Logische Bilder II: Friedrich Lachmayer

Von der Rechtsinformatik könnte man erwarten, dass sie bei der Verwendung von Bildern voranschreitet, weil sie schon seit über 30 Jahren die elektronische Datenverarbeitung, die heute auch zur Grundlage der Bildtechnik geworden ist, mit dem Recht zusammenbringt. Doch Bilder passen anscheinend nicht zu den Algorithmen der Informatiker. Ausnahme, die die Regel bestätigt, ist Friedrich Lachmayer, von 1989 bis 2003 Leiter des EDV-Projektes RIS – Rechtsinformationssystem des Bundes im Bundeskanzleramt in Wien. Wie kein anderer hat er die Bedeutung der logischen Bilder für das Recht hervorgehoben.[1] Ihm ist es zu verdanken, dass auf dem Internationalen Rechtsinformatik Symposium, das jährlich in Salzburg stattfindet, der Visualisierung von Recht eine eigene Abteilung eingeräumt wird (vgl. meinen Beitrag vom 22. April 2008).

Lachmayer verfügt geradezu über artistische Fähigkeiten im Umgang mit Grafikelementen in Powerpoint. Auf seiner neuen Webseite kann man sich eine ganze Reihe seiner einschlägigen Präsentationen ansehen: http://www.legalvisualization.com.

Über neue Entwicklungen in der Rechtsinformatik, die zur sog. Prozessmodellierung zunehmend auch visuelle Hilfsmittel einsetzen, kann ich vielleicht in Kürze berichten.


[1] Friedrich Lachmayer, Graphische Darstellung im Rechtsunterricht, Zeitschrift für Verkehrsrecht (ZVR), Heft 8, Wien 1976, S. 230-234; ders., Normproduktion und Konkurrenzverhalten, Rechtstheorie. Zeitschrift für Logik, Methodenlehre, Kybernetik und Soziologie des Rechts, Heft 2, 1977, S. 133-144; ders., Zur graphischen Darstellung des Obligationsrechts, Schweizerische Zeitschrift für Kaufmännisches Bildungswesen, Heft 3, 1977, S. 89-97; ders., Graphische Darstellung als Hilfsmittel des Gesetzgebers, in: Klug, Ulrich/Ramm, Thilo/Rittner, Fritz/Schmiedel, Burkhard (Hrsg.), Gesetzgebungstheorie, Juristische Logik, Zivil- und Prozeßrecht. Gedächtnisschrift für Jürgen Rödig, Berlin, 1978; Karl Garnitschnig/Friedrich Lachmeyer, Computergraphik und Rechtsdidaktik, Manzsche Ver-lags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1979; Peter Jordan/Friedrich Lachmayer, A Graphic-Verbal Notation of the History of the Austrian Constitution, in: Ernst W.B. Hess-Lüttich, (Hrsg.), Multimedial Communication, Vol. I: Semiotic Problems of its Notation, Gunther Narr Verlag, Tübingen 1982; ders., Visualisierung des Rechts, in: Annemarie Lang-Seidl (Hrsg.), Zeichenkonstitution. Akten des 2. Semiotischen Kolloquiums Regensburg 1978, Band II, Berlin, 1981; ders., Symbolisierung von Metaphern, DOXA 13/1987, Semiotische Berichte, Institute of Philosophy, Hungarian Academy of Sciences, Budapest, Heft 3,4/1987, S. 137-141; ders., Die Absicherung des Rechts durch Zeichen. Vorbemerkungen zu einer Semiotik des Rechts, in: Aulis Aarnio/Stanley Paulson/Ota Weinberger/George Henrick von Wright/Dieter Wyduckel (Hrsg.), Rechtsnorm und Rechtswirklichkeit. Festschrift für Werner Krawietz zum 60. Geburtstag, Berlin, 1993; ders., Visualisierung in der Rechtswissenschaft, ARSP-Beiheft 53, 1994, S. 156-159.

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Bildklausuren

In unserem Buch »Recht anschaulich« zeigen wir S. 170 f. eine Bildklausur. Es geht um einen Fall, in dem eine Autofahrerin abends ihr Fahrzeug auf einem um diese Zeit nicht mehr bewachten privaten Parkplatz abgestellt hatte und nunmehr auf der Grundlage Allgemeiner Geschäftsbedingungen Gebühren zahlen sollte. Zwei Bilder sollen den Bearbeitern die Situation an der Einfahrt und die dort angebrachten Hinweisschilder zeigen. Dieser Fall ist als Beispiel für die Möglichkeit zum Einsatz realistischer Bilder gedacht.

Für unser Projekt Visuelle Rechtskommunikation hatten wir mit Bildklausuren in der BGB-Übung experimentiert. Die BGB-Übung ist eine der drei großen Übungen, in denen die Teilnehmer durch die erfolgreiche Bearbeitung einer Hausaufgabe und einer Klausur einen Schein erwerben, der Voraussetzung für die Zulassung zum Examen ist. Die Aufgabe besteht jeweils aus einem Fall, zu dem ein Gutachten anzufertigen ist. Da die Übung parallel von zwei Dozenten abgehalten wurde, konnten wir den beiden Gruppen, die ihre Klausuren in getrennten Hörsälen schrieben, die gleichen Fälle zur Bearbeitung geben. In einer Gruppe wurde die Klausur wie üblich als reine Textaufgabe ausgeteilt. Die zweite Gruppe erhielt den identischen Aufgabentext, in den aber realistische Bilder hineinkopiert waren. Insgesamt wurden vier solcher Bildklausuren gestellt. Hier berichte ich zunächst nur über die erste, in der es um einen Verkehrsunfall ging.

Hier zunächst der Klausurtext, der auf der danach folgenden Abbildung nicht lesbar ist: Die Markstraße in Bochum ist eine vierspurige Durchgangsstraße. Die zwei Fahrstreifen für beide Richtungen waren mit einer Leitlinie nach § 42 StVO Abs. 6 Nr. la markiert. Die mittlere, zur Abgrenzung vom Gegenverkehr dienende Leitlinie (vgl. § 42 Abs. 6 Nr. Ic) ist doppelt ausgeführt. Seit einigen Wochen betreibt die Stadt den Rückbau der Straße zu einer zweispurigen Verkehrsführung. Die Baumaßnahmen bestehen darin, dass neue Fahrbahnmarkierungen aufgebracht werden, mit denen Fahrradwege und Parkstreifen abgeteilt werden, so dass in jeder Richtung nur ein Fahrstreifen verbleibt. Außerdem wird etwa alle 300 m eine Verkehrsinsel angelegt. Auf der Höhe der Verkehrsinseln fehlt der Parkstreifen, so dass die Fahrstreifen in einem leichten Bogen um die Verkehrsinseln herumgeführt werden können.

Anfang Februar war mit den Baumaßnahmen begonnen worden. Bis zum 15. Februar waren zunächst die neuen Verkehrsinseln eingebaut worden, die von einem 13 cm hohen Kantstein umgeben sind. Die Verkehrsinseln ragen jeweils etwa 1m in die mittleren Richtungsfahrbahnen hinein. In der Mitte der Verkehrsinseln ist für beide Richtungen das Zeichen Nr. 222 »Rechts vorbei« nach § 41 Abs. 2 Nr. 3 StVO angebracht. Vor den Verkehrsinseln wurden außerdem für die Zeit bis zur Beseitigung der alten und der Aufbringung der neuen Fahrbahnmarkierungen rot-weiß-gestreifte Warnbaken mit Blinklicht aufgestellt, um die Verkehrsteilnehmer auf die Fahrbahnverengung aufmerksam zu machen.

In der Nacht zum 16. Februar sollte ein Schwertransport der Spedition S die Markstraße passieren. Wegen der Überbreite des Schwertransports hatte S bei der Stadt die erforderliche Genehmigung eingeholt. Die Stadt hatte auf seine Bitten auch veranlasst, dass auf der Fahrstrecke schon am 5. Februar Schilder aufgestellt wurden, die für die Nach vom 15. auf den 16. Februar das Parken verboten (Zeichen nach § 41 Nr. 286 StVO). Dennoch hatte P sein Auto am Abend des 15. Februar so abgestellt, dass der Schwertransport eine Verkehrsinsel nicht ohne weiteres passieren konnte. Daher baute die Besatzung des Begleitfahrzeugs, das dem Schwertransport vorausfuhr, die Warnbake an dieser Verkehrsinsel ab und deponierte sie am rechten Straßenrand. Um den Transport nicht länger aufzuhalten, verzichteten die Leute des S darauf, die Warnbake wieder aufzustellen und benachrichtigten den mit den Straßenbauarbeiten beauftragten Bauunternehmer. Noch bevor dieser am Morgen des 16. Februar bei Schichtbeginn die Warnbake wieder aufstellen konnte, hatten in der Zeit zwischen 5.00 Uhr und 6.30 Uhr, etwa 300 Fahrzeuge die Straße passiert. Neun Fahrzeuge fuhren mit den linken Rädern über den Kantstein der Verkehrsinsel, weil sie sich an den alten Leitlinien orientiert und die durch die Verkehrsinsel verursachte Verengung der Fahrbahn nicht bemerkt hatten. Bei allen Fahrzeugen wurden mindestens Reifen und Felgen beschädigt.

Zu den Unglücksfahrern gehörte auch U. Er fuhr mit einem VW-Golf, den er von seinem Freund F geliehen hatte. Beschädigt wurden Reifen, Felgen und Radaufhängung vorn links. F bat den Schaden für 3.000,– DM reparieren lassen.

F und U haben verabredet, dass U zunächst versuchen soll, von S und P Schadenersatz zu erhalten. U bat F versichert, auch wenn darüber einige Zeit vergehe, werde er sich nicht auf Verjährung berufen. Die Bemühungen von U bleiben jedoch vergeblich. F und U geraten darüber in Streit. Im November möchte F nun wissen, welche Ansprüche ihm gegen U, S und P zustehen. U beruft sich auf Verjährung.

Die erste Seite der Klausur mit dem Bild sah so aus:

Wir erwarteten Bildwirkungen auf zwei Ebenen:

1. Semantische Bildwirkungen – Bedeutungstransfer durch das Bild: Der Sachverhalt wird mit Hilfe der Bilder schneller und vollständiger erfasst. Die rechtliche Argumentation wird durch die Bezugnahme auf das Bild knapper und überzeugender. Bilder könnten insbesondere die Beurteilung von Pflichtverletzungen/Verschulden erleichtern.

2. Subsemantische Bildwirkungen – motivationale Komponente: Das Bild »lockert« auf und wird als positiv empfunden (»nicht so trocken«; »mal was Neues«). Das Bild verwirrt. Die Bearbeiter können mit der visuellen Information nichts anfangen. Sie fühlen sich irritiert. Bilder von schweren körperlichen Verletzungen führen dazu, dass Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche dem Grunde nach eher bejaht und insbesondere auch höhere Schmerzensgelder bewilligt werden.

Die Ergebnisse waren am Ende nicht so aussagekräftig, wie wir erwartet hatten. Vermutlich hielt sich der Effekt in Grenzen, weil die Bilder nur zusätzlich zu dem identischen Text eingefügt wurden. Die Verwendung identischer Texte war erforderlich, weil es sich eine echte Übung mit examensrelevanten Noten handelte. Die Texte waren daher wie üblich so formuliert, dass darin alle rechtlich relevanten Umstände angedeutet waren. Wir hätten uns aber auch gar nicht zugetraut, die Bildwirkung bei unterschiedlichen Texten zu isolieren. Unser Experiment zeigt immerhin einige Schwierigkeiten des Umgangs mit Bildern.

Die Reaktionen nach dem Austeilen der Klausur waren gemischt. Neben Verwunderung und einer gewissen Heiterkeit wurde auch Argwohn geäußert: Steckt dahinter ein Trick? Ist die Aufgabe besonders schwer? Bearbeiter der Bildklausur kamen deutlich häufiger zu dem Urteil, »U ist (auch) an dem Unfall schuld.«. Sie stützten sich dafür häufiger auf das Rechts-Vorbei-Schild, das aber auch in der anderen Gruppe zur Begründung eines Verschuldens des U herangezogen wurde. Umgekehrt wurde zwar in beiden Gruppen auf die Dunkelheit zur Unfallzeit verwiesen, um U zu entschuldigen. Das geschah jedoch häufiger bei den Bearbeitern der Textklausur. Es scheint also, dass auf dem Foto das Rechts-Vorbei-Schild den Kandidaten besonders ins »Auge sprang« und sie es deshalb häufiger in ihre Begründung einbauten, obwohl auf das Schild im – identischen – Text der Klausur ohne Bild ausdrücklich hinge­wiesen wurde (und die Bearbeitungsregel gilt, dass jeder im Sachverhalt genannte Umstand als rechtlich relevant angesehen werden muss). Für die Bearbeiter der Textklausuren war es von untergeordneter Bedeutung. Andererseits stellten sie sich die morgendliche Unfallsituation vor ihrem »inneren Auge« vor, und zwar – folgerichtig – bei Dunkel­heit. Die Bearbeiter einer Bild-Klausur taten dies nur zu einem ganz geringen Prozentsatz, obwohl ihnen die identische Textinformation zur Verfügung stand. Den wenigsten Bearbeitern einer Bild-Klausur fiel der Widerspruch zwischen Sachverhalts­schilderung (Februarmorgen, zwischen 5.00 und 6.00 Uhr, also dunkel) und dem Foto (tagsüber, hell) auf. Oder, wenn doch, so konnte er sich gegen den unmittelbaren Bildeindruck nur in einzelnen Fällen durchsetzen.

Es ließ sich nicht feststellen, dass in der einen oder anderen Gruppe mehr Ansprüche oder die Ansprüche vollständiger geprüft wurden. Es ist denkbar, dass die Verkehrssituation für die juristische Bewältigung des Falles, wie sie in einer Klausur verlangt wird, nicht so »bebilderungsbedürftig« war, dass dadurch die Bearbeiter der Bild-Klausuren einen messbaren Zeit- oder Verständnisvorteil gehabt hätten. Auffällig ist der Befund, dass ein Verschulden des U, in welcher Form auch immer, von den Bearbeitern der Bild-Klausur so viel häufiger bejaht wurde. Hier liegt die Vermutung nahe, dass diese sich angesichts des Bildes (taghell, alles gut sichtbar) gewissermaßen in das Bild hineinversetzten und sich sagten: »Also, dieses große Rechts-Vorbei-Schild muss U einfach gesehen haben, die Verkehrsinsel ist doch klar erkennbar. Wer orientiert sich da an den Leitlinien?!«.

Anders stellte sich die Situation für die Bearbeiter der Textklausur dar. Hier liegt die Vermutung nahe, dass sie sich eigene Seherfahrungen als Autofahrer bei Nacht oder in der Dämmerung ins Gedächtnis riefen und zu dem Schluss kamen, dass bei schlechten Sichtverhältnissen die weiß leuchtenden Leitlinien oft die einzige Orientierungshilfe darstellen. Vergegenwärtigte man sich eine solche »Nachtfahrt«, konnte man zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Autofahrer sich bei Dunkelheit an den Leitlinien »entlang hangelt« und daher die Verkehrsinsel zu spät bemerkt. Auf jeden Fall hat das Bild einen Unterschied gemacht. Wie vermutet, hat es sich vor allem im Bereich der Verschuldensbewertung ausgewirkt.

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E-Learning ohne Bilder?

Zum E-Learning in unserem Buch »Recht anschaulich« S. 96 f. Ich kenne die aktuellen Angebote nur sehr unvollständig. Manche sind nur aus den Intranetzen der Universitäten zugänglich. Bei anderen muss man sich bei der Anmeldung als Student ausweisen, was mir nicht so leicht fällt. Wieder andere kosten Geld. Immerhin gibt es auch einige frei zugängliche Angebote und allerhand Demo-Versionen, aus denen man einen gewissen Eindruck gewinnen kann. Der erste Eindruck aber ist ziemlich klar: Von Visualisierung keine Spur. Das ist bemerkenswert, denn das Medium bietet sich für die Verwendung von Bildern aller Art geradezu an.

Ich fange hier jetzt einfach einmal an, juristische E-Learning-Angebote aufzulisten. Nach und nach kann ich die Liste vielleicht komplettieren und kommentieren. Dazu hoffe ich auf die Hilfe unser Leserinnen und Leser. Bei der Beschreibung soll das folgende Raster helfen, das natürlich selbst verbesserungsfähig ist. Es geht grundsätzlich nicht um ein Qualitätsurteil, sondern um eine äußerliche Beschreibung.

Es ist kein Zufall, dass ich mit einem Kurs von Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf beginne, denn Hilgendorf zählt mit dem DTV-Atlas Recht zu den Pionieren der Rechtsvisualisierung.

Lfd. Nr. 1:

Datum der letzten Webabfrage: 5. 5. 2008

Institution: Universität Würzburg

Dozent: Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Würzburg

Produktname/Thema: Korruptionskurs

Webadresse: http://www.jura.uni-wuerzburg.de/lehrstuehle/hilgendorf/moodle/

Zugänglichkeit: Gastlogin möglich

Kosten: Gastlogin ohne Kosten

Weitere Medien: Keine

Designeindruck: Weißes Textfeld auf blauem Hintergrund. Schlicht

Bilder: Keine

Navigation: Klar und einfach. Allerdings kann man nicht direkt zwischen den einzelnen Lerneinheiten hin- und herblättern.

Zeitbedarf: Ich habe den Kurs (mit Vergnügen) in einer halben Stunde durchgeblättert. Studenten sollten wohl eher mit drei Minuten pro Lerneinheit rechnen.

Beschreibung: Der Kurs ist aufgeteilt in zehn Paragrafen, diese wiederum in sechs bis 34 (Durchschnitt 17) Lerneinheiten. Jede Lerneinheit besteht aus einem Text von zwei bis neun Zeilen. Die Lerneinheiten innerhalb eines Paragrafen können nur nacheinander gelesen werden. Von den 19 Lerneinheiten von § 1 sind drei kleine Grafiken, von den 27 Lerneinheiten von § 2 sind zwei Statistiken. Es gibt außerdem am Ende von § 2 eine Seite mit drei Links, am Ende von § 6 eine Seite zwei Literaturhinweisen und zwei Links.

Was freut, was nervt: Mich nervt am Ende jedes Paragrafen der Hinweis: »Herzlichen Glückwunsch. Sie haben das Ende dieser Lektion erreicht.« Man kann ja auch verstehen: Sei froh, dass die Sache vorbei ist. Stanley Fish lässt grüßen. Das hat der Kurs nicht verdient.


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Rechtsvisualisierung in den USA

Dazu hat Lyn Packer auf dem IRIS 2007 einen Vortrag gehalten. Packer ist Trial Consultant in Utah, USA, also ein Berater für Rechtsanwälte, die vor Gericht auftreten und ihren Auftritt durch Visualisierungstechniken unterstützen wollen. Ein PDF mit den 58 durchgehend illustrierten Folien zum Vortrag findet man hier:

http://www.univie.ac.at/RI/IRIS2007/papers/packer.pdf.

Auch ohne den Vortragstext (ich suche noch nach einer Fundstelle) lohnt es sich, die Folien anzusehen. Gefunden habe ich ein etwas älteres, noch lesenswertes Manuskript von Packer über E-Litigation, und zwar unter folgender Adresse:

http://www.jurawelt.com/sunrise/media/mediafiles/13606/elitigation_en.pdf.

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Wo ist Irina Vega geblieben?

2003 hat die EU mit großem Aufwand den Comic »Troubled Waters« herstellen lassen, der Europa vor allem dem jungen Publikum näher bringen sollte. Der Plot: Irina Vega, »a feisty, ethnically and politically unidentifiable European Parliament Member« (Elisabeth Borden in der Internetzeitschrift Cultural Gutter) ist Berichterstatterin des EP zur Wasserdirektive und kommt bei ihren Recherchen einem Chemieunternehmen auf die Spur, das durch seine Machenschaften das Grundwasser bedroht. Mit Hilfe eines geheimen Informanten und eines befreundeten Fotografen gelingt ihr die spektakuläre Aufdeckung eines Chemieskandals. Beim Comicfestival von Angoulême haben die belgische Zeichnerin Dominique David sowie die Texter Cristina Cuadra und Rudi Miel 2003 den Preis für die beste Kommunikationskampagne auf Comicbasis erhalten.

Auf der Seite http://www.europa-digital.de/service/buch/comic.shtml wird der Comic angepriesen: »Beeindruckend sind die Details des Comic, die ein realistisches Bild des Europäischen Parlaments und seiner Räumlichkeiten und Einrichtungen wiedergeben. Zudem gibt die Geschichte einen interessanten Einblick in die Lobbyarbeit der Interessenverbände, in diesem Fall der Chemischen Industrie. Erfunden ist die Geschichte des Comic, real ist hingegen die Kritik des CEFIC, dem europäischen Ausschuss der Verbände der chemischen Industrie. Der beklagte das negative Bild, das das Comic auf die Chemische Industrie werfen würde. Deshalb enthält nun jede Ausgabe den Vermerk: … obwohl es sich bei den in der Geschichte erzählten Abenteuern um reine Fiktion handelt, spiegeln die beschriebenen Verfahren in vollem Umfang die Realität wieder.«

Der Comic sollte in alle Gemeinschaftssprachen übersetzt, 1,25 Mill. Mal gedruckt und kostenlos verteilt werden. Er ist aber nicht mehr zu finden. Anscheinend ist die EU damit nicht glücklich geworden. Das begann schon damit, dass man bei einem spanischen Pornostar landet, wenn man »Irina Vega« in eine Suchmaschine eingibt. Das ging weiter mit den Protesten aus der Chemieindustrie, die sich grundlos und unqualifiziert angegriffen fühlte, und aus Kreisen konservativer Politiker in England, die Geldverschwendung durch die EU beklagten. Und in der Blogger-Szene gab es zynische Kommentare. Hier eine Kostprobe: » … Irina Vega, a gorgeous, auburn-haired, heavy-breasted member of the European parliament, who is determined to clean up Europe’s rivers, single-handed if necessary. She’s obviously modelled on Lara Croft in Tomb Raider. Irina races up the side of plenary sessions, rescues directives from the jaws of death, and clutching the rope in her teeth, so to speak, swings across shark-infested committee meetings. Naturally she succeeds in exposing a wicked, polluting chemical company. … The illustrations are in the voguish style of continental comic books: lots of close-ups, moody pictures of people talking in dark rooms, vertiginous perspectives on the parliament building with speech bubbles coming out of invisible characters. It could be quite jolly, except that the European parliament is the most boring elected assembly on the face of the planet. There is no way of getting round this. So you get a clunky bubble like this: ›If I could just remind you of the agenda: first we shall consider the EPP group’s questions on aircraft noise – then we’ll move on to the socialist group’s questions on the draft directive on GMOs.‹ An eager-looking young hack, a Tintin figure, is asking Irina questions. She replies with this gripping quote: ›The report is currently on its second reading, so we have to reach agreement with the council, if necessary via a conciliation committee. Thank you.‹ « (Simon Hoggart, http://www.guardian.co.uk/politics/2003/feb/15/politicalcolumnists.redbox.)

Es ist wohl richtig: Bilder als Kommunikationsmittel verhalten sich manchmal wirklich »anarchisch« und »antiautoritär« (Petra Schuck-Wersig, Expeditionen zum Bild, 1993, 167 ff.).

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Die kurzsichtige Stechfliege

Aus dem Olymp lässt sich leicht über die Irdischen spotten. Das haben die Halbgötter im Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt schon von 1982 bis 2001 mit dem Rechtshistorischen Journal geübt. Nun schenken sie der Welt eine neue Zeitschrift mit dem Namen MYOPS. Dazu stellen sie sich einem Irdischen an die Seite:

„Als ‚myops’, Stechfliege, sah sich Sokrates, wenn er als Frager und Kritiker die Athener piekste. ‚myops’ leistet dies für unsere heutige Zeit des Rechts:

  • stellt schlechte Schriften, unglaubliche Urteile, fiese Praktiken an den Pranger
  • behandelt Stil, Krise, Kritik und Hygiene des Rechts
  • deckt auf, nennt Namen.
  • behandelt Probleme der Richter, Anwälte, Beamten, Justitiare und Studenten.
  • ‚myops’ macht Spaß.“

Arroganz und Zynismus machen Spaß, solange sie andere treffen. Wie dumm: Myopie ist Kurzsichtigkeit. Hoffentlich können sich die Sokrates-Nachfolger eine Brille leisten und lesen zunächst bei dem Meister weiter. Da lernt man etwas über intellektuelle Bescheidenheit.

Ob die Stechfliege sich auch an hohe Tiere herantraut? Hat doch da gerade der scheidende Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts auf dem Anwaltstag schöne Sprechblasen zum Hineinstechen geliefert: „Durch die Garantie der Unabhängigkeit ist der Anwalt normativ instand gesetzt, in einem emphatischen Sinne frei zu handeln …“.

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LAWgical – Recht und neue Medien

Die Universität Saarbrücken ist die deutsche Hochburg der Rechtsinformatik. Dort erscheint auch das Weblog »LAWgical – Recht und Neue Medien«, und zwar schon seit September 2003. In dieser Zeit haben sich viele gehaltvolle Beiträge angesammelt. Die Internetadresse: http://lawgical.jura.uni-sb.de/.

Aus der Visualisierungsperspektive interessieren besonders Beiträge zu Urheberrechtsfragen. Aber es gibt noch Einschlägigeres: Dort hat Ralf Zosel am 4. Mai eine Nachricht über Juristische Lehrfilme von Tele-Jura auf YouTube eingestellt.

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Das System als Mobile

Heute habe ich den Vortrag eines auch als Mediator tätigen Ökonomen gehört, den ich sobald nicht vergessen werde. Thema war »Systemisches Management oder Steuern beim Driften«. Was den Vortrag für mich unvergesslich macht, war die Visualisierung des »Systems«. Der Vortragende hatte dazu aus bunten Plastikstrohhalmen ein Mobile gebastelt, das er in der Hand hielt. Damit wollte er zeigen, wie sich das System zunächst in einer Art selbstorganisierten Gleichgewichts befindet, sich aber durch Eingriffe nur mühsam steuern lässt. Jeder Zugriff auf einen Halm bringt das ganze System unvorhersehbar in Bewegung. Eingriffe von außen (leichtes Schütteln am Aufhängepunkt, Anblasen) produziert »Irritationen« und demonstriert damit die »strukturelle Kopplung«. Natürlich darf man die Metapher (oder Analogie) nicht zu weit treiben. Doch bis dahin ist sie höchst wirkungsvoll. (Vortrag von Gunnar Grams, Wuppertal; gr(at)konfliktmanagement-grams.de)

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Logische Bilder I: Logische Bilder als Graphen

In juristischem Zusammenhang ist die bei weitem am meisten verbreitete Visualisierungsform – man kann auch sagen: die einzige verbreitete Visualisierungsform – das logische Bild. Die Bezeichnung ist nicht immer ganz einheitlich. Man spricht auch von Strukturbildern, Schaubildern oder Diagrammen. Aber diese Ausdrücke werden oft auch in einem weiteren Sinne verwandt. Sie schließen dann insbesondere Mengenbilder (Kurven, Balken- und Tortengrafiken usw.) ein.

In unserem Buch haben wir uns auf S. 139 ff. näher mit logischen Bildern befasst. Diese Ausführungen sollen an dieser Stelle nach und nach erweitert werden.

Logische Bilder in engeren Sinne lassen sich mathematisch als Graphen beschreiben. Zur Einführung für Juristen ist der Artikel »Graphentheorie« in Wikipedia gut brauchbar. Ein Graph besteht aus einer geordneten Menge von unterschiedlichen Elementen, nämlich aus Knoten oder Ecken und aus Kanten. Die Knoten repräsentieren Objekte, Personen, Ereignisse oder gedankliche Konstrukte. Den Wert, der einem Knoten zugeordnet wird (eine Zahl, ein Name oder ein Text) nennt man Schlüssel, Marke oder Informationsfeld. Eine Kante verläuft zwischen zwei Knoten und beschreibt eine Beziehung zwischen diesen. Verläuft diese Beziehung nur von A nach B, nicht aber umgekehrt von B nach A, so spricht man von einem gerichteten Graphen. Anders formuliert: in einem gerichteten Graphen hat jede Kante nur einen Ausgangs- und einen Zielknoten.

Das in der Jurisprudenz beliebteste logische Bild ist der Baum. Baumstrukturen bilden eine Sonderform von Graphen. Ein Baum sieht nicht unbedingt aus wie ein Baum. Entscheidend für die Baumeigenschaft ist, dass es zwischen zwei Knoten nur einen Weg gibt. Als Blatt (leaf) bezeichnet man diejenigen Knoten, die keine Nachfolger besitzen. Alle anderen Knoten heißen innere Knoten. Ein Knoten y der (direkt) unter einem Knoten x liegt, heißt (direkter) Nachfolger (descendant) von x. Umgekehrt ist der Knoten x (direkter) Vorgänger (ancestor) von y.

Was wir gewöhnlich als Baum vor Augen haben, ist ein Sonderfall, nämlich der Wurzelbaum. Ein Wurzelbaum entsteht, wenn man eine Ecke des Baumes, das heißt einen Knoten, der nur einseitig mit anderen verbunden ist, also ein Blatt, auszeichnet. Dieser Wurzelbaum gehört zu den Basics der Informatik. Dort heißt eine Datenstruktur Baum (tree), wenn sie zwei Merkmale erfüllt:

1. Es gibt genau einen Knoten, der keinen Vorgänger besitzt. Dieser wird als Wurzel (root) bezeichnet.

2. Alle Knoten außer der Wurzel besitzen genau einen Vorgängerknoten.

Aus diesen Voraussetzungen folgt, dass es sich um einen gerichteten Graphen handeln muss, denn sonst könnte man nicht zwischen Wurzel und Blättern unterscheiden. Das zweite Merkmal hat zur Folge, dass der Baum insofern eine rekursive Datenstruktur besitzt, als er sich durch eine Reihe von Teilbäumen darstellen lässt, weil jeder innere Knoten als Wurzel dienen kann.

Aus der Zahl der direkten Nachfolger eines inneren Knotens ergibt sich der Verzweigungsgrad des Baumes. Informatiker sprechen von strikten Bäumen, wenn jeder innere Knoten mehrere Nachfolger bildet. Dann hat der Baum keinen Stamm, sondern nur noch Zweige, die sich immer weiter gabeln. Der höchste Grad unter allen Knoten ist der Grad des Baumes. Bäume vom Grad 2 heißen binär. Für die Informatik sind binäre Bäume insofern prominent, als letztlich alle Aufgaben für den Computer in eine binäre Struktur übersetzt werden müssen. Zu diesem Zweck werden Bäume höheren Grades in binäre umgewandelt. Auch im Alltagsdenken und ebenso in der Jurisprudenz haben binäre (dichotome) Strukturen eine gewisse Prominenz, weil sie mit Begriffen und Gegenbegriffen arbeiten (Zur Bedeutung solcher Antonyme in der Jurisprudenz Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 2. Aufl. 2002, S. 142 ff.). Aber die visuelle Darstellung von Bäumen gestattet ohne weiteres auch trichotome oder gar polytome Verzweigungen, die dann semantisch den Charakter einer Aufzählung gewinnen. Für juristische Zwecke kommen andererseits auch Bäume ohne Verzweigung vor, also eine bloß lineare Folge von Knoten. Sie werden als Kette, Stufenbau oder Pyramide visualisiert.

Zur Visualisierung eines Graphen als Baum werden den Knoten Symbole (Punkte, Kreise, Vierecke) zugeordnet. Für die Verteilung der Knoten auf einer Fläche oder im Raum werden Koordinaten festgelegt. Dann werden die Kanten durch »Kurven« zwischen den Knotensymbolen abgebildet. Als Kurven in diesem Sinne dienen in der Regel Geradensegmente oder Polygonzüge. Eine gerichtete Beziehung wird gewöhnlich dadurch sichtbar gemacht, dass die Kante als Pfeil gestaltet ist. Die Stärke der Beziehung kann durch die Strichstärke oder die Kantenlänge angedeutet werden.

Die mathematische Beschreibung eines logischen Bildes als Graph ist eindeutig. Für die zeichnerische Darstellung bestehen jedoch große Freiheiten mit der Folge, dass die Visualisierung der Information mehr oder weniger gut gelingt. Man kann auf Papier zeichnen, auf dem Bildschirm oder mit dem großen Zeh im Sand. Man kann unterschiedliche Formate und Farben wählen, die Darstellung mit einem Rand versehen, der wiederum rechteckig, kreisförmig oder als Wolke ausfallen kann. Es lassen sich verschiedene Anforderungen festlegen, mit denen sich die Lesbarkeit der Zeichnung von Graphen verbessern lässt. Dazu gehört insbesondere die Forderung, dass Symmetrien eines Graphen sichtbar werden und die Anzahl der Schnittpunkte von Kanten möglichst klein ist. Die Interpretation eines Baumes kann dazu führen, dass man eine Hierarchie herausliest. Um diese angemessen darzustellen, wird die Knotenmenge in Äquivalenzklassen aufgeteilt, so dass Knoten einer Äquivalenzklasse auf einer Höhe gezeichnet werden können. Im Übrigen haben sich für verschiedene Fachgebiete unterschiedliche Konventionen zur Visualisierung von Graphen herausgebildet. Sind die Kriterien für die Darstellung einer Klasse von Graphen festgelegt, lassen sich Algorithmen entwickeln, mit deren Hilfe die Zeichnung von Graphen automatisiert werden kann (weiterführende Hinweise unter http://de.wikipedia.org/wiki/Graphzeichnen). Welche Ausführung man wählt, bleibt letztlich eine Frage der Zweckmäßigkeit und Ästhetik.

In einem der nächsten Beiträge werde ich mich mit den verschiedenen Visualisierungsmöglichkeiten für Baumstrukturen beschäftigen.

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Panorama Strafrecht

Im Interesse der Aktualität begnüge ich mich vorläufig mit einer Buchanzeige: 2007 ist im Verlag IuraVista – Visualizing Law GmbH erschienen

Panorama Strafrecht

von Klaus Volk, Florian Holzer und Simon Heller. Der Preis beträgt 14,90 EUR. Es handelt sich um einen Satz von Karteikarten mit farbig unterlegten Charts zum Allgemeinen Teil des Strafrechts. Demo unter http://www.panorama-strafrecht.de/ sowie auf der Seite von Florian Holzer http://www.rechtsvisualisierung.net/Home.html.

Angeboten wird ferner ein Lehr- und Präsentationstool Panorama Strafrecht Pro auf DVD, das »28 Videos (ohne Ton) mit 2D und 3D Animationen zum Allgemeinen Teil, inklusive 2 Videos zu Körperverletzung, Mord und Totschlag« enthalten soll. IuraVista ist eine Gesellschaft von Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Volk, Lehrstuhl für Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Strafprozessrecht, Universität München.

Unsere Leserinnen und Leser bitten wir um Kommentare. Gerne würden wir auch eine Rezension veröffentlichen.

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