Die Dominanz des Verfügbaren

Der Umbruch der Medienlandschaft hat handfeste Folgen. Die Digitalisierung der juristischen Literatur, insbesondere der juristischen Zeitschriften setzte erst mit der Jahrtausendwende in voller Breite ein. Es wurden jedoch nur wenige Jahrgänge rückwärts digitalisiert. In aller Regel nehmen die Anbieter nur neue Texte in ihre Datenbanken auf. Das hat zur Konsequenz, dass die älteren Texte kaum noch zur Hand genommen und gelesen werden. Das ist einerseits ein Segen, denn ich stehe nicht an zu behaupten, dass über 90 % aller juristischen Texte – meine eigenen nicht ausgenommen – nach wenigen Jahren zur Makulatur geworden sind. Das ist andererseits ein Verlust, denn in den restlichen 10 % steckt vielleicht Substanz.
Die Tatsache, dass im Zuge der Digitalisierung ältere Texte in Vergessenheit geraten, hat eine Kehrseite. Einige machen daraus ihr Geschäft, indem sie in der Vergangenheit wühlen, alte Texte editieren und Ideengeschichten schreiben. Andere benutzen die alten Bücher in erster Linie als Steinbruch, aus dem sich brauchbare Spolien oder gar ganze Säulen gewinnen lassen. Die Älteren haben oft noch einen gefüllten Bücherschrank, in den sie gelegentlich hineingreifen, und sei es nur aus Nostalgie. Sie (damit meine ich mich) sind dann oft überrascht, wie frisch und neu manche alten Texte wirken, oder umgekehrt, wie altmodisch viele neue Gedanken eigentlich sind. Vielleicht werde ich in Zukunft häufiger Fundstücke aus der Vergangenheit vorzeigen. Heute will ich nur noch mitteilen, welches Buch gerade der Auslöser für diesen Eintrag war, nämlich das Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Bd. 2 »Rechtstheorie als Grundlagenwissenschaft der Rechtswissenschaft« von 1972. Dagegen wirkt manche moderne Einführung in die Rechtstheorie oder die Grundlagen der Rechtswissenschaft ziemlich blass.

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Überflüssige Literatur

Gelegentlich liest man Zahlen über den gewaltigen Ausstoß an wissenschaftlicher Literatur. Die Naturwissenschaften übertreffen insoweit wohl sogar noch die Sozial- und Geisteswissenschaften. Keiner kann alles thematisch Einschlägige lesen. Man kann das Problem der überflüssigen Literatur von einem distanzierten Beobachterstandpunkt aus ansehen nach dem Motto: Die Evolution wird es schon richten. Aber dem individuellen Wissenschaftler ist damit nicht geholfen. Viele Doktoranden verbringen zwei wertvolle Jahre ihres Lebens damit, überflüssige Literatur zu lesen und auszusondern. Im Übrigen entwickelt jeder seine eigene Technik zum Umgang mit dem Überfluss. Gelegentlich bewundere ich wissenschaftliche Arbeiten, die explizit nur wenige Quellen heranziehen als souverän und elegant. Vermutlich kenne ich dann selbst die einschlägige Literatur nicht gut genug, um zu erkennen, wem alles der Autor noch hätte Kredit geben können.

Bewährt ist die Methode, nur zu lesen und auszuwerten, was andere bereits mehr oder weniger zustimmend oder jedenfalls als diskussionswürdig zitiert haben. Aber da landet man nicht ganz selten in geschlossenen Zitiernetzwerken. Soweit vorhanden, helfen Buchbesprechungen. Dabei zeigt sich jedoch eine merkwürdige Asymmetrie. Es wird immer noch viel zu viel Literatur positiv als wertvoll erwähnt. Selten oder nie erklärt jemand ein Stück schlicht für überflüssig. Dafür gibt es natürlich Gründe. Der erste liegt in dem prinzipiellen Wohlwollen, mit dem nicht nur jede Alltagskommunikation beginnt, sondern das auch Grundlage aller hermeneutischen Anstrengungen ist. Zweitens gehört auch das Besprechungswesen weitgehend zur Netzwirkerei. Drittens fehlt aber auch ein selbstverständlicher Maßstab für das Überflüssige unter dem thematisch an sich Relevanten. Eine Begründung für das Überflüssigkeitsurteil ist ähnlich schwierig wie die Begründung für die offensichtliche Unbegründetheit eines Rechtsmittels nach § 313 Abs. 2 Satz 1 StPO.

Für den Produzenten selbst ist sein Literaturstück nie überflüssig, und sei es, dass er, wie regelmäßig der Verfasser dieser Zeilen, nur schreibt, um sich seiner eigenen Gedanken zu versichern. Vieles wird im Laufe der Zeit überflüssig. Da gilt wohl längst, dass Texte, die älter als zehn Jahre sind, nur noch gelesen werden, wenn sie Bestandteil der Zitatenschatzes geworden sind (und damit wären wir wieder im Netz). Mir geht es aber um die Literatur, die von vornherein überflüssig ist, weil sie mehr oder weniger Bekanntes nur neu formuliert, die man aber dennoch sichten muss, sei es wegen der Prominenz der Autoren, sei es wegen der deutlichen Bezüge der angebotenen Stichworte zu der eigenen Thematik.

Eine große Teilmenge des Genres überflüssige Literatur besteht aus Sammelbänden, wie sie nach Tagungen entstehen oder als Festschriften produziert werden. Wohl unvermeidlich enthält jeder Sammelband Überflüssiges. [1]Kritisch zur Sammelbandunkultur hat sich gerade Gerd Schwerhoff in der heimlichen Juristenzeitung geäußert. (Entschleunigung der Forschung – aber wie?, FAZ Nr. 184 vom 10. 8. 2011 S. N5.) Der … Continue reading Aber nicht selten kann man den ganzen Band vergessen. Ich habe mich gerade wieder über zwei solcher Exemplare geärgert, denn die Mühe, sie zu beschaffen und sie dann mindestens durchzublättern, ist (jedenfalls für mich) nicht unerheblich. Und deshalb fange ich einfach damit an zu benennen, was ich überflüssig gefunden habe, nämlich:
Ralf Diedrich/Ullrich Heilemann (Hg.), Ökonomisierung der Wissensgesellschaft, Wie viel Ökonomie braucht und wie viel Ökonomie verträgt die Wissensgesellschaft?, Berlin 2011
Marc L. M. Hertogh (Hg.), Living Law, Reconsidering Eugen Ehrlich, Oxford 2009; vgl. dazu die zurückhaltende Rezension von Dan Steward. Law & Society Review 45, 2001, 225-227).
Guido Holzhauser/Carolin Suter (Hg.), Interdisziplinäre Aspekte von Compliance, Baden-Baden 2011.

Nachträge:
Schöner Titel, nichts dahinter: Heinz-Dieter Assmann/Frank Baasner/Jürgen Wertheimer (Hg.), Normen, Standards, Werte – was die Welt zusammenhält, Baden-Baden 2012.
Unergiebig: Ralf Diedrich/Ullrich Heilemann (Hg.), Ökonomisierung der Wissensgesellschaft, Wie viel Ökonomie braucht und wie viel Ökonomie verträgt die Wissensgesellschaft?, Berlin 2011.

Christoph Möllers, Die Möglichkeit der Normen. Über eine Praxis jenseits von Moralität und Kausalität, 2015. Klug und belesen. Viel rezensiert und zitiert. Und trotzdem: Überflüssig, es sei denn, man suchte nach einem Beleg für die Möglichkeit des Schreibens.

Dieter Grimm/Christoph König (Hg.), Lektüre und Geltung. Zur Verstehenspraxis in der Rechtswissenschaft und in der Literaturwissenschaft, 2020. Die Texte sind in drei Kolloquien 2012, 2014 und 2016 entstanden und entsprechend abgehangen. Immerhin erfahren wir (S. 7) »Rechtswissenschaft und Literaturwissenschaft sind Interpretationswissenschaften.« Ich habe nur einen interessanten Beitrag gefunden, der aber eigentlich gar nicht unter das Rahmenthema des Bandes passt: Pascale Cancik, Wenn der Gesetzgeber schweigt … — »Interpretation« durch die Verwaltung(en). Das Beispiel der Lärmaktionsplanung, in: Dieter Grimm/Christoph König (Hg.), S. 172-187. Darin zeigt Cancik auf, dass an der Implementation von Planungsrecht eine Vielzahl von Akteuren beteiligt ist.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Kritisch zur Sammelbandunkultur hat sich gerade Gerd Schwerhoff in der heimlichen Juristenzeitung geäußert. (Entschleunigung der Forschung – aber wie?, FAZ Nr. 184 vom 10. 8. 2011 S. N5.) Der weiß auch kein Rezept außer dem Vorschlag, Tagungsbeiträge zunächst grundsätzlich im Open Access Verfahren im Netz zu veröffentlichen.

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Download des Jahres

Ende Juli 2011 unternahm FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger einen Vorstoß zur Restgleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Aus der CDU erhielt sie Widerspruch, von der Opposition, besonders von den Grünen, dagegen Unterstützung. Da ist es vielleicht der Artikel von Interesse, der zur Zeit an der Spitze der Hitliste des SSRN steht: »What is Marriage?« von Sherif Girgis, Robert George (beide Princeton) und Ryan T. Anderson (University of Notre Dame). Seit der Veröffentlichung am 11. 12. 2010 wurde er 34.283 Mal heruntergeladen und 84.402 zitiert. Die Autoren plädieren vehement für das Festhalten am herkömmlichen Ehebegriff und gegen die absolute Gleichstellung. Hier das Abstract:
In the article, we argue that as a moral reality, marriage is the union of a man and a woman who make a permanent and exclusive commitment to each other of the type that is naturally fulfilled by bearing and rearing children together, and renewed by acts that constitute the behavioral part of the process of reproduction. We further argue that there are decisive principled as well as prudential reasons for the state to enshrine this understanding of marriage in its positive law, and to resist the call to recognize as marriages the sexual unions of same-sex partners.
Besides making this positive argument for our position and raising several objections to the view that same-sex unions should be recognized, we address what we consider the strongest philosophical objections to our view of the nature of marriage, as well as more pragmatic concerns about the point or consequences of implementing it as a policy.
Das Thema ist in vielen Ländern der westlichen Welt aktuell. Es trifft sich, dass mir vor kurzem Thomas Kupka seinen Artikel über »Verfassungsnominalismus« geschickt hat, der der soeben in ARSP 97, 2011, 44-77 erschienen ist. Kupka macht die Sache spannend, denn er verspricht eingangs, zwei auf den ersten Blick höchst widersprüchlich erscheinende Urteile des kalifornischen Supreme Courts zur Zulässigkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe zu harmonisieren. 2008 ging es um die Verfassungsmäßigkeit einer Bestimmung aus dem Familiengesetzbuch, die ihrem Wortlaut nach nur Personen unterschiedlichen Geschlechts die Eheschließung gestattete:
»Family Code section 300 currently provides in relevant part: ›Marriage is a personal relation arising out of a civil contract between a man and a woman, to which the consent of the parties capable of making that contract is necessary.‹ In light of its language and legislative history, all parties before us agree that section 300 limits marriages that lawfully may be performed in California to marriages of opposite-sex couples.« (In re Marriage Cases, 43 Cal. 4th 757). Diese Beschränkung wurde für verfassungswidrig erklärt, denn auch wenn die kalifornische Verfassung das Recht auf Eheschließung nicht erwähne, so sei doch nach vielen Vorentscheidungen klar, dass unter dem Schutz der Verfassung jedermann das Grundrecht auf Heirat ohne Rücksicht auf das Geschlecht des Partners habe. Und dazu gehöre auch, dass die Verbindung gleichgeschlechtlicher Paare als »marriage« zu bezeichnen sei, auch wenn das nicht dem historischen Sprachgebrauch entspreche. »The current statutes—by drawing a distinction between the name assigned to the family relationship available to opposite-sex couples and the name assigned to the family relationship available to same-sex couples, and by reserving the historic and highly respected designation of marriage exclusively to opposite-sex couples while offering same-sex couples only the new and unfamiliar designation of domestic partnership—pose a serious risk of denying the official family relationship of same-sex couples the equal dignity and respect that is a core element of the constitutional right to marry.«
Kalifornien ist bekannt dafür, dass es der direkten Demokratie großen Raum gewährt. Sogar die Verfassung kann durch Volksentscheid geändert werden. Im November 2008 wurde auf diesem Wege mit der Proposition 8 ein Verfassungszusatz mit dem Namen California Marriage Protection Act angenommen, der die Verfassung um den Zusatz ergänzte: »Only marriage between a man and a woman is valid or recognized in California«.
Schon im nächsten Jahr hatte der Supreme Court in Strauss v. Horton, 46 Cal. 4th 364 über die Gültigkeit dieser Bestimmung zu entscheiden. Aus deutscher Sicht hätte man wohl die Frage gestellt, ob Proposition 8 verfassungswidriges Verfassungsrecht begründet hätte. Der Supreme Court rettete die Proposition 8, in dem er sie eng auslegte: Sie bedeute in keiner Weise eine Einschränkung des Rechts gleichgeschlechtlicher Paare zur Heirat mit allen ihren Wirkungen. Dieser Verbindung werde einzig und allein die Benennung als Ehe versagt, und selbst in dieser eingeschränkten Bedeutung gelte Proposition 8 nur für die Zukunft: » Proposition 8 reasonably must be interpreted in a limited fashion as eliminating only the right of same-sex couples to equal access to the designation of marriage, and as not otherwise affecting the constitutional right of those couples to establish an officially recognized family relationship.« Eine andere Frage ist dann, ob die Bestimmung gegen die Bundesverfassung verstößt, wie inzwischen wohl ein Federal Court entschieden hat. Wie Kupka mit diesen Urteilen umgeht, möge man bei Interesse selbst nachlesen.
Ich finde das Thema zurzeit unter dem Gesichtspunkt interessant, ob und wieweit die juristische Methode die Gesetzesauslegung lenken kann. In der Zeitschrift für Rechtssoziologie gibt es einen älteren Artikel zum Thema von Jörg Wegener [1]Die Ehe für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, ZfRSoz 16, 1995, 170-191. Damit reagierte Wegener auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. 10. 1993, NJW 1993, 3058., der sehr schön Fakten zum Thema zusammenstellt und dann – vorsichtig gesagt – wenig überzeugend die Ansicht zu begründen versucht, die Ehe von gleichgeschlechtlicher Personen sei bereits de lege lata zulässig. Wenig überzeugend, denn das, was Wegener als »institutionelle Auslegung« des Art. 6 GG abtut, ist nun einmal der Standard der Methodenlehre [2]Sehr viel differenzierter Hans-Martin Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 3. Aufl., Heidelberg 1999, 409 ff.. Es wird ja immer wieder behauptet, dass die Richterpersönlichkeit für viele Entscheidungen wichtiger sei als das Gesetz. Ich würde eine Wette abschließen, dass fast alle Juristen, die in einer professionell eingekleideten Gesetzesauslegung zu dem Ergebnis gelangen, der Ehebegriff des Art. 6 GG verlange kein unterschiedliches Geschlecht der Partner, selbst homosexuell sind.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Die Ehe für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, ZfRSoz 16, 1995, 170-191. Damit reagierte Wegener auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. 10. 1993, NJW 1993, 3058.
2 Sehr viel differenzierter Hans-Martin Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 3. Aufl., Heidelberg 1999, 409 ff.

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Warum ist Luhmann so bedeutend und warum gehe ich auf Distanz?

Soeben ist von Knut Papendorf, Stefan Machura und Kristian Andenaes als Herausgebern der Band »Understanding Law in Society, Developments in Socio-legal Studies« [1]LIT-Verlag, Berlin 2011.erschienen. Er gibt die Vorträge wieder, die 2009 auf einer kleinen, aber feinen Tagung im Institut für Kriminologie und Rechtsoziologie der Universität Oslo gehalten wurden und die zum Ziel hatten, die skandinavische und die deutsche Rechtssoziologie einander näher zu bringen. Natürlich finden sich in dem Band auch Aufsätze zu den beiden Hauptexportartikeln der deutschen Rechtsoziologie, Max Weber und Niklas Luhmann. Luhmann ist gleich zwei Mal vertreten. Luhmann-Kenner müssen die beiden Artikel nicht lesen. Und wer Luhmann nur als Steinbruch benutzt, findet bessere Anleitungen. Für mich war der Artikel von Frank Welz [2]Frank Welz, Niklas Luhmann’s Sociology of Law: A Critical Appraisal, in: Knut Papendorf u. a. (Hg.), Understanding Law in Society, Developments in Socio-legal Studies, 2011, S. 80-108. jedoch ein Auslöser, um die folgenden Notizen, die schon länger schlummerten, aufzuwecken.
Warum also ist Luhmann so bedeutend?
In den 1950er und 60er Jahren hatten sich mehr oder weniger alle, die nicht in das marxistische Lager gewechselt waren, auf Empirie gestürzt. Empirische Forschung zeigt jedoch immer nur kleine Ausschnitte der Gesellschaft. Sie kann nicht das Ganze in den Blick nehmen. Das aber möchte eigentlich jeder, ob Laie oder Wissenschaftler. Luhmann bietet nun eine Großtheorie, die genau das zu leisten verspricht. Durch den Zuschnitt der Systeme kann sie Teile der Welt, die den jeweiligen Betrachter besonders interessieren, in den Blick nehmen und zu anderen Teilen und zum Ganzen in Beziehung setzen. Die marxistische Theorie war in dem Sinne »holistisch«, dass sie für alles eine Erklärung anbot – und damit war sie zum Scheitern verurteilt. Luhmann erklärt uns gerade umgekehrt, warum wir nicht alles wissen müssen und können. Damit hat er seine Theorie, ohne sich auf lange Erörterungen einzulassen, wissenschaftstheoretisch abgesichert. Er umgeht das Problem der Fundamentalphilosophie, die Frage nämlich: wo findet Wissenschaft einen sicheren Anfang der Erkenntnis, ohne in einen immer neuen Regress zu verfallen, indem er Rekursivität zu einem zentralen Theoriebaustein macht. Alle Aussagen sind solche eines Beobachters, der Unterscheidungen trifft. Der Beobachter kann sich selbst aber beim Beobachten nicht beobachten und deshalb nicht alles wissen. Daraus folgt ein radikaler Konstruktivismus. Rekursivität gibt es aber auch auf der Systemebene, denn Systeme konstituieren sich selbst, indem sie die Elemente, aus denen sie sich zusammensetzen, aus den Elementen ableiten, aus denen sie bestehen. Die daraus resultierende Geschlossenheit der Systeme hat zur Folge, dass man nicht alles wissen kann. Denn über die Systemgrenzen hinaus gibt es keine einfachen Ursache-Wirkungsbeziehungen (sondern nur »strukturelle Kopplungen«). Die Definition der Systemgrenzen gelingt Luhmann allerdings nur deshalb so gut, weil er ein großartiger Beobachter ist.
Luhmanns Theorie ist ebenso wie diejenige von Marx eine Entwicklungstheorie. Doch anders als bei Marx ist die Evolution bei Luhmann nicht gerichtet und sie kennt schon gar keinen Fortschritt. Sie lässt sich deshalb mit der aktuellen Großtheorie für die Entwicklung des Lebens, der darwinistischen Evolutionstheorie, mindestens parallelisieren. Und nicht zuletzt: An intellektuellem Format ist Luhmanns Theorie der marxistischen ebenbürtig. Auf eine solche Theorie hatten viele gewartet.
Und warum gehe ich auf Distanz?
Wie immer, kann eine Kritik grundsätzlich oder am Detail ansetzen. Am Detail habe ich nicht viel zu kritisieren. Luhmann ist einfach gut. Grundsatzkritik dagegen ist billig. Jedes große Theoriegebäude ruht auf letztlich unbewiesenen und unbeweisbaren Voraussetzungen. Man muss nur danach suchen, und wenn man nichts Besseres findet, kann man den Autor oder seine Theorie ja immer noch unter Ideologieverdacht stellen.
So musste sich Luhmann oft gefallen lassen, in die konservative Ecke gestellt zu werden. Aber das ist kein adäquates Diskussionsniveau. Man kann nicht einmal sagen – wie gelegentlich zu hören –, dass seine Theorie die Erforschung der sozialen Ungleichheit nicht vorangebracht habe. Immerhin hat er die Begriffe »Inklusion« und »Exklusion« populär gemacht. [3]z. B. Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 581 ff.
Ich verstehe Luhmanns Theorie (nach dem Vorschlag von Frank Welz) als eine Fortsetzung der Phänomenologie Husserls. Luhmann suspendiert alle ontologischen Fragen, Fragen also nach Raum und Zeit, dem Wesen der Dinge und des Menschen. Es sagt einfach, »es gibt Systeme« [4]Soziale Systeme, 1984, S. 16., und konzentriert sich auf die Frage: Wie beschreibe ich sie. Damit erhält, was er beschreibt, den Charakter einer bloßen Möglichkeit. Alle Differenzen werden der Welt von dem Beobachter eingeschrieben. Alle Grenzen, insbesondere auch die Systemgrenzen, sind letztlich bloße Definitionen. Damit hat Luhmann sich gegen jeden Fundamentalismusvorwurf abgesichert. Das Ergebnis ist blanker Konstruktivismus, und den trägt Luhmann auch überall zur Schau. Seine Theorie ist Luhmann nur deshalb so gut gelungen, weil er ein großartiger Beobachter war.
Luhmanns Theorie liefert für sich genommen keine neuen Erklärungen. Aber sie strotzt vor Realität und führt immer wieder zu überraschend neuen Sichtweisen, nicht bloß, wenn wir erfahren, dass Leinenzwang zwar nur für den Hund vorgeschrieben ist, dass dann aber auch der Herr an die Leine muss [5]Das Recht der Gesellschaft, S. 341 f.. Der Anspruch dieser Theorie ist freilich ein anderer. Sie will die Evolution des Rechts erklären, wenn auch nicht in dem Sinne, »dass es so kommen musste«, so aber doch dahin, »dass es, obwohl unwahrscheinlich, so kommen konnte« [6]Gesellschaftsstruktur und Semantik, 1981, S. 49.
Bald drei Jahrzehnte haben Luhmanns Konstruktionen die deutsche Rechtssoziologie mehr oder weniger beherrscht, und noch immer halten ihm viele die Treue. Ich gehe inzwischen bei aller Bewunderung aber doch auf eine gewisse Distanz. Grund dafür sind vor allem zwei Bauelemente der Theorie, nämliche die Vorliebe für Paradoxien und das Konzept der Autopoiese und der daraus folgenden operativen Schließung der Systeme. Luhmann ist dafür kritisiert worden, wie er das Konzept von Maturana und Varela aus der Biologie in die Soziologie übernommen hat, wo es allein schon wegen der eher willkürlich gezogenen Systemgrenzen nicht passt. Die Vorstellung von der operativen Schließung der Systeme verbietet es, das Recht als Instrument des sozialen Wandels anzusehen. Die Evolution ist blind. Nichts ist vorhersehbar. Alles entwickelt sich anders als geplant. Dieser Standpunkt ist vergleichbar mit jener deterministischen Einstellung, die die Willensfreiheit verneint. Er ist für die Rechtssoziologie gleicher Weise irrelevant wie für die Jurisprudenz.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 LIT-Verlag, Berlin 2011.
2 Frank Welz, Niklas Luhmann’s Sociology of Law: A Critical Appraisal, in: Knut Papendorf u. a. (Hg.), Understanding Law in Society, Developments in Socio-legal Studies, 2011, S. 80-108.
3 z. B. Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 581 ff.
4 Soziale Systeme, 1984, S. 16.
5 Das Recht der Gesellschaft, S. 341 f.
6 Gesellschaftsstruktur und Semantik, 1981, S. 49

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In eigener Sache VIII: Veröffentlichungen

Ressort- und Berichtsforschung als Datenquelle, in: Matthias Mahlmann (Hg.), Gesellschaft und Gerechtigkeit, Festschrift für Hubert Rottleuthner, Baden-Baden 2011, S. 357-393

Alternatives to Law and to Adjudication, in: Knut Papendorf u. a. (Hg.), Understanding Law in Society, Developments in Socio-legal Studies, Berlin 2011, S. 191-238

Die Wissenschaftlichkeit des juristischen Studiums, in: Judith Brockmann u. a. (Hg.), Exzellente Lehre im juristischen Studium, Auf dem Weg zu einer rechtswissenschaftlichen Fachdidaktik, Bd. 1, Baden-Baden 2011, S. 67-78.
Die ausführliche Besprechung von Cornelia Vismann, die ich abschnittsweise bereits in Recht anschaulich und in Rsozblog eingestellt hatte, ist nunmehr in der Zeitschrift für Rechtssoziologie 32, 2011, 262-276 erschienen.

Zusammen mit Hans Christian Röhl: Röhl, Juristisches Denken mit Versatzstücken, in: Judith Brockmann u. a. (Hg.), Methoden des Lernens in der Rechtswissenschaft, Baden-Baden 2012, S. 251-258.

Im Januar 2013 ist bei Mohr Siebeck erschienen »Demokratie-Perspektiven. Festschrift für Brun-Otto Bryde zum 70. Geburtstag (ISBN 978-3-16-152197-3). Darin S. 675-710 mein Beitrag »Entwicklungshilfe durch Recht und die Konvergenzthese«.

Erschienen sind schließlich in der EzR (Enzyklopädie zur Rechtsphilosophie der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie – IVR) meine Beiträge Grundlagen der Methodenlehre I und Grundlagen der Methodenlehre II.

Zusammen mit Stefan Machura: 100 Jahre Rechtssoziologie: Eugen Ehrlichs Rechtspluralismus heute, Juristenzeitung 2013, 1117-1128.

»Die Rechtstheorie ist schlecht vernetzt«, in: Aarnio Aulis u. a. (Hg.), Positivität, Normativität und Institutionalität des Rechts, Festschrift für Werner Krawietz zum 80. Geburtstag, Berlin 2013, S. 537-565.

Theodor Geiger, Bemerkungen zur Soziologie des Denkens, ARSP XLV, 1969, 23-52, in: Annette Brockmöller (Hg.), Hundert Jahre Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 2007, S. 149-165.

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Zur Kritik am Container- oder Transportmodell der Kommunikation

Nachdem die Methodenlehre längst vom Subsumtionsdogma abgerückt ist, wendet sich die neuere Kritik gegen das so genannte Containermodell der Kommunikation, dass der juristischen Methode zugrunde liege. Gemeint ist eine Informationsübertragung nach dem technischen Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver. Dazu wird das ganze Arsenal postmoderner Wissenschaftstheorie, Sprachphilosophie, Soziolinguistik und Systemtheorie aufgeboten. Kurz und prägnant wird die Kritik von Lerch [1]Kent D. Lerch, Wissen oder Willkür? Zur Konstruktion des Rechtsfalls durch den Richter, in: Ulrich Dausendschön-Gay (Hg.), Wissen in (Inter-)Aktion, Verfahren der Wissensgenerierung in … Continue reading zusammengefasst. Sie läuft weitgehend ins Leere, denn kaum jemand bestreitet, dass das technische Modell der Kommunikation für die Humankommunikation nur als Kontrastmittel brauchbar, und zwar aus fünf Gründen.
1. Ein Mensch empfängt ständig zahllose Reize, die als Zeichen in Betracht kommen. Zum Zeichen werden solche Signale erst durch eine Wahl des Empfängers. Erst wenn und weil der Empfänger ein Signal als Zeichen deutet, kann es kommunikativ wirken.
2. Für die Humankommunikation steht eine Vielzahl von Kodes zur Verfügung. Die prominentesten sind der linguistische Kode der Sprache und der Buchstabenkode der Schrift. Ein beinahe perfekter Kode ist das Notensystem der Musik; andere, insbesondere ikonografische Kodes, sind vergleichsweise sehr unbestimmt. Doch selbst die leistungsfähigsten Kodes lassen Spielräume.
3. Es ist nicht gewährleistet, dass ein vorhandener Kode auch optimal genutzt wird. Der Kode kann nicht technisch implementiert werden wie das Übertragungsprotokoll zwischen Computer und Drucker. Seine Anwendung ist von der Kommunikationskompetenz der Beteiligten und von deren Folgebereitschaft abhängig. Der Sender, der in aller Regel ein Interesse daran hat, verstanden zu werden, wird sich nach Kräften an den verfügbaren Kode halten. Wenn der Empfänger dieses Interesse nicht vollständig teilt, wird er nachlässig dekodieren und alle Unklarheiten in seinem Sinne nutzen. Es liegt auf der Hand: Je schwächer der Kode, desto größer die Interpretationsfreiheit. Die Bedeutungszuweisung wird zur Sache des Empfängers.
4. Humankommunikation vollzieht sich gleichzeitig auf mehreren Kanälen. Die Zeichenkonkurrenz steigert noch die Interpretationsherrschaft des Empfängers und verhilft ihm zu einer dominanten Stellung in der Kommunikation.
5. Auf zwei Stufen vollzieht sich eine nicht-instrumentelle Beteiligung des Mediums am Kommunikationsprozess:
a) Die technischen Medien (der Übertragungskanal) bleiben nicht semantisch neutral. Sie bestimmen die Reichweite und Verfügbarkeit des Informationsflusses und damit die raumzeitliche und soziale Organisation der Kommunikation und haben so erheblichen Anteil an der Bedeutungskonstitution.
b) Die semiotischen Qualitäten des verwendeten Zeichensatzes strukturieren das kognitive Potential von Sender und Empfänger.

Erfolgreiche Kommunikation ist aber nicht so selten, wie es unter diesen Voraussetzungen scheinen könnte. Im Gegenteil, eine gelungene Verständigung ist, und zwar nicht nur im Alltag (so aber Lerch), sondern auch in der Rechtspraxis, sogar der Normalfall. Der Rezipient wird Signale aus einem bestimmten Kanal als Zeichen interpretieren und sich um eine subjektive Auslegung, d. h. um eine Auslegung im Sinne des Senders, bemühen, wenn er interessante Informationen erwartet. Auch der Rollentausch zwischen Sender und Empfänger verpflichtet beide auf eine effektive Nutzung der verwendeten Kodes. Schließlich können auch Sanktionen zu einer kodegerechten Kommunikation veranlassen. Sanktionen setzen allerdings Kontrolle voraus. Die Kontrollmöglichkeiten steigen mit der Qualität des Kodes und sind damit bei der Sprache relativ hoch. Kontrolle und Sanktionen laufen ihrerseits wieder über Kommunikation mit der Folge, dass Schrift und Sprache als effektive Kommunikationsmittel geradezu selbstverstärkende Wirkung haben.
Für die Rechtskommunikation tritt eine weitere Komplikation hinzu, weil Normtexte in der Regel nicht von einer einzelnen Person als Absender ausgehen, sondern einer Institution, insbesondere einem Parlament, zuzurechnen sind. Die Rede vom »Willen des Gesetzgebers« ist dann eine grobe Vereinfachung, wenn nicht gar eine Fiktion. Dadurch wird die Identifizierung einer gesetzgeberischen Intention als Dekodierungshilfe zwar erschwert, aber nicht ausgeschlossen. [2]So aber Dietrich Busse, Ist die Anwendung von Rechtstexten ein Fall von Kommunikation?, in: Kent D. Lerch (Hg.), Recht vermitteln, Strukturen, Formen und Medien der Kommunikation im Recht, Bd. 3, … Continue reading
Im Normalfall besteht gar keine Meinungsverschiedenheit über die Mitteilungsabsicht »des Gesetzgebers«. Aber auch in Streitfällen wäre, wie die Geschichtswissenschaft mit ihren historisch-kritischen Analysen zeigt, die Intention gesetzgeberischen Handelns oft mit hinreichender Sicherheit zu ermitteln. [3]Rainer Hegenbarth, Juristische Hermeneutik und linguistische Pragmatik, 1982, 177. Dass juristische Interpretation von solchen Analysen kaum Gebrauch macht, steht auf einem anderen Blatt.
Ein Problem ergibt sich schließlich daraus, dass das Textverständnis von den Interessen des Interpreten gelenkt wird. Wer eine Gebrauchsanleitung liest, wird sie in aller Regel »richtig« verstehen, das heißt so, wie sie vom Verfasser gemeint war, weil er daran interessiert ist, dessen Mitteilungsabsicht richtig zu erfassen. Wer einen literarischen Text liest, sucht eher eine Projektionsfläche für eigene Gedanken. Juristische Texte werden regelmäßig vor dem Hintergrund von Konflikten gelesen. Mit der Lektüre verbindet sich deshalb das Interesse, die eigene Position im Streit zu verstärken. Das ist keine gute Voraussetzung für eine verlustfreie Informationsübertragung, sondern oft der Ausgangspunkt für einen »semantischen Kampf« [4] Ausdruck nach Ralph Christensen, z. B. in Friedrich Müller/Ralph Christensen, Juristische Methodik: Grundlegung für die Arbeitsmethoden der Rechtspraxis, 10. Aufl., 2009, S. 195.. Aber daran mus die Wissenschaft sich nicht unbedingt beteiligen.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Kent D. Lerch, Wissen oder Willkür? Zur Konstruktion des Rechtsfalls durch den Richter, in: Ulrich Dausendschön-Gay (Hg.), Wissen in (Inter-)Aktion, Verfahren der Wissensgenerierung in unterschiedlichen Praxisfeldern, 2010, S. 225-247.
2 So aber Dietrich Busse, Ist die Anwendung von Rechtstexten ein Fall von Kommunikation?, in: Kent D. Lerch (Hg.), Recht vermitteln, Strukturen, Formen und Medien der Kommunikation im Recht, Bd. 3, Berlin 2005, 23-53, 28 ff.
3 Rainer Hegenbarth, Juristische Hermeneutik und linguistische Pragmatik, 1982, 177.
4 Ausdruck nach Ralph Christensen, z. B. in Friedrich Müller/Ralph Christensen, Juristische Methodik: Grundlegung für die Arbeitsmethoden der Rechtspraxis, 10. Aufl., 2009, S. 195.

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Rechtliche Identität

Zu den Berichten, die ich in meinen Einträgen zur Berichtsforschung im Blick hatte, gehört der Bericht der UNO Commission on Legal Empowerment of the Poor »Making the Law Work for Everyone«. Es handelt sich um eine Kommission unter dem Dach des United Nations Development Programme (UNDP) in New York. Vorsitzende waren die ehemalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright und der peruanische Ökonom Hernando de Soto. 2008 hat die Kommission einen zweibändigen Bericht abgeliefert:
Der erste Band mit seinen 96 Seiten ist mit vielen Bildern und buntem Design wie eine Public-Relations-Broschüre aufgemacht. Man kann ihn wie ein Management Summary lesen. Als solches bietet er klare Kernaussagen und darüber hinaus ganz interessante Hinweise und Inhalte. Die dramatische Basisaussage: Vier Milliarden Menschen haben keinen Zugang zum Recht. Der zweite Teil mit seinen 353 Seiten ist nüchterner im Stil eines wissenschaftlichen Gutachtens gehalten. Es wird viel Literatur ausgewertet, und es werden illustrative Einzelbeispiele herangezogen. Aber es gibt keine systematische Datenerhebung.
Ein gute Übersetzung für Legal Empowerment ist mir bisher nicht eingefallen. »Zugang zum Recht« trifft die Sache nicht ganz. Blankenburgs »Mobilisierung des Rechts« [1]Erhard Blankenburg, Mobilisierung des Rechts, Eine Einführung in die Rechtssoziologie, Berlin 1995. gefällt mir auch nicht 100%ig, weil sie auf die Aktivierung der Betroffenen abstellt. Das Problem beginnt nicht erst, wenn die Menschen nach Institutionen suchen, die ihnen helfen könnten, und sie sich bei diesen mit ihrem Anliegen durchsetzen müssen. Bei sehr vielen Menschen beginnt das Problem noch früher damit, dass sie keine legale Existenz haben, keinen amtlich registrierten Namen und folglich keinen Ausweis. Es fehlt damit die rechtliche Identität, an die der rechtliche Schutz von Eigentum und Vertragsrechten anknüpfen kann. Es fehlt die Identität vor Banken und Behörden. Mit Interesse hatte ich deshalb schon vor Jahr und Tag einen Zeitungsartikel von Christoph Hein mit der Überschrift »Eine Nummer für jeden Inder« gelesen. [2]FamS vom 14. 2. 2010 (S. 39). Bisher gibt es in Indien keinen Pass oder Personalausweis für jedermann, sondern nur zweckgebundene Einzelausweise. Hein: »Wer Steuern zahlt, bekommt eine PAN, die Nummer für ein Steuerkonto. Wer älter als 18 Jahre ist, wird im Wahlregister vermerkt. Die Armen erhalten Karten für Nahrungsrationen. Die im Ausland lebenden Inder haben den Status des NRI – des Non-Resident Indian.« Man kann sich leicht vorstellen, wie sehr dieser Zustand die Verwaltung des riesigen Landes erschwert. Deshalb hat die indische Regierung den Milliardär und Gründer von Infosys, Nandan Nilekani, beauftragt hat, 1,2 Millionen Inder mit einem Personalausweis zu versehen.

Nandan M. Nilekani nach einem Foto von E.T. Studhalter für das World Economic Forum 2007

(Nandan M. Nilekani nach einem Foto von E.T. Studhalter für das World Economic Forum 2007)

Nilekani ist nunmehr Leiter der Unique Identification Authority of India im Range eines Ministers. Nach dem Bericht von Christoph Hein zu urteilen, hat Nilekani die Aufgabe, hier Abhilfe zu schaffen, aber nicht übernommen, um der Verwaltung beizuspringen, sondern er sieht sie als eine soziale Aufgabe an.
Wie belastend ihr Zustand für die Ausweislosen ist, steht nicht ganz außer Frage. Die Doing-Business-Reports der Weltbank und ähnliche Berichte gehen einhellig davon aus, dass die Klarheit der Zuordnung von Eigentumsrechten, die Sicherheit des Eigentums und die Durchsetzbarkeit von Verträgen der Wirtschaft helfen. Autoren aus dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik weisen jedoch darauf hin, dass diese Annahme für den Informellen Sektor, der in den armen Entwicklungsländern für die Wirtschaft erhebliche Bedeutung hat, nicht zutreffen müsse. [3]Tilman Altenburg, Christan von Drachenfels, (2006): The ‘New Minimalist Approach’ to Private- Sector Development: A Critical Assessment. In: Development Policy Review, 24, 2006, 387–411; dies. … Continue reading Sie berufen sich auf Studien, nach denen die Registrierung von Grundeigentum und Unternehmen für den informellen Sektor keine Bedeutung habe.
Die Eintragung von Grundeigentum kann sogar kontraproduktiv wirken, weil die Bodennutzung in manchen Regionen in einer Weise informell geregelt ist, die auch den Schwächsten noch eine gewisse Nutzungsmöglichkeit bietet. Die Registrierung von Grundeigentum führe dagegen zur Exklusion und zur Spekulation. Dem lässt sich wieder der Bericht der UNO Commission on Legal Empowerment of the Poor entgegenhalten. Darin wird an einem Beispiel aus Kenya gezeigt, wie wichtig die Registrierung von Grundeigentum für den Zugang zum Recht sei. Ohne registriertes Eigentum hätten die Bewohner keine Chance zur Gegenwehr, wenn Behörden oder Unternehmen ganze Siedlungen abreißen, um neu und modern zu bauen.
Im Ergebnis wird man wohl sagen müssen: Sobald die Modernisierung eines Landes einmal eingesetzt und die alten sozialen Strukturen zerstört hat, geht es nicht mehr ohne die rechtliche Identität.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Erhard Blankenburg, Mobilisierung des Rechts, Eine Einführung in die Rechtssoziologie, Berlin 1995.
2 FamS vom 14. 2. 2010 (S. 39).
3 Tilman Altenburg, Christan von Drachenfels, (2006): The ‘New Minimalist Approach’ to Private- Sector Development: A Critical Assessment. In: Development Policy Review, 24, 2006, 387–411; dies. und Matthias Krause, Seven Theses on Doing Business. Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, 2008; Miguel Jaramillo, Is there Demand for Formality among Informal Firms? Evidence from microfirms in downtown Lima, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik 2009.

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Kanon oder Kanonen? Zur Vermehrung der »anerkannten Auslegungsmethoden«

Traditionell unterscheidet die juristische Methodenlehre vier Standardmethoden, die zusammen den Methodenkanon bilden, die grammatische oder Wortauslegung, die historische, die systematische und die teleologische Auslegung. Diese Vierzahl geht bekanntlich schon auf Savigny zurück, auch wenn sich Benennung und Bedeutung seither nicht unerheblich verändert haben. Mir ist nun aufgefallen, dass man jetzt häufiger statt von dem Kanon von den Kanones der Auslegung spricht. [1]Heiko Sauer, Juristische Methodenlehre, in: Julian Krüper (Hg.), Grundlagen des Rechts, Baden-Baden 2011, S. 168-186; so aber auch früher schon Peter Raisch, Vom Nutzen der überkommenen … Continue reading. Kanon ist bekanntlich ein griechisches Wort und bedeutet Rohr und im übertragenen Sinne Richtstab. Canones, der latinisierte Plural, bezeichnet Konzilsbeschlüsse mit legislativem Charakter. Die Canones bilden neben den Dekretalen den Kernbestand des Kirchenrechts und haben diesem sogar den Namen als kanonisches Recht gegeben. Die Frage ist nun, ob der neue Sprachgebrauch auch eine sachliche Änderung anzeigt. Der Kanon im Singular dient heute zur Bezeichnung einer grundsätzlich geschlossenen Textsammlung. Dagegen wären Kanones nach dem Vorbild des Kirchenrechts beliebig vermehrbar. Mein Eindruck ist, dass die Verwendung des Plurals relativ gedankenlos erfolgt.
Dennoch steckt dahinter eine Kontroverse. In den 1960er Jahren begannen viele Juristen jene hermeneutische Ontologie oder ontologische Hermeneutik zu rezipieren, wie sie sich von Dilthey bis Heidegger entfaltet hatte und nunmehr durch Hans-Georg Gadamers »Wahrheit und Methode« repräsentiert wurde. Sie wendet sich dagegen, Hermeneutik mit Schleiermacher und Savigny als »Kunstlehre der Auslegung« zu verstehen, die mit einem Kanon anerkannter Methoden arbeitet. Arthur Kaufmann meinte, die von Savigny herrührende Auslegungslehre, nach der es nur die geschlossene Zahl von vier »Elementen« gebe, sei durch die (neue) Hermeneutik als falsch nachgewiesen worden. [2] Arthur Kaufmann, Problemgeschichte der Rechtsphilosophie, in: ders. u. a. (Hg.), Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl., Heidelberg 2011, 26-147, S. 103. Kaufmanns Verdikt ist schon deshalb unhaltbar, weil es Rechtstheorie und Methode zusammenwirft. Eine Methode ist »nur eine geordnete Klassen von Verhaltensanordnungen (Operationen) zum Zwecke von Problemlösungen. Methoden sind nicht wahr oder falsch, sondern fruchtbar oder unfruchtbar.« [3]Adalbert Podlech, Rechtstheoretische Bedingungen einer Methodenlehre juristischer Dogmatik, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Bd. 2, 1972, 491-502, S. 492.
Hassemer bleibt beim Singular, meint aber, der Kreis der Auslegungslehren sei nicht geschlossen; und nennt drei Regeln, »die derzeit den Anspruch erheben dürfen, zum Kreis der Auslegungslehren hinzuzutreten: die verfassungskonforme, die europarechtskonforme und die folgenorientierte Auslegung.« [4]Winfried Hassemer, Juristische Methodenlehre und richterliche Pragmatik, Rechtstheorie 39 , 2008, 1-22, S. 10. Aus der Unabgeschlossenheit des »Kanons« entwickelt Hassemer ein Argument gegen die … Continue reading Hassemer ist ein Schüler Kaufmanns und selbst als Hermeneutiker hervorgetreten. Daher überrascht es nicht, dass er dass er den Kreis der Auslegungsmethoden als offen ansieht. Für Hermeneutiker handelt es sich eben nicht um Methoden im technischen Sinne, sondern um bloße Argumente, die in der Tat beliebig vermehrbar sind.
Geht man von Methoden im engeren Sinne aus, so lässt sich darüber streiten, ob die verfassungskonforme und die europarechtskonforme Auslegung – eigentlich müssten man jetzt auch noch die völkerrechtskonforme Auslegung hinzunehmen – eigenständige Methoden bilden. Ich würde sie eher zur systematischen Auslegung rechnen. Es gibt weitere Kandidaten. Die Rechtsvergleichung, die früher bei der Auslegung von Gesetzen nur marginale Bedeutung hatte und zwanglos der systematischen Auslegung zugeordnet werden konnte, ist im Zuge der Europäisierung und der Globalisierung so wichtig geworden, dass sie heute als »fünfte« Auslegungsmethode [5]Peter Häberle, Grundrechtsgestaltung und Grundrechtsinterpretation im Verfassungsstaat – zugleich zur Rechtsvergleichung als »fünfter« Auslegungsmethode, Juristenzeitung , 1989, 913-919. gilt. Dagegen hat Friedrich-Christian Schroeder mit guten Gründen die Annahme zurückgewiesen, die so genannte normative Auslegung sei als fünfte neben die vier Standardmethoden getreten [6]Die normative Auslegung, JZ 2011, 187-194. Die Folgenberücksichtigung, die bis dahin bei der teleologischen Auslegung eine unscheinbare Rolle spielte, könnte sich nunmehr unter dem Einfluss insbesondere der ökonomischen Analyse des Rechts tatsächlich als sechste Auslegungsmethode verselbständigen. Das Verdikt Luhmanns (1969), die Untersuchung und Abwägung von Folgen sei nicht Aufgabe der Rechtsdogmatik, konnte Folgenargumente in Rechtsprechung und Schrifttum nicht ganz unterdrücken und schon gar nicht verhindern, dass die Folgenberücksichtigung im Methodenschrifttum ausführlich und überwiegend positiv erörtert wurde. Ein wichtiger Einwand war bisher, dass das Angebot der Sozialwissenschaft nicht ausreiche, die Gerichte, das Verfassungsgericht vielleicht ausgenommen, aber nicht ad hoc empirische Forschung veranlassen könnten. Ich habe bereits in einem früheren Eintrag [7]Berichtsforschung IV: Ein Umweg zur Interdisziplinarität der juristischen Arbeit? darauf hingewiesen, dass sich Situation insoweit durch die freie Verfügbarkeit einer umfangreichen Berichtsforschung geändert haben könnte.
Ein Kanon im Sinne eines prinzipiell geschlossenen Bestandes muss nicht zementiert sein, sondern kann sich im Laufe der Zeit wandeln. Der Kreis der Auslegungsmethoden ist nicht so offen, wie Hassemer meint und schon gar nicht beliebig. Das Bundesverfassungsgericht spricht wiederholt von »anerkannten Auslegungsgrundsätzen« [8]Z. B. E 88, 145/167; BVerfG, 2 BvR 2939/93 vom 29.4.1998 Abs. 13; BVerfG, 1 BvR 224/07 vom 28.4.2009 Abs. 15. (von denen die Verfassung keine bestimmte Auslegungsmethode vorschreibe). Welche das sind, lässt das Gericht offen. Aber »anerkannt« müssen sie sein. Man sollte deshalb weiterhin vom Kanon reden (und nicht von Kanonen).
(Geändert am 15. 8. 2011.)

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Heiko Sauer, Juristische Methodenlehre, in: Julian Krüper (Hg.), Grundlagen des Rechts, Baden-Baden 2011, S. 168-186; so aber auch früher schon Peter Raisch, Vom Nutzen der überkommenen Auslegungskanones für die praktische Rechtsanwendung, Heidelberg 1988.
2 Arthur Kaufmann, Problemgeschichte der Rechtsphilosophie, in: ders. u. a. (Hg.), Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl., Heidelberg 2011, 26-147, S. 103.
3 Adalbert Podlech, Rechtstheoretische Bedingungen einer Methodenlehre juristischer Dogmatik, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Bd. 2, 1972, 491-502, S. 492.
4 Winfried Hassemer, Juristische Methodenlehre und richterliche Pragmatik, Rechtstheorie 39 , 2008, 1-22, S. 10. Aus der Unabgeschlossenheit des »Kanons« entwickelt Hassemer ein Argument gegen die Tauglichkeit der Auslegungsmethoden, das wenig taugt, weil es den Unterschied zwischen Auslegungsmethoden und Auslegungstheorien = Theorien über das Ziel der Auslegung vernachlässigt.
5 Peter Häberle, Grundrechtsgestaltung und Grundrechtsinterpretation im Verfassungsstaat – zugleich zur Rechtsvergleichung als »fünfter« Auslegungsmethode, Juristenzeitung , 1989, 913-919.
6 Die normative Auslegung, JZ 2011, 187-194
7 Berichtsforschung IV: Ein Umweg zur Interdisziplinarität der juristischen Arbeit?
8 Z. B. E 88, 145/167; BVerfG, 2 BvR 2939/93 vom 29.4.1998 Abs. 13; BVerfG, 1 BvR 224/07 vom 28.4.2009 Abs. 15.

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Was Kommunikationswissenschaft für die Rechtssoziologie zu bieten hat

In der Rechtssoziologie stellt sich immer wieder die Frage nach der Verbreitung und der Verhaltenswirksamkeit von Rechtskenntnissen. Daran wurde ich erinnert, als mir in diesen Tagen zwei funkelnagelneue (nur äußerlich) dünne Bändchen aus einer Reihe »Konzepte. Ansätze der Medien- und Kommunikations-wissenschaft« aus dem Nomos-Verlag in die Hände fielen. Diese Reihe war mir zunächst wegen der Art der Darstellung aufgefallen. Sie bietet kompakte, didaktisch gut aufbereitete Darstellungen von Kernkonzepten der Kommunikationswissenschaft. Dabei geht es ganz positivistisch um empirisch weitgehend ausgetestete Theorien. Von Luhmann haben wir gelernt, Recht als Kommunikationssystem zu betrachten. Luhmann hielt zwar nichts von einem Verständnis von Kommunikation als Informationsübertragung. Aber mir genügt hier eine Trivialausgabe seiner Theorie. Wenn Recht Kommunikation ist, warum sehen wir dann nicht viel stärker auf die Kommunikationswissenschaft? Diese Frage drängt sich auf, wenn man Band 5 und 6 der genannten Reihe aufschlägt. In Band 5 befasst sich Christof Klimmt mit dem Elaboration-Likelihood-Modell, in Band 6 Veronika Karnowski mit Diffusionstheorien.
Bei den Diffusiontheorien geht es um die Frage, wie sich Innovationen verbreiten. »Diffusion ist der Prozess, in dessen zeitlichen Verlauf eine Innovation über verschiedene Kanäle an die Mitglieder eines sozialen Systems kommuniziert wird.« (Karnowski nach Rogers [1]Everett M. Rogers, Diffusion of Innovations, 5. Aufl., New York, NY 2003., dem Pionier der Diffusionstheorie). Gedacht war allerdings zunächst an die Verbreitung technischer Innovationen (Unkrautvernichter und Kunstdünger in der Landwirtschaft, Fernseher, Handy, Internet usw.). Für die Verbreitung solcher Innovationen gibt es typische Verläufe. Die möglichen Adressaten einer Innovation müssen zunächst das erforderlichen Wissen erwerben, sie müssen sich von der Relevanz der Innovation überzeugen lassen, sie müssen sich entscheiden, sie müssen eine positive Entscheidung umsetzen, und schließlich suchen sie regelmäßig Bestätigung im Sinne von Dissonanzreduktion. Die Akzeptanz einer Innovation wird – wer hätte das anders erwartet – von persönlichen Eigenschaften der möglichen Übernehmer beeinflusst. Erst wenn eine kritische Masse erreicht wird, gewinnt die Verbreitung eine Eigendynamik. Innovatoren laufen dem Bandwagon voran, Meinungsführer springen als erste auf. Nach der Überschreitung der kritischen Masse folgt die frühe Mehrheit dem neuen Trend. Die späte Mehrheit und erst recht die Nachzügler werden dann von wirtschaftlichem und sozialem Druck getrieben. Und natürlich hängt die Verbreitung einer Innovation auch von deren »Qualitäten« ab. Dazu gehören neben der Eigenschaft, Probleme lösen oder Bedarfslücken füllen zu können, auch »Verpackung« und Gebrauchsgeeignetheit.
Die Diffusionsforschung ist von Rogers für technische Innovationen entwickelt worden. Aber sie ist alsbald auch auf die Verbreitung von Nachrichten angewandt worden. »Innovation ist eine Idee, Tätigkeit oder Objekt, welche vom Übernehmer als neu angesehen wird.« (Karnowski S. 22). Innovationen müssen also nicht mit einer technischen Apparatur oder einem Ge- oder Verbrauchsgegenstand verbunden sein. Da liegt es nahe, auch rechtliche Regelungen, die neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen, als Innovation anzusehen, sei es, dass sie durch Gesetzgebung oder Rechtsprechung tatsächlich neu entwickelt werden, sei es, dass längst vorhandene Optionen von Innovatoren entdeckt werden.
Die Diffusion technischer Innovationen endet nicht mit der Verbreitung bloßen Wissens, sondern mit der Anwendung durch die Übernehmer. Bei der Verbreitung von Nachrichten geht es zunächst nur um einen »verkürzten Übernahmeprozess«, der bloß bis zur Wissensübernahme (awareness-knowledge) verfolgt wird (Karnowski S. 63). Doch was zunächst als bloße Nachricht erscheint, kann zu Einstellungsänderungen führen und in der Folge verhaltenswirksam werden. So interessiert sich die politische Wissenschaft dafür, wie Nachrichten das Wählerverhalten ändern, und die Rechtssoziologie müsste sich dafür interessieren, wie Rechtsinformationen verhaltenswirksam werden. Ein wichtiger Unterschied, dessen Bedeutung ich nicht einschätzen kann, besteht allerdings wohl darin, dass der Nachrichtenwert von Rechtsinformationen vergleichsweise dürftig ist. Eine Folge ist vermutlich, dass Rechtsinformationen sich nur selten selbsttätig über die Medien verbreiten, sondern gezielt gestreut werden müssen.
Wenn es um eine Einstellungsänderung als Voraussetzung für die Handlungswirksamkeit neuen Wissens geht, greift die Persuasionsforschung, und als deren »Gold-Standard«, so habe ich von Klimmt gelernt, gilt das Elaboration-Likelihood-Modell. Aber dazu ein anderes Mal. Für einen Blogeintrag ist dieser Text schon wieder zu lang.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Everett M. Rogers, Diffusion of Innovations, 5. Aufl., New York, NY 2003.

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Veränderungen in der Linkliste

Den Verweis auf die »Schlüsselwerke der Kulturwissenschaften«, die bislang vom Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen angeboten wurden, habe ich gelöscht, denn die Texte sind verschwunden. Anscheinend will man einer bevorstehenden Buchpublikation keine Konkurrenz machen. Schade!
Neu ist in den Links zur Globalisierung ein Verweis auf das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg, und genauer auf die Seite mit den GIGA-Working Papers.

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