Gegenbegriffe, Dichotomien und Alternativen in der Jurisprudenz

Zu diesem Thema spreche ich am Mittwoch, den 22. 1. 2020, in der Albert-Ludwigs-Universität in der Reihe der Freiburger Vorträge zur Staats- und Rechtsphilosophie.

[Eine überarbeitete Fassung des Vortrags ist gedruckt in der Zeitschrift »Rechtsphilosophie« (RphZ)  8, 2022 Heft 1, S. 96-118.]

Zusammenfassung

Die Postmoderne hat das Denken und Argumentieren mit Dichotomien in Verruf gebracht. Zumal die großen Dichotomien von Objekt und Subjekt, Körper und Geist, Sein und Sollen sind ihr obsolet. Auf diesem Hintergrund wuchs eine Kritik an Recht und Rechtswissenschaft, die sich als »Entlarvung« falscher Dichotomien präsentiert. Insofern hat das Thema einen epistemologischen oder, wenn man so will, philosophischen Hintergrund. Aber im Vordergrund des Vortrags stehen die Tradition und der handwerkliche oder technologische Umgang mit Gegenbegriffen, Dichotomien und Alternativen in der Jurisprudenz.

In der Jurisprudenz ist die Arbeit mit Gegenbegriffen (Antonymen) jedoch allgegenwärtig und unverzichtbar. Antonyme sind heuristisch und didaktisch wertvoll. Sie verhelfen der Jurisprudenz zu ihrem spezifischen Unterscheidungsvermögen und sie halten das Recht entscheidungsfähig.

Sozialpsychologisch betrachtet entwickeln Dichotomien eine erhebliche Eigendynamik. Die ist allerdings nicht schon in der Operation der Begriffsbildung als solcher begründet, sondern folgt aus der Attraktivität von Dualismen für das kognitive System. Anfängliche Asymmetrien, die sich wie auch immer herausgebildet haben, werden durch soziale Praxis verstärkt oder gar generalisiert.

Eine solche Asymmetrie verbindet sich immer noch mit dem Gegensatz von Mann und Frau. Wichtiger ist aber heute der Gegensatz von normal und anormal im Hinblick auf Behinderte und Queers. In beiden Fällen markiert die Dichotomie eine Minderheit. In beiden Fällen wird von der konstruktivistisch argumentierenden Sozialwissenschaft eine Lösung angeboten, welche die diskriminierende Markierung als kontingente soziale Zuschreibung erklärt und als solche ausräumen will. Aber der Versuch, das »Dilemma der Differenz« dadurch zu entschärfen, dass die Differenz als solche weginterpretiert wird, bleibt eine Notlösung.

Nichts hindert uns, diese Dichotomien, wenn sie denn brüchig sind, im wahren Sinne des Wortes zu rekonstruieren.

Folien zum Vortrag

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Literatur zum Vortrag

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Eigene Texte

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Wie sinnvoll ist die Unterscheidung zwischen Begehungsdelikt und Unterlassungsdelikt bei klinischen Entscheidungen?, in: Hans-Martin Sass/Arnd T. May (Hg.), Behandlungsgebot oder Behandlungsverzicht, 2004, S. 241-261.

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Bilder in gedruckten Rechtsbüchern, in: Kent D. Lerch (Hg.), Recht vermitteln, 2005, S. 267-348.

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Zwei hilfreiche Internetseiten:

Sebastian Löbner, Materialen zur Semantik: https://user.phil.hhu.de/~loebner/semantik_2/.

Kerstin Schwabe/Hubert Truckenbrodt, Semantik (Folien WS 2009/10): https://www.leibniz-zas.de/fileadmin/Archiv2019/mitarbeiter/schwabe/teaching/5_Semantik.pdf.

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