebung ist und das sich doch vor allem als ein Jahrhundert der Tribunale präsentiert.«
Das Buch ist in vielerlei Hinsicht bewundernswert. Bewundernswert ist der Umgang mit der Komplexität, mit der Fülle und Masse dessen, was andere bereits an einschlägigen Texten produziert haben. Man kann nicht mehr alles lesen, was zu den wichtigeren Stichworten des Buches geschrieben wurde und schon gar nicht mehr alles verarbeiten. Viele geben sich dennoch Mühe, möglichst viel zu schlucken und zu verdauen. Vismann dagegen blickt nicht links und blickt nicht rechts (jedenfalls tut sie so als ob). Sie macht gar nicht den Versuch, auch nur anzudeuten, was alles schon etwa über das Gericht als Theater, über Verfahrensgerechtigkeit, über Tribunalisierung, über Bilder im Recht, über den Gerichtsfilm, über den Nürnberger Kriegsverbrecherprozess, über Court TV, über Anwalts- und Gerichtsserien im Fernsehen oder über den Medieneinsatz im Gerichtsverfahren geschrieben wurde. Souverän zieht sie ihr Ding durch. Ihre Grundthese, dass Gerichtverfahren durch die publikumsorientierten Medien zunehmend vom Theater zum Tribunal würden, scheint mir plausibel und relevant zu sein. Aber sie wird doch nur essayistisch belegt und ausgeführt. Und für die von vornherein von der großen Politik mit Tribunal-Auftrag versehenen Verfahren ist die These beinahe trivial. Triftig wird sie mit der Frage, wieweit die Tribunalisierung auch in das »normale« Gerichtsverfahren hineinreicht. Auch hier begegnen immer wieder Tribunale in dem von Vismann beschriebenen Sinne, zuletzt etwa das Kachelmann-Verfahren. Diese Frage bleibt offen. Aber das ist immer so bei anregenden Büchern, dass man am Ende noch mehr wissen möchte.

Nachtrag: Eine ausführliches Echo auf meine Vismann-Rezension gibt Dieter Simon, Die Leser der Cornelia Vismann.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Susanne Karstedt, Die doppelte Vergangenheitsbewältigung der Deutschen, Zeitschrift für Rechtssoziologie 17, 1996, 58-104, 68.
2 Susan Sontag, Über Fotografie [Original 1977], 12. Aufl. 2000, S. 22.
3 Über die Rolle des Videofilms bei Legrande/Lortie vgl. : http://www.nachdemfilm.de/content/zum-status-der-videoaufzeichnung-pierre-legendres.
4 Giovan Francesco Lanzara/Gerardo Patriotta, Technology and The Courtroom: An Inquiry into Knowledge Making in Organizations, Journal of Management Studies 38, 2001, 943–971
5 Dazu deutlicher der von Vismann nur für mangelndes Zuschauerinteresse zitierte Martti Koskenniemi, Between Impunity and Show Trials, Max Planck Yearbook of United Nations Law 2 , 2002, 1-35.
6 Vismann beruft sich dafür auf Nicole Labitzke (Ordnungsfiktionen. Das Tagesprogramm von RTL, Sat. 1 und ProSieben, 2009, dort S. 288.

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Ein starkes Stück Kulturwissenschaft: Cornelia Vismanns Tribunalisierungsthese

Dieser Eintrag setzt die am 14. 11. begonnene Besprechung des Buches »Medien der Rechtsprechung« von Cornelia Vismann fort.
S. 97 beginnt der Hauptteil des Buches mit den Sätzen: »Die Techniken des Rechtsprechens folgen rechtlichen Vorgaben. In Prozessordnungen ist die Abfolge des Verfahrens vorgeschrieben. Was darin nicht gesagt wird, betrifft die Medien der Rechtsprechung. Zwar gibt es Bestimmungen und sogar Debatten über die Zulässigkeit einzelner Medien.« Nun erwarte ich ein aber, das erklärt, wieso die Medien der Rechtsprechung nicht geregelt sind. Ich finde es nicht.
Die kurzen Kapitel über »Akten« und »Die Stimme vor Gericht« (Schriftlichkeit und Mündlichkeit) paraphrasieren Bekanntes. Das gilt auch für das Kapitel »Öffentlichkeit« (die ja als solche wohl kein Medium ist). Hier findet sich jedoch der wichtige Abschnitt, in dem die Unterscheidung zwischen »Gericht« und »Tribunal« erläutert wird (S. 146-183), den »beiden antagonistischen Großformen der Rechtsprechung«, die sich im alten Rom formiert haben (S. 149).
Vismann zeigt hier Gespür für die Aktualität des Themas. Fast gleichzeitig mit ihrem Buch sind zwei Sammelbände erschienen, die das Tribunal im Titel tragen, die sie aber natürlich noch nicht kennen konnte. [1]Heinz-Dieter Assmann u. a. (Hg.), Szene & Tribunal – Orte der »Wertschöpfung«?, 2011; Georg Wamhof (Hg.), Das Gericht als Tribunal, oder, Wie der NS-Vergangenheit der Prozess gemacht wurde, … Continue reading Ganz allgemein versteht man unter Tribunalisierung heute wohl die öffentliche Erörterung individueller Schuld, die aber nicht unbedingt juristische Formen annehmen muss. [2]So war in einem Zeitungsartikel von der »Tribunalisierung der eher harmlosen Eva Herman wegen ihrer familienpolitischen Ansichten« die Rede. Dagegen unterscheidet Habermas in einem oft zitierten Artikel von 1992 [3]Jürgen Habermas, Bemerkungen zu einer verworrenen Diskussion. Was bedeutet »Aufarbeitung der Vergangenheit« heute?, Die Zeit vom 3 April 1992, S. 82–85. Der maßgebliche Absatz lautet: … Continue reading Personalisierung und (rechtsförmige) Tribunalisierung. Wenn man nach »Tribunalisierung« gugelt, ist der erste Treffer jedoch ein Vortrag von Odo Marquard über »Tribunalisierung der Lebenswirklichkeit« von 1993, der dem Zeitgeist »Tribunalsucht« attestiert, die »Menschen die Menschen« anklagen lässt »wegen der Übel in der Welt, zu denen es durch ihre kulturschöpferischen Übeltaten komme«. Der Jurist versteht »unter einem Tribunal ein inszeniertes Gericht: etwas, das sich vom klassischen geordneten Gerichtsverfahren unterscheidet und mehr dem Theater ähnelt, etwas, was in Richtung Schauprozess geht.« [4]Heinz-Dieter Assmann, Die Tribunalisierung des Weltverständnisses, in: ders. u. a. (Hg.), Szene & Tribunal – Orte der »Wertschöpfung«?, 2011, S. 11-22, 12.
Vismann stützt sich für die Anbindung des Tribunals an das alte Rom auf die Seiten 359-363 aus Mommsens Römischem Strafrecht [5]Im Internet verfügbar unter http://www.archive.org/details/rmischesstrafre00mommgoog.. Bei Mommsen kann man lesen, dass bis in die Kaiserzeit die öffentliche Verhandlung wohl die Regel, dass aber die Verhandlung im geschlossenen Raum zu allen Zeiten häufig gewesen sei (S. 359); ferner, dass die eigentliche Gerichtsstätte ursprünglich »der grosse Markt war und späterhin, als dieser nicht ausreichte, die Kaiserforen und die jedermann zugänglichen Markt- und Gerichtshallen (Basiliken). »Auf diesen Märkten oder in diesen Hallen wurden die Tribunale aufgeschlagen, erhöhte Estraden, auf welchen für den rechtsprechenden Imperienträger der Sessel aufgestellt ward, wo aber auch seine Berather und andere Beisitzer so wie das Hülfspersonal Platz fanden.« Für Parteien, Zeugen und Zuschauer gab es Bänke zu ebener Erde. Weiter bei Mommsen S. 362 f.: »Die nicht öffentliche Rechtsprechung findet, wenn vom Senat abgesehen wird, regelmässig statt im Hause oder in dem Amtslocal des Beamten. Der Saal, in welchem derselbe den Parteien Gehör giebt, heisst auditorium, späterhin secretarium, weil er durch einen Vorhang abgeschlossen ist und der freie Eintritt in denselben nur den Officialen und bestimmten Rangpersonen zusteht; in der Spätzeit darf die Urtheilsfällung nur in diesem Saal … stattfinden. Es kann indess auch in diesem Amtslocal durch Oeffnung des Vorhangs und Zulassung des Publikums öffentlich Gericht gehalten werden und diese Form der Oeffentlichkeit hat am Ende der Kaiserzeit die Rechtsprechung vom Tribunal verdrängt.« Der Unterschied besteht also darin, dass ein Gericht eigentlich gar nicht auf Publikum angewiesen ist (also doch kein Theater?) oder sich mit der Saalöffentlichkeit zufrieden gibt, während ein Tribunal auf unbegrenzte Öffentlichkeit angelegt ist. Später kommt noch hinzu, dass die Gerichte sich in Gebäude zurückziehen, die nur ihren Zwecken dienen. Das Tribunal kann an jedem Ort abgehalten werden. (S. 149).
Aber es geht nicht bloß um die Frage einer kleineren oder größeren Öffentlichkeit. Tribunale sind eminent politisch und haben jedenfalls die Tendenz zu einem bloßen Schauprozess, in dem der Veranstalter ein vorab feststehendes Ergebnis durchsetzt. »Die Ankläger in einem Tribunal setzen ihre Wahrheit durch, zumindest versuchen sie es. Ihre Position ist mit der des Richters deckungsgleich, und darin wird allgemein das Kennzeichen gesehen, das ein Tribunal ausmacht.« (S. 160). [6]Dazu beruft sich Vismann auf Koskenniemi (Between Impunity and Show Trials, in: Max Planck Yearbook of United Nation Law 6, 202, 1-35, 18.) Ich lese die Belegstelle etwas anders. Koskenniemi weist … Continue reading Aber in einem Tribunal kann der Ankläger auch zum Angeklagten werden. So kann auch das Gerichtsverfahren in dem Sinne tribunalisiert werden, dass die Justiz selbst zum Angeklagten wird. Das zeigt Vismann am Beispiel des französischen Anwalts Jacques Vergès (S. 181 ff.).
»Tribunale sind Ad-Hoc-Veranstaltungen.« Sie folgen keinem vorab geregelten Verfahren und sie ignorieren den Grundsatz nulla poena sine lege. Ihnen fehlt im Vergleich zum Gerichtsverfahren »die Neutralität des Richters (1), die unvoreingenommene Entscheidung nach Anhörung der Parteien und in Gemäßheit einer bestimmten Wahrheitsnorm (2) sowie die Verbindlichkeit der richterlichen Entscheidung (3)« (S. 165). Vismann denkt dabei auf die Gegenwart bezogen an so »verschiedene Dinge wie Russel-Tribunale, stalinistische Schauprozesse und internationale Verfahren« (S. 149), aber durchaus auch an den Nürnberger Kriegsverbrecherprozess oder an die justizielle Aufarbeitung der Vergangenheit in den so genannten Transformationsländern.
Viele werden die von S. 164-180 eingeschobene Reflexion über den Tisch goutieren, aus dem sie mit Hilfe Foucaults das Dispositiv des Gerichtsverfahrens ableitet. Für mich ist das ein Fall von kulturwissenschaftlichem Fetischismus. Ich begnüge mich daher mit einem Zitat »Der Tisch trifft die fundamentale Unterscheidung in das Personal des Gerichts und die Personen vor Gericht.« (S. 164) und wundere mich, wie aus dem Rechteck des Tisches eine »trianguläre Aufteilung« wird.
Gericht und Tribunal, wie sie von Vismann charakterisiert werden, lassen sich als Idealtypen im Weberschen Sinne einordnen. Dann ist »das Tribunal im Gericht latent vorhanden … Umgekehrt ist kein Tribunal in seiner Reinform zu haben« (S. 183).
Wie wird aus der Unterscheidung von Gericht und Tribunal eine medientheoretische These? »Die technischen Medien beerben hier die Versammlung im Freien. Fernsehzuschauer übernehmen die Rolle der Umstehenden. Sie sind das Medium, das einem Tribunalanspruch seine Geltungskraft jenseits aller Rechtsmacht verleiht. So kommt es, dass Tribunale sämtliche sich bietenden Medien begierig zur Amplifizierung ihres Wirkungsradius‘ ergreifen, während die ordentliche Gerichtsbarkeit bei jedem neu aufkommenden Medium jeweils erneut die Frage der Zulässigkeit erörtert …« (S. 151). »Nur die technischen Medien werden in einem Gericht zugelassen, die sich nach Art des Vorhangs der römischen Antike bedienen lassen und die Öffentlichkeit nach Belieben ein- und ausschalten.« (S. 152) Die Bildmedien, so die unausgesprochene, aber in den folgenden Kapiteln illustrierte These, drängen das Justizverfahren tendenziell in die Richtung des Tribunals. Das ist eine handfeste und plausible Aussage. In einem späteren Eintrag werde ich darüber berichten, wie sie gestützt wird. In dem Buch folgt zunächst ein Kapitel über das »Cine-Gericht«, dessen erste Abschnitte für die Tribunalisierungsthese nicht relevant sind. Darüber schreibe ich in den nächsten Tagen einen Eintrag in »Recht anschaulich«, wo schon mehrfach von »Recht im Film« die Rede war.

Nachtrag: Eine ausführliches Echo auf meine Vismann-Rezension gibt Dieter Simon, Die Leser der Cornelia Vismann.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Heinz-Dieter Assmann u. a. (Hg.), Szene & Tribunal – Orte der »Wertschöpfung«?, 2011; Georg Wamhof (Hg.), Das Gericht als Tribunal, oder, Wie der NS-Vergangenheit der Prozess gemacht wurde, 2009. In diesem spielt der Begriff des Tribunals allerdings keine Rolle. Ich habe ihn nur einmal beiläufig auf S. 70 gefunden. Immerhin geht es auch in diesem Band um den performativen Charakter der Gerichtskultur, um den Gerichtssaal als Kommunikationsraum und um die beteiligten Medien.
2 So war in einem Zeitungsartikel von der »Tribunalisierung der eher harmlosen Eva Herman wegen ihrer familienpolitischen Ansichten« die Rede.
3 Jürgen Habermas, Bemerkungen zu einer verworrenen Diskussion. Was bedeutet »Aufarbeitung der Vergangenheit« heute?, Die Zeit vom 3 April 1992, S. 82–85. Der maßgebliche Absatz lautet: »Personalisierung und Tribunalisierung lassen den Fokus von öffentlichen Selbstverständigungsdebatten unscharf werden. Beides signalisiert eine Überlastung mit Fragen, die der privaten Rechenschaft oder dem juristischen Urteil vorbehalten bleiben sollten. Damit die ethisch politische Aufarbeitung der Vergangenheit eine mentalitätsbildende Kraft erlangen und für eine freiheitliche politische Kultur Anstöße geben kann, muß sie allerdings durch juristische Verfahren und die Unterstellung einer gewissen Bereitschaft zur existentiellen Selbstprüfung ergänzt werden. So ist die Aufarbeitung der Vergangenheit ein mehrdimensionales und arbeitsteiliges Unternehmen.«
4 Heinz-Dieter Assmann, Die Tribunalisierung des Weltverständnisses, in: ders. u. a. (Hg.), Szene & Tribunal – Orte der »Wertschöpfung«?, 2011, S. 11-22, 12.
5 Im Internet verfügbar unter http://www.archive.org/details/rmischesstrafre00mommgoog.
6 Dazu beruft sich Vismann auf Koskenniemi (Between Impunity and Show Trials, in: Max Planck Yearbook of United Nation Law 6, 202, 1-35, 18.) Ich lese die Belegstelle etwas anders. Koskenniemi weist darauf hin, dass das International Criminal Tribunal for the Former Yugoslavia (ICTY) zwar von politischen Absichten des Westens getragen sei, betont aber den Unterschied zu den stalinistischen Schauprozessen und auch zum Nürnberger Kriegsverbrecherprozess, denn Milosevic habe hier die Gelegenheit erhalten und wahrgenommen, seinerseits den Westen anzuklagen.

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Ein starkes Stück Kulturwissenschaft: Cornelia Vismann, Medien der Rechtsprechung

Von vielen erwartet ist in diesem Jahr postum Cornelia Vismanns Buch über die »Medien der Rechtsprechung« veröffentlicht worden. [1]Herausgegeben von Alexandra Kemmerer und Markus Krajewski, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2011, 456 S., 22,95 EUR. Jetzt habe ich es endlich gelesen. Wer nach einer Würdigung sucht, die der Autorin und ihrem Text gerecht wird, sei auf das Vorwort der Herausgeber, auf einen Nachruf von Fabian Steinhauer [2]Beobachterin zweiter Ordnung, Ancilla Juris 2010, 43-46. und auf die Rezensionen von Susanne Baer in der TAZ vom 16. 6. 2011, von Andreas Bernard in der Süddeutschen Zeitung vom 27. 6. 2011 und von Winfried Hassemer, Das große Theater des Rechts, FAZ vom 8. 11. 2011 S. L38 (anscheinend nicht im Netz) verwiesen. Ich lese das Buch als schnöder Konsument, immer auf der Suche nach nützlichen Brocken, die ich als Legal McLuhanite für die Rechtssoziologie oder als Jurist für »Recht anschaulich« verwenden kann. Wenn meine Lesefrüchte oft kritisch konnotiert sind, so liegt das an dem kulturwissenschaftlichen Gestus des Buches. Allein die Tatsache, dass ich mich so ausführlich mit dem Buch befasst habe, sollte meine Wertschätzung beweisen.
Die Grundthese des Buches geht davon aus, dass »Gericht« zwei Grundmodalitäten (»Dispositive« [3]Gerhard Struck (»Recht als Tohuwabohu und als Menschheitstraum – Oder: Gibt es einen Begriff des Rechts?«, Ancilla Juris 2009, 99-117; S. 108) zitiert ausführlich die Definition des Dispositivs … Continue reading ) miteinander verbindet, nämlich seine Rahmung als Theater und seinen Ablauf als Kampf, und sie besagt, dass die Dispositive unterschiedliche Medien anziehen und andere ausschließen (S. 17). Im weiteren Verlauf wird aus dem Kampf das Tribunal. Der Kampf braucht die Öffentlichkeit und deshalb zieht er die modernen Massenmedien an.
Nachdem auf den ersten 80 Seiten »Theater« und »Kampf« als »Dispositive« für das Gerichtsverfahren vorgestellt worden sind, folgen sieben Kapitel mit fast 300 Seiten über einzelne Medien. Nämlich I: Akten, II. Die Stimme vor Gericht, III. Öffentlichkeit, IV. Fotografien im Gericht, V. Cine-Gericht, VI. Fernsehen und VII. Fern-Justiz/Remote Judging.
Gleich das erste Kapitel nutzt die wichtigsten kulturwissenschaftlichen Zutaten: Etymologische Ableitungen, lösliche Paradoxien, schöne Literatur statt schnöder Empirie, französische Kronzeugen, Fetischismus und eine Prise Psychoanalyse. Später werden allerhand Wortspiele nachgereicht. [4]Hier eine kleine Auswahl: S. 222 ff., 242 ff.: »Courtroom Drama« ist einmal das Genre fiktiver Darstellungen von Gerichtsszenen, dann aber auch das Gerichtsverfahren selbst und seine filmische … Continue reading
Das »theatrale Dispositiv«, das zunächst ausgemalt wird, hat nicht eigentlich etwas mit dem Theater zu tun, sondern mit Legendre, und erschöpft sich in dem verfahrensmäßigen »Nachspielen« des Prozessthemas. Die »performative, ›dinghegende‹ Seite des Gerichts« scheint dem zu entsprechen, was gewöhnlich unter Verfahrensgerechtigkeit thematisiert. Luhmann gehöre zu den wenigen, die diesen Aspekt des Gerichtsverfahrens betont hätten (S. 22). Dem kulturwissenschaftlichen Tunnelblick fallen die Heerscharen der Amerikaner und der Epigonen zum Opfer, die sich mit procedural justice befasst haben. Das ist umso bedauerlicher, als die spezifische Performanz des auf Mündlichkeit und Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in einer gewissen Abgeschlossenheit stattfindenden Gerichtsverfahrens das zentrale Thema des Buches bildet. Jedenfalls: »Im Nachspielen oder Verhandeln wird das Ding zur Sache.« (S. 34) Und weiter S. 37: »Das Nachspielen verspricht demnach die fundamentale Befriedung des Dings.« Ist das nicht wunderbar tiefsinnig?
Vismann stützt ihre Thesen durch eine Interpretation von Kleists zerbrochenem Krug. Das ist funkelndes Feuilleton, wie Kleist, Sophokles, Aischylos und Dante, wie der Dorfrichter mit seinem Namensvetter aus der Schöpfungsgeschichte und mit König Ödipus, wie der Zerbrochene Krug mit der Klepsydra und später noch (S. 89) mit Klytaimnestras Gebärmutter assoziiert werden und wie wir schließlich mit Hilfe von Legendre erfahren, dass es sich um eine Interdiktion handelt, wenn Marthe Rull zuerst vom Richter Adam und dann auch noch vom Gerichtsrat Walther aufgefordert wird, »zur Sache« zu sprechen. Da fällt es schon nicht mehr ins Gewicht, wenn Ödipus (Orest tritt erst S. 90 auf) zum »Mutter-Mörder der griechischen Tragödie« wird (S. 65). Immerhin war er ja mittelbarer Täter bei deren Selbstmord. »Die radikale Kappung jedes Außen, die Umwandlung von Ding in Sache und das Erfordernis der Rede zur Sache (Interdiktion) sind danach die drei elementaren Operationsbedingungen der Justiz im theatralen Dispositiv.« (S. 56). Alles klar.
Das Justiztheater endet mit einem Urteil und damit endet auch die Beschreibbarkeit des Gerichts als Theater (S. 72). Zum Urteil muss ein Richter her. Das Gerichtstheater ist auch ein Kampf. Potentiell sind alle Zuschauer Entscheider. »Sobald Agierende von Zuschauenden unterscheidbar sind, ist die Position des Entscheidens eingeführt.« (S. 75) Vielleicht. Weiter S. 79: »Die amphitheatrale Sitzordnung ermächtigt die Zuschauer zum Entscheiden. Wer hat am besten gespielt, wer schrieb das beste Stück?« Und S. 80: »Die Amphitheater in Athen … öffneten sich auf das Meer … Diese Öffnung auf die Umwelt unterscheidet das agonale Dispositiv von der theatralen Entscheidungssituation, die in einer Kammer stattfindet, die gar nicht geschlossen genug sein kann.« Das verstehe ich nicht. Ist das Theater nicht auf Zuschauer angewiesen? Deshalb will ich einfach das Ergebnis zitieren: »Das agonale Dispositiv ist mithin durch drei Kennzeichen vom theatralen unterschieden: Zum einen durch den binären Entscheidungsmodus, der allen Wettkämpfen eigen ist (es geht um … Obsiegen oder Unterliegen), zum zweiten durch die konstitutive Funktion der Zuschauer für die Entscheidungsfindung und schließlich durch das Amphitheatralische, dass Offene der Entscheidungssituation …« (S. 81).
Bevor es nun an die Medien der Rechtsprechung geht, führt noch ein Umweg durch Literatur, nämlich durch »Die Eumeniden« des Aischylos. Ich muss gestehen, dass ich nicht verstanden habe, was die Autorin mit der Vorstellung dieses Stückes erreichen will. »Aischylos‘ letztes Drama führt das Theaterelement der Analysis mit dem Gerichtselement der Tatnacherzählung zusammen.« (S. 87) Die Verwandlung der Erinnyen zu Eumeniden, der Rachegöttinnen zu Wohlmeinenden wird als »Stunde Null des Rechts« gedeutet. (S. 92) Zugleich soll das Drama als »Gründungsstück des Vaterrechts« [5]Zur Orestie als Gründungsmythos des Rechts vgl. den Eintrag vom 3. Nov. 2009.verstanden werden, freilich mit der schäbigen Begründung, die Mutter sei »nur des frisch gesäten Keimes Nährerin«. (S. 88) Davor, dazwischen und danach steht noch allerhand (für mich) Dunkles. (Fortsetzung folgt)

Nachtrag: Eine ausführliches Echo auf meine Vismann-Rezension gibt Dieter Simon, Die Leser der Cornelia Vismann.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Herausgegeben von Alexandra Kemmerer und Markus Krajewski, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2011, 456 S., 22,95 EUR.
2 Beobachterin zweiter Ordnung, Ancilla Juris 2010, 43-46.
3 Gerhard Struck (»Recht als Tohuwabohu und als Menschheitstraum – Oder: Gibt es einen Begriff des Rechts?«, Ancilla Juris 2009, 99-117; S. 108) zitiert ausführlich die Definition des Dispositivs bei Foucault, Dispositive der Macht, und kommentiert sie mit erfreulicher Distanz. In der Tat, mit diesem Unbegriff lässt sich nichts anfangen, es sei denn, man lässt sich von Foucault bloß anregen und definiert das »Dispositiv« für eigene Zwecke neu. In diesem Sinne habe ich – mehr aus Versehen als mit Absicht – einmal vom »kognitiven Dispositiv der Schrift« gesprochen (Bilder in gedruckten Rechtsbüchern, 2005, S. 272). Gemeint war damit die Schrift als eine Möglichkeitsbedingung für eine gerichtete Entwicklung des Rechts.[ http://www.ruhr-uni-bochum.de/rsozlog/daten/pdf/Roehl-Bilder%20in%20gedruckten%20Rechtsbuechern.pdf]
4 Hier eine kleine Auswahl:
S. 222 ff., 242 ff.: »Courtroom Drama« ist einmal das Genre fiktiver Darstellungen von Gerichtsszenen, dann aber auch das Gerichtsverfahren selbst und seine filmische Dokumentation.
S. 337: Aus courtroom wird Gerichtsraum (als Gegensatz zu einem geräumigen Gerichtssaal).
S. 356: »Transitional Justice ist … eine Justiz im Übergang und eine übergangsweise Gerechtigkeit«
S. 333 f.: Fern-Justiz« ist nicht bloß medienvermittelte Justiz, sondern Justiz fern des Tatorts.
S. 369: Als »Naturalparteien« werden eigentlich nur natürliche im Gegensatz zu juristischen Personen bezeichnet. Dieser Gegensatz ist Vismann selbstverständlich geläufig. Daher ist die »Naturalpartei« hier doppelsinnig gemeint als (natürliche) Person, die leibhaftig vor Gericht erscheint.
5 Zur Orestie als Gründungsmythos des Rechts vgl. den Eintrag vom 3. Nov. 2009.

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Rechtssoziologie unter fremdem Namen: Frank Wehinger über Illegale Märkte

Frank Wehinger hat als MPIfG Working Paper 11/6 eine umfangreiche Darstellung des Standes sozialwissenschaftlicher Forschung veröffentlicht, die sich selbst als wirtschaftssoziologisch einordnet, die man aber auch als rechtssoziologisch lesen kann. Wehinger füllt damit eine Lücke in den bisher vorhandenen Lehrbüchern und Gesamtdarstellungen der Rechtssoziologie. In der Gliederung ist formal von »Typ-I-Märkten« bis »Typ-V-Märkten« die Rede. Diese Typisierung knüpft daran an, an welcher Stelle der Transaktion das Recht zugreift. Ich zitiere aus dem Überblick:
»So kann der Markt, so denn ein solcher vorliegt und dieser abgegrenzt werden kann, aus verschiedenen Gründen illegal sein. Aus dem Blickwinkel der Rechtslehre kann das Verbot der Vermarktung bestimmter Produkte und Dienstleistungen an folgenden Stellen ansetzen: bei der Herstellung, Vorbereitung, Durchführung des Produktes beziehungsweise der Dienstleistung, beim Kauf sowie beim Verkauf. Auch die Verletzung von Regulierungsvorschriften hat ein Verkaufsverbot oder zumindest einen rechtlichen Makel (ohne ein sich daraus zwingend ergebendes Verkaufsverbot) zur Folge. Insgesamt ergeben sich die folgenden Unterscheidungen illegaler Märkte:
I. Das gehandelte Gut selbst ist verboten, also bereits seine Herstellung: Drogen, Menschenhandel, Kinderpornografie, Kinderprostitution.
II. Das Gut wurde gestohlen: Diebesgut (auch Autos, Kunst).
III. Das Gut wurde gefälscht: Fälschungen (auch Medikamente).
IV. Der Handel mit dem Gut ist verboten, also der Verkauf und meist auch der Kauf: Adoptionen, Organe, Ersatzmutterschaft, personenbezogene Daten (ohne Einwilligung).
V. Es wird gegen eine bestimmte Vorschrift, die die Herstellung des oder den Handel mit dem betreffenden Gut einschränken, verstoßen (Regulierungsverstoß; zum Beispiel Waffen, Zigaretten, Diamanten, Holz, Glücksspiel, Sicherheit).«
Es ist bemerkenswert, was Wehinger dazu an Material zusammenträgt, wie er es übersichtlich ordnet und gelegentlich mit Ökonomenblick für Juristen angenehm verfremdet.
Zum Download empfohlen.

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Recht, Kunst und Gewalt in Florenz. Zu Horst Bredekamp, Die Kunst des perfekten Verbrechens

2003 gab es im ZiF in Bielefeld eine von Ulrich Haltern und Christoph Möllers veranstaltete Tagung »Rechtswissenschaft als Kulturwissenschaft«. Ich sollte das Korreferat zu einem Vortrag von Horst Bredekamp halten. Unter dem Titel »Die Kunst des Verbrechens« trug Bredekamp Gedanken vor, die er aus Anlass der Neuübersetzung von Benvenuto Cellinis »Vita« in der »Zeit« veröffentlicht hatte (und die auch heute noch dort abgerufen werden können).
Aus aktuellem Anlass habe ich meine Vortragsnotizen herausgesucht, die ich hiermit unverändert zum Besten gebe. Nachträglich eingefügt sind nur die Bilder. Sie stammen aus den Wikimedia Commons. Da der Text für einen Blogeintrag zu lang (und damit unbequem zu lesen ist), stelle ich ihn gleichzeitig hier als PDF ins Netz.
Einleitung
B. hat uns eine prägnante These geliefert: Die Rechtsfreiheit der Kunst ist das Modell für den absolutistischen Souverän. Der Souverän schafft das Recht wie der Künstler die Kunst. Deshalb muss der Souverän der Kunst Freiheit geben, um sich in dieser Freiheit zu spiegeln.
Ich will meine Bemerkungen zu dem Vortrag auf vier Punkte verteilen:
1. Zunächst mache ich einige allgemeine Bemerkungen über das Verhältnis von Recht und Kunst.
2. Dann werde ich einige Verständnisfragen stellen.
3. Drittens werde ich die Extralegalität Cellinis etwas relativieren.
4. Und schließlich werde ich einige alternative Erklärungen versuchen.
Ob ich dann am Ende zu einem Ergebnis komme, ist noch offen.
Zu 1.: Recht und Kunst:
Herr B hatte mir einen Vortrag über Recht und Kunst angekündigt. Da ich den Vortrag nicht zur Verfügung hatte, habe ich mir einmal angesehen, was B früher zu Recht und Kunst geschrieben hat. Dabei bin ich auf das 1975 erschienene Buch »Kunst als Medium sozialer Konflikte« gestoßen. (Und im Netz habe ich dann auch seinen Artikel in der »Zeit« gefunden.) In diesem Buch wird einleitend die Geschichte der Kaiserbilder und Herrschaftszeichen beschrieben. Es wird beschrieben, wie zunächst die vorchristliche Kaiserverehrung das christliche Bilderverbot zersetzte und wie dann Kaiserbildpraxis und christliche Bildverehrung zusammenwuchsen. Wir erfahren viele Details über den schwierigen Siegeszug des Bildes im Christentum. Ich habe darüber hinaus gelernt, dass es schon vor Gregor V. in der Kirche auch Ansätze zur Bildpädagogik gab.
Diese Beschreibung kombiniere ich nun mit der Interpretation Luhmanns. Luhmann nennt diese vormoderne Kunst bekanntlich symbolisch. Diese Kunst lässt Unzugängliches (Unvertrautes, Unbeobachtbares) im Zugänglichen gegenwärtig sein: Das symbolische Bild aktiviert das Unsichtbare im Sichtbaren. Es ist nicht, aber es repräsentiert das Überirdische. Damit ist ziemlich deutlich auch das Verhältnis der Kunst zum Recht charakterisiert, denn das Recht stammt letztlich aus der gleichen empirisch nicht zugänglichen Quelle wie die Religion. So finden wir bis in das 16. Jahrhundert hinein in den Rechtsbüchern Kaiserbilder und in den Rathäusern und Gerichtssälen die bekannten Weltgerichtsbilder.
Nun überspringe ich zunächst das 16. Jahrhundert. 1651 erschien der Leviathan mit seinem berühmten Titelbild. Ich weiß nicht, ob die Formulierung auch von Herrn Bredekamp stammt – jedenfalls stammt sie nicht von mir: Der moderne Staat beginnt mit einer Ikone. Aber das erste Bild ist dann zugleich auch das letzte. Jedenfalls gibt es heute eine Diskussion über die Ikonophobie oder Symbolangst des Rechtstaats. Diese Diskussion kann ich jetzt hier nicht ausbreiten. Ich will nur die Hauptthese nennen, die etwa lautet: Das Ideenreservoir des liberalen Rechtstaats ist zu abstrakt, um in Bilder gefasst zu werden.
Was lässt sich weiter über das Verhältnis von Recht und Kunst heute sagen. Zunächst haben wir den Art. 5 GG, der die Freiheit der Kunst garantiert, und diese Garantie steht nicht nur auf dem Papier. Dann kann man feststellen, dass es an einer affirmativen Rechts- und Staatskunst weitgehend fehlt. Allenfalls in der Architektur könnte man vielleicht fündig werden, und dann natürlich in totalitären Staaten, die die Funktionsdifferenzierung zwischen Kunst und Recht wieder zurückzudrehen versuchen. Der große Geleitzug der Kunst interessiert sich überhaupt nicht mehr für Staat und Recht. Nur am Rande schwirren ein paar Schnellboote herum, die ihre kritischen Torpedos auf Recht und Staat abschießen. Das beginnt schon im 16. Jahrhundert mit Sebastian Brants Narrenschiff und mit Emblemen auf den Judex Corruptus im 17. Jahrhundert, erlebt im 19. Jahrhundert bei Daumier einen Höhepunkt und zieht immer wieder Epigonen an wie Philipp Heinisch oder Klaus Staeck.
Eine kurze Bemerkung auch zur theoretischen Auseinandersetzung der Jurisprudenz mit der bildenden Kunst. Seit immerhin etwa 100 Jahren, gibt es, motiviert durch die Codices Picturati des Sachsenspiegels und begründet durch Karl von Amira, unter den Rechtshistorikern eine starke Fraktion, die sich der Rechtsikonografie widmet. Aber die historische Rechtsikonografie interessiert sich für Bilder nicht als Kunst, sondern als historische Quellen. Ferner gibt es gibt mindestens ein halbes Dutzend einschlägiger Bücher zum Thema Recht und Kunst. Den Anfang macht 1927 Fehr. Heute sind vor allem Bücher von Schild und Pleister, Köbler und Kocher und von Wolfgang Sellert im Umlauf. Diese Bücher findet man aber weniger in juristischen Fachbibliotheken als unter dem Weihnachtsbaum.
Und dann gibt es noch eine Sonderkonjunktur für Bücher und Aufsätze zur Justitia-Figur. Zur Interpretation darf ich wieder Luhmann bemühen. Luhmann beschreibt, wie sich im 16. Jahrhundert die Symbolik der Kunst durch das Bewusstsein der Äußerlichkeit der Bilder, der Distanz von Zeichen und Bezeichnetem und durch Verzicht auf die operativ bewirkbare Einheit verwandelt und dadurch u. a. die neue Kunstgattung von Emblemen und Allegorien entsteht. Allegorien bieten eine Personifizierung des Abstrakten. Prototyp der Allegorie ist die Frauenfigur der Justitia. Meine These lautet nun, dass das das Verhältnis von Juristen zur Kunst auf dem Niveau der Allegorie stehen geblieben ist. Der Kunst muten auch moderne Juristen die Veranschaulichung ihrer Aporien zu.
Ad 2: Nun zu der Lücke im 16. Jahrhundert, in die B heute seinen Stein gesetzt hat. Ich muss zunächst mit drei Verständnisfragen beginnen.
a) Der Absolutismus Florentiner Prägung ist mir nicht vertraut. In Deutschland hat es den absoluten Fürsten in Reinkultur nie gegeben. In Florenz gab es eine republikanische Tradition. Die Medici waren eher Handelsfürsten. Erst Cosimo I. hat durch seine Heirat und die spätere Ernennung zum Herzog der Toskana eine dynastische Legitimation herzustellen versucht. Immerhin wird Cosimo Machiavelli gekannt haben, nicht dagegen die Souveränitätslehre Bodins, denn die Sechs Bücher sind erst 1577 erschienen. Insgesamt: Sein Selbstverständnis als Fürst kann ich mir nicht vorstellen. Florenz bot jedenfalls keinen idealtypischen Absolutismus.
b) Mir ist nicht klar, wie viel die Thesen von B. mit dem Inhalt der Kunst Cellinis zu tun haben. Wir sehen ja meistens nur auf die Skulpturen. Da gibt es wohl nur zwei Arbeiten, die sozusagen thematisch einschlägig sind, nämlich den Perseus und die Büste Cosimos I. Beide Arbeiten sind relativ spät entstanden, die Büste war 1548 fertig, der Perseus wurde wohl erst 1554 aufgestellt. Die Büste war ja wohl auch gar nicht für Florenz selbst, sondern für den Hafen in Portoferraio bestimmt.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Büste Cosimos auf die Zeitgenossen gewirkt hat. Sicher nicht klassisch-römisch. Michelangelos David wurde dagegen von den Bürgern vermutlich als Symbol für Entschlossenheit und Stärke verstanden und deshalb von ihnen auf dem Platz vor dem Palazzo Vecchio aufgestellt, obwohl die Statue eigentlich für den Dom bestimmt war. Vielleicht waren aus zeitgenössischer Sicht die Münzen und Medaillen viel wichtiger als die Plastik.
c) Die Episode der Ermordung Allessandro de Medicis durch Lorenzino de Medici kann ich schlicht nicht einordnen, weil mir die historischen Details fehlen. Alessandro war ein Sohn von Clemens VII. und wurde 1532 durch Karl V. zum Erbherzog von Florenz installiert. Lorenzino hat ihn dann tatsächlich 1537 ermordet, aber wohl nicht eigenhändig, sondern durch einen gedungenen Mörder, und wohl aus politischen Gründen, nämlich weil er eingefleischter Republikaner war. Was Herr B. über diesen Vorfall berichtet stammt aus der Selbstbiographie Cellinis und ist wohl doch eine sehr subjektive Interpretation.
Ad 3: Alternative Interpretationen
a) Cellini war in der Tat ein außergewöhnlicher Mensch. Aber man darf seine Straftaten nicht mit modernen Maßstäben messen. Seine Rechtsbrüche in Rom waren in Florenz nicht interessant und umgekehrt. Erst recht interessierte man sich in Italien nicht für die Probleme Cellinis am französischen Hof. Es gab noch nicht wie heute die Vorstellung von einem universalen Strafrecht, wie sie im Internationalen Gerichtshof in Den Haag institutionalisiert ist.
b) Es war im Übrigen ja auch keineswegs so, dass Cellini Narrenfreiheit genoss. Als es ihm 1523 in Florenz zu heiß wurde, floh er nach Rom. Als er sich in Rom der Gunst des Papstes nicht mehr sicher war, floh er weiter nach Neapel. Bei seiner Rückkehr nach Rom wurde er sogar unter falschen Beschuldigungen verhaftet und verurteilt. Er saß im Gefängnis, bis er auf Fürsprache Franz I. freikam und auf Umwegen nach Fontainebleau ziehen konnte. Und als er mit König Franz I. in Streit geriet, kam er wieder nach Florenz, wo das Regime gewechselt hatte.
c) Näher an den Kern dringt aber wohl die Frage, ob, immer aus der Sicht zunächst Clemens‘ VII. und dann Cosimos I., Cellini wirklich im rechtsfreien Raum handeln durfte. Das Florenz des 16. Jahrhunderts war eine vormoderne Form des Staates. Wenn wir einmal annehmen, dass sich die Fürsten in dieser Zeit wirklich als legibus soluti verstanden, dass sie also nicht einmal eine Art ethisches Minimum im Sinne des Dekalogs für unverfügbar hielten, dann kann man doch kaum annehmen, dass sie einem Künstler, und sei es auch Cellini, eine originäre Verfügungsgewalt über das immerhin vorhandene Recht konzedierten. Dann blieb doch alle Freiheit des Künstlers eine vom Patron abgeleitete Freiheit. Dann stellt sich die Frage, wem der Patron solche außerordentlichen Freiheiten konzedierte. Vielleicht auch seinem Meisterkoch. Steht damit die Kochkunst über dem Recht? Oder seiner Mätresse. Steht dann die Liebeskunst über dem Recht? Ich meine also, die Freiheit des Künstlers war vielleicht doch nur eine geliehene und keine originäre.
Damit komme ich schon zu meinem Punkt 4, nämlich zu möglichen alternativen Deutungen des Geschehens.
a) Ich würde der Story Celllinis, wie wir sie von Herrn B. gehört haben, nicht die Überschrift »Kunst vor Recht« oder »Kunst über Recht« geben, sondern vielleicht »Künstler sicher vor Strafverfolgung«. Nicht das Recht wurde suspendiert, sondern nur die Strafverfolgung, und zwar aus Opportunitätsgründen, nämlich nur solange, wie der Künstler nützlich erschien. Der Künstler bekommt keineswegs einen Freiraum zum Morden. So wie es heute Kronzeugen gibt, gab es damals Kronkünstler.
b) Was brachte die Patrone dazu, dem Künstler Cellini immer wieder die Freiheit zu schenken? War es Prunksucht?

Wenn man an die Goldschmiedearbeiten, insbesondere an das berühmte Salzfass, denkt, so war diese Kunst doch eine extrem elitäre Angelegenheit, die man kaum nach außen vorzeigen konnte, ohne die Bruciamenti in Erinnerung zu rufen, die uns Herr B. in einem früheren Aufsatz vorgestellt hat.

Auf der anderen Seite waren Statuen und Münzen im Florenz der Medicis wohl das wichtigste Massenmedium. Für Künstler als Public-Relations-Manager gab es keinen Ersatz. War das der Grund, warum Allessandro eine ebenso prachtvolle Porträtmedaille wollte wie Cellini sie für Clemens VII. geschaffen hatte? Dann wurde der Künstler also als Propagandahelfer gebraucht. Und dafür wurde ihm manches nachgesehen.
c) Nur auf den ersten Blick ist die These von der Rechtsfreiheit der Kunst als Vorbild für die Rechtsfreiheit des Souveräns plausibel. Es geht um eine Analogie zwischen Künstler und Regenten. Aber die Analogie hinkt. Für eine Analogie muss man doch fragen: Was hat für den Künstler eine ähnliche Bedeutung wie für den Souverän das Recht? Für die Antwort würde man kaum in der privaten Lebensführung des Künstlers suchen, sondern auf werkbezogene Qualitäten schauen. Die Analogie wäre nur plausibel, wenn die Künstlerfreiheit hinreichenden Werkbezug hätte. Der nächstliegende Werkbezug im Falle Cellinis wäre der Regelkanon der Kunst in Verbindung mit dem Ziel der Mimesis. Cellini hätte sich von diesem Kanon befreien müssen. Oder er hätte ungewöhnliche, nicht regelkonforme Motive wählen können. Auch das hat er nicht getan. Der Gipfel schließlich wäre die künstlerische Darstellung des Bösen gewesen, sei es in der Form der Blasphemie, bürgerlicher Unmoral oder in Gestalt der Auflehnung gegen das Recht oder seinen Repräsentanten. Von alledem kann keine Rede sein. Die Künstlerfreiheit hat im Werk selbst keinen Ausdruck gefunden. Cellini ist ein Beispiel für die Freiheit des Künstlers, nicht für die Freiheit der Kunst.
d) Von Immanuel Kant stammt bekanntlich die Vorstellung, dass ich etwas ästhetisch rühmen kann, obwohl ich es moralisch verwerfe. Das passt nicht genau. Hier geht es nicht um ein amoralisches Werk, sondern um einen amoralischen Künstler. Aber sicher ist auch irgendwo schon einmal behauptet worden, dass die ästhetische Qualität eines Werkes nicht von der Moral des Künstlers abhängt. Sollte der Künstler Cellini insofern Vorbild für den Regenten Cosimo I. sein, als dieser die Überzeugung hatte, dass es für seine Stellung als Fürst nicht auf persönliche Moralität, sondern auf erfolgreiches politisches Handeln ankam? Auch der amoralische Regent kann ein guter Fürst sein. Das wäre gut machiavellistisch gedacht. Aber ich glaube, das war nicht die These von B.
e) Am meisten beunruhigt mich der Gedanke vom Recht zum Blutvergießen als Stimulans der künstlerischen Gestaltung. In abgeschwächter Form haben Künstler immer wieder das Recht zu unzivilem Verhalten als Stimulans in Anspruch genommen, etwa zu Alkoholexzessen und Rauschgiftgenuss. Doch wie soll man sich die Übertragung dieser Vorstellung auf den Fürsten, den Staat und sein Recht vorstellen. Der Staat als Kunstwerk, das ist gut nachzuvollziehen. Mord als Mittel zum Zweck; das ist immerhin noch vorstellbar. Aber Mord als Stimulans der Staatskunst geht über mein Fassungsvermögen.
f) Unter diesen Umständen erscheint mir die Aufwertung Cellinis über seine Biografie wie eine Projektion der spätromantischen Genieästhetik in das 16. Jahrhundert. Das Genie setzt sich über den Regelkanon der Kunst und über die Idee der Mimesis hinweg und wohl auch über die Regeln der Gesellschaft. Die Genieästhetik des ausgehenden 18. Jahrhunderts verlagerte die Kunst soweit in die Individualität des Künstlers, dass sich Kunst eigentlich gar nicht mehr in Werken ausdrücken lässt, jedenfalls nicht in Werken die verstanden werden. Das Geniekonzept bietet die Handhabe, Autonomie zu denken, versperrt aber die Möglichkeit, über Kunst zu kommunizieren. Die Konsequenz ist dann der Künstler ohne Werk. Die letzte Konsequenz wäre der Mord als schöne Kunst. Aber auch das hat B. wohl nicht gemeint.
Wie komme ich nun zu einem Schluss? Ich habe nur einen recht gewaltsamen Schluss. Wir haben eine mit Kennerschaft vorgetragene Einzelfallstudie gehört. Man könnte geneigt sein, sie als Gourmetwissenschaft abzutun. Aber da täte man Herrn B Unrecht. Wir wissen, dass gerade Herr B in der Kunstwissenschaft das Stadium des Gourmethaften weit hinter sich gelassen hat. Wir müssen diesen Vortrag deshalb als eine ebenso farbige und spannende wie ernsthafte Anregung akzeptieren. Normalwissenschaft muss nun aber weiter nach Anschlusskommunikationen suchen. Die Frage ist also, ob die Interpretation, mit der Herr B die Geschichte Cellinis versehen hat, von Zeitgenossen und Nachfolgern aufgegriffen wird. Das sehe ich bisher nicht.

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Genialer Wirrkopf: Friedrich Kittler

Zum Tode Friedrich Kittlers häufen sich die Nachrufe. Er hat sie verdient. Am besten finde ich den Nachruf von Maximilian Probst in der Zeit vom 20. 10 2011 »Medien sind die Kinder des Krieges«. Ich habe noch einmal Kittlers erstes großes Buch zur Hand genommen: »Aufschreibesysteme 1800-1900«. [1]1985, 3. Aufl. 1995. Mir ist es ergangen, wie beim ersten Mal. Ich kann das Buch nicht lesen. Das beginnt schon bei der furchtbaren Drucktype. [2]Es handelt sich wohl um eine Version von Arial. Vor allem aber finde ich den Faden nicht. Das ändert nichts an meiner Bewunderung für den Autor. Ich bewundere seine stupende literarische Bildung und sein Faible für die Computertechnik. Seine Liebe zum alten Griechenland macht ihn mir sympathisch. Ich schätze sein Werk, weil er die Thesen McLuhans in die Geisteswissenschaften importiert hat. Und ich finde es bemerkenswert, dass er, während alle Welt schon auf den Computer starrte, auch die altmodischen »Aufschreibesysteme« – Schreibmaschine, Grammophon und Film – ernst genommen hat. Aber, wie gesagt, seine Texte kann ich nicht lesen. Aber als er hier vor wenigen Jahren in Bochum einen Vortrag hielt, war das (für mich) ein Erlebnis.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 1985, 3. Aufl. 1995.
2 Es handelt sich wohl um eine Version von Arial.

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