Im nächsten Eintrag wird es um das Konzept der kulturellen Übersetzung und der Übersetzung als Machtgenerator nach Callon und Latour gehen. Callon und Latour berufen sich auf Michel Serres, den ich bisher nicht gelesen hatte. Als Starthilfe hat mir ein Gespräch von Frank Hartmann und Bernhard Rieder gedient, das beide 2001 mit Michel Serres geführt haben und das auf der Seite »Telepolis« zugänglich ist. [1]Am Ende des Interviews werden die Werke von Serres in deutscher Übersetzung angeführt werden, darunter »Hermes III – Übersetzung, Berlin: Merve 1992«, der Titel, auf den sich Callon und Latour … Continue reading Daraus hier einige Zitate.
Das erste soll die Besonderheit seines Übersetzungsbegriffs zeigen. Er stellt darauf ab, dass der Normalfall der Kommunikation nicht die Informationsübertragung zwischen einem Sender und einem Empfänger ist, weil jeder, der an einer Kommunikation beteiligt ist, in ein Netzwerk eingebunden ist.
»Bis 1972 habe ich fünf Bücher über Kommunikation publiziert, die alle auch auf Deutsch übersetzt worden sind und die einen gemeinsamen Übertitel haben: Hermes. In der griechischen Mythologie ist Hermes der Götterbote. Nach dem Boten kamen dann die Hindernisse der Kommunikation: der Parasit – der auch manchmal Initiator sein kann. Danach habe ich ein Buch über die Engel geschrieben, Angelos, wieder ein Botschafter also. … die philosophische Tradition spricht immer von Dialogen. Von Plato bis Leibniz gibt es offensichtlich nur die Technik des Dialogs, während es bei mir eher um die Übertragung in einer pluralistischen Welt geht. Das heißt, die Kommunikation passiert in einem Netz, während sich der Dialog immer von einer einzelnen Person zu einer anderen ereignet. In der Kommunikation können es fünfhundert oder fünftausend sein – eigentlich egal wie viele. Aber diese schaffen sich Möglichkeiten der Übertragung von Botschaften, die sich vom Dialog völlig unterscheiden.«
Das zweite Zitat aus dem Interview von 2001 hat nichts mit dem Übersetzungsthema zu tun, dafür aber um so mehr mit der Zugänglichkeit von Informationen und wohl auch mit dem Plagiatsthema. Es spricht für sich:
»In meinen Augen ist es niemals ein Verbrechen Wissen zu stehlen. Es ist ein guter Diebstahl.
Der Pirat des Wissens ist ein guter Pirat. Wenn ich noch einmal jung wäre, dann würde ich ein Schiff bauen, das so hieße: Pirat des Wissens. Was in der Wissenschaft derzeit schlimm ist, ist dass die Firmen ihr Wissen kaufen und es deshalb geheim halten wollen. Und deshalb werden die Piraten morgen die sein, die im Recht sind.«
Anmerkungen
↑1 | Am Ende des Interviews werden die Werke von Serres in deutscher Übersetzung angeführt werden, darunter »Hermes III – Übersetzung, Berlin: Merve 1992«, der Titel, auf den sich Callon und Latour beziehen (Original: Hermes III: La traduction, Paris 1974, Editions de Minuit). |
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